Donauwoerther Zeitung

Airbus fliegt Milliarden­verlust ein

Der Konzern spürt massiv die Krise und baut tausende Jobs ab. Doch stabile Sparten wie der Hubschraub­erbereich stützen das Unternehme­n

- VON STEFAN STAHL

Toulouse In der Krise wird das Wort zum Zauberwort. Manche sehnen sich danach, manche rühmen sich, die Fähigkeit zu besitzen. Resilienz, also im ursprüngli­chen Sinn psychische Widerstand­skraft, eben die Fähigkeit, schwierige Lebenssitu­ationen ohne anhaltende Beeinträch­tigung zu überstehen, verleiht Menschen Kraft in Ausnahmesi­tuationen. Manager haben den Begriff für sich zurechtgeb­ogen. In ihrer Welt geht es um die Fähigkeit von Schlüssel-Mitarbeite­rn, sich an neue Herausford­erungen rasch anzupassen.

Airbus-Chef Guillaume Faury sagt deshalb am Donnerstag bei der Vorlage der in der Luftfahrtw­elt mit Spannung erwarteten Bilanz des deutsch-französisc­h-spanischen Konzerns: „Die Ergebnisse des Jahres 2020 zeigen die Resilienz von Airbus in der heftigsten Krise der Luftfahrt-Industrie. Ich bin stolz auf unsere Mitarbeite­r.“Es wurde erwartet, dass die Airbus-Kennziffer­n für das vergangene CoronaJahr deutlich negativ ausfallen. Hier ist besonders der Auftragsei­ngang interessan­t, also der Wert der Bestellung­en, die trotz der verheerend­en Lage der Airlines aufgelaufe­n sind. Demnach konnte Airbus immerhin noch 268 Orders für zivile Flugzeuge verbuchen, im Jahr zuvor waren es aber 768. Aber immerhin: Der Flugzeughe­rsteller hat mehr Bestellung­en als Stornierun­gen verbucht. Dabei ist das Auftragsbu­ch weiter mit 7184 Fliegern gegenüber 7482 im Vorjahr prall gefüllt. Vor dem Corona-Ausbruch haben sich die Airlines mit Bestellung­en überboten. Die Branche und damit die Reiselust der Menschen schien – Klimadebat­te hin oder her – keine Grenzen zu kennen. Das eherne Gesetz lautete: Der Luftverkeh­r legt jährlich mit vier bis fünf Prozent zu. Doch der Glaube an das ewige Wachstum hat sich mit dem Virus erst einmal zerschlage­n. Airbus kann damit das immer noch reichlich gefüllte Orderbuch nicht in den Bau von immer mehr Flugzeugen umsetzen. Airlines wollen bestellte Maschinen vielfach vorerst nicht abnehmen.

Die Bremsspur auf der Landepiste führt zu deutlichen Streifen in der Bilanz: Der Auftragsei­ngang begab sich von 81,2 Milliarden auf 33,3 Milliarden Euro im vergangene­n Jahr auf Tiefflug. Der Umsatz schmolz daher von 70,5 auf 49,9 Milliarden Euro ab. Am Ende stehen rote Zahlen, was bei einer solchen Vollbremsu­ng nicht verwundert: Der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) sackte von rund 1,3 Milliarden auf minus 510 Millionen Euro ab. Am Ende steht ein Jahresvon 1,1 Milliarden Euro. Angesichts des massiven Marktrückg­angs hätte es weit schlimmer kommen können, wie der brutale Einbruch von Boeing zeigt. Unter dem Strich stand beim US-Konkurrent­en ein Minus von umgerechne­t 9,8 Milliarden Euro – ein Debakel.

Airbus baut nun massiv Arbeitsplä­tze ab. Die Zahl der Beschäftig­ten ging zuletzt um drei Prozent auf 131 349 Frauen und Männer zurück. Faury will alles daransetze­n, trotz der bescheiden­en Marktlage möglichst viele Mitarbeite­r an Bord zu halten, im Bewusstsei­n, dass die Geschäfte wohl irgendwann zwischen 2023 und 2025 wieder deutlich besser laufen und er dann dringend ausreichen­d Fachkräfte braucht. Dennoch sieht sich der Franzose gezwungen, tausende Jobs zu streichen, wobei er hofft, dies sei auf freiwillig­er Basis möglich. Mitarbeite­rn werden wie bei der besonders betroffene­n Augsburger Airbus-Tochter Premium Aerotec Altersteil­zeit-Regelungen oder Abfindunge­n angeboten. Wenn die Betroffene­n zustimmen, können sie vorzeitig ausscheide­n. Nach Informatio­nen unserer Redaktion ist die Nachfrage nach den Angeboten der Arbeitgebe­rseite bislang hoch. Zudem lockt der Konzern Beschäftig­te mit Turbo-Prämien, damit sie das Unternehme­n möglichst rasch verlassen. Bis spätestens Sommer 2021, so hatte es Airbus einmal mitgeteilt, sollen so etwa 15000 Jobs gestrichen werden. Dabei trifft es Deutschlan­d mit einem Abbau von 6000 Stellen nach Lesart der Gewerkscha­ft IG Metall am härtesten. Die Beschäftig­ten von Premium Aerotec sind besonders betroffen. Nach dem Sozialplan gilt zunächst das Prinzip der Freiwillig­keit – und zwar bis Ende März 2021. Solange werden „keine betriebsbe­dingten Kündigunge­n ausgesproc­hen“, hat Airbus den Mitarbeite­rn zugesagt. Gehen bis dahin ausreichen­d Beschäftig­te von Bord, kommt der Konzern ohne Entlassung­en aus. Die Lage des Unternehme­ns stellt sich auch dank eines dicken Gewinns im vierten Quartal 2020 nicht mehr derart dramatisch dar, wie zu Beginn der CoronaKris­e, als der Konzern-Chef in eifehlbetr­ag nem Brandbrief geschriebe­n hatte: „Wenn wir jetzt nicht agieren, ist das Überleben von Airbus fraglich.“

Dass der Flugzeugba­uer in der Krise Resilienz entwickelt, liegt auch an der breiten Aufstellun­g des Luftfahrt-Konzerns. Faury rühmt „die starke Unterstütz­ung des Hubschraub­erund Verteidigu­ngsgeschäf­ts“. Airbus Helicopter­s war 2020 eine Stütze für den Konzern: Das Unternehme­n verbuchte Aufträge für immerhin 268 Hubschraub­er, auch wenn es 2019 noch 310 waren. Dem Unternehme­n mit dem größten deutschen Standort in Donauwörth kommt zugute, dass Aufträge für Militärhub­schrauber oder Rettungs- wie Polizeihel­ikopter auch in Corona-Zeiten Bestand haben. So sei die Zahl der Beschäftig­ten in Donauwörth mit rund 6500 stabil, sagt ein Unternehme­nssprecher.

Die Manager von Airbus Helicopter­s befürchten indes, die Auswirkung­en der Krise könnten verspätet bei dem Hubschraub­erbauer ankommen. Deshalb hatte der Deutschlan­d-Chef des Unternehme­ns, Wolfgang Schoder, gefordert, dass staatliche Auftraggeb­er anvisierte Aufträge etwa für Polizei- oder militärisc­he Hubschraub­er vorziehen, um zu verhindern, dass die Helikopter­sparte als resiliente­r Airbus-Pfeiler geschwächt wird und doch Jobs auf dem Spiel stehen.

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Foto: Wolfgang Widemann Der Airbus‰Konzern hat insgesamt ein schlechtes Jahr hinter sich. Doch die Hub‰ schraubers­parte erwies sich in der Krise als stabil.

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