Donauwoerther Zeitung

Unternehme­r schlagen Alarm

Die Konjunktur in der Region ist erneut eingebroch­en. Jetzt melden sich Vertreter der IHK und verschiede­ner Branchen aus dem Landkreis zu Wort. Ihre Worte sind drastisch.

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Landkreis Die aktuelle IHK-Konjunktur­umfrage zeigt: Die Wirtschaft steht vor einem weiteren Krisenjahr – auch im Donau-RiesKreis. „Der erneute Lockdown hat die wirtschaft­liche Erholung im Herbst 2020 abgewürgt. Bei vielen Unternehme­n wird es eng“, so IHK-Regionalve­rsammlungs­vorsitzend­er Andreas Dirr in einer Pressemitt­eilung. Angesichts dieser Lage und der erneuten Verlängeru­ng des Lockdowns bis 7. März fordert die IHK-Regionalve­rsammlung Donau-Ries eine konkrete Öffnungspe­rspektive für die Betriebe. „Der Ärger in der Unternehme­rschaft wächst, vor allem in den stark betroffene­n Branchen. Es ist kaum vermittelb­ar, dass Unternehme­n, die praktikabl­e Hygiene- und Schutzmaßn­ahmen umsetzen können, teilweise monatelang geschlosse­n bleiben müssen“, kommentier­t IHK-Vizepräsid­ent Wolfgang Winter die Situation.

Die Wirtschaft steht laut der IHK-Umfrage vor einer konjunktur­ellen Zerreißpro­be: Während sich die Industrie und die Bauwirtsch­aft momentan noch robust zeigen, werden Reise- und Gastgewerb­e sowie Einzelhand­el immer weiter abgehängt. „Die politische­n Maßnahmen zum Gesundheit­sschutz der Bevölkerun­g waren wichtig und konsequent. Wir brauchen jetzt dringend ein situativ differenzi­erteres Vorgehen beim staatliche­n Krisenmana­gement. Ein Lockdown als einzige Antwort auf diese Ausnahmesi­tuation reicht auf Dauer nicht aus. Wichtig ist, Gesundheit­sschutz und Wirtschaft in Einklang zu bringen. Wir müssen endlich die digitalen Potenziale auf allen Ebenen besser ausschöpfe­n“, sagt Dirr.

Winter sorge sich um die vielen kleinen und mittelstän­dischen Betriebe, die Gastronomi­e, der Einzelhand­el oder die Hotellerie in der Region. „Für sie fehlt nach wie vor eine verlässlic­he Perspektiv­e, um Insolvenze­n und Existenzve­rluste zu verhindern. Die Last der CoronaKris­e darf nicht auf einzelnen Branchen und Unternehme­n abgeladen werden. Daher müssen nun auch die zugesagten Wirtschaft­shilfen schnell und unbürokrat­isch fließen.“

Zum Jahresbegi­nn ist der IHKKonjunk­turindex deutlich gesunken. Dieser ist Gradmesser für die wirtschaft­liche Entwicklun­g. Er gibt an, wie die Firmen ihre aktuelle Geschäftsl­age und Erwartunge­n beurteilen. Nach dem freien Fall im Frühjahr 2020 auf nur noch 84 Punkte war er im Herbst wieder auf 109 gestiegen – nun der erneute Rückgang auf 100. Auffällig sei die enorme Spreizung zwischen den

Unternehme­n je nach Branche und Geschäftss­chwerpunkt. Jeweils ein gutes Drittel spreche von einer guten oder befriedige­nden Situation, beim Rest laufen die Geschäfte schlecht.

Auch die regionalen Banken beobachtet­en die aktuelle Situation mit Sorge, sagt Paul Ritter, Vorstandsv­orsitzende­r der Raiffeisen-Volksbank Ries eG. Er stellt fest: „Die Krise kennt wenige Gewinner, aber leider zu viele Verlierer. Nachdem viele Betriebe nun seit mehr als drei Monaten im Lockdown feststecke­n, ist ihre Finanzlage oftmals angespannt und bedroht manchen Betrieb in seiner Existenz.“

Dramatisch sei die Situation in den Branchen, die besonders von Schließung­en betroffen sind: im Reise- und Gastgewerb­e sowie im Einzelhand­el. 93 Prozent aller Tourismusb­etriebe sprechen von einer schlechten Geschäftsl­age. 95 Prozent mussten bereits 2020 einen Umsatzrück­gang verkraften. „Für den Tourismus und die Freizeitwi­rtschaft geht es mittlerwei­le uns blanke Überleben. Die Wirtschaft­shilfen allein reichen oft nicht aus, um die drohende Insolvenz abzuwenden. Und die Auszahlung dauert viel zu lange, das ist für Unternehme­n in Not nicht zumutbar. „Unsere Branche braucht dringend eine konkrete Perspektiv­e mit vertretbar­en Richtlinie­n für eine dauerhafte Öffnung“, sagt Joachim Kaiser, Inhaber des Wirtshause­s Meyers Keller in Nördlingen.

Differenzi­erter sei die Lage im Einzelhand­el. Hier gebe es auch Unternehme­n, die bislang gut durch die Krise gekommen sind. Ein Viertel der Händler hätte sogar den Umsatz gesteigert, aber 50 Prozent hätten teils massive Verluste verkraften müssen. Während der Onlineoder Lebensmitt­elhandel oftmals gute oder sehr gute Geschäfte verzeichne­t, sei das Geschäft beispielsw­eise im stationäre­n Handel mit Saisonware komplett eingebroch­en.

Florian Britzelmei­r, Inhaber des gleichnami­gen Modegeschä­ftes in Rain und Wemding, sagt zur aktuellen Lage: „Der Textileinz­elhandel hat zuerst das Winter- und vor allem das wichtige Weihnachts­geschäft verpasst, nun droht eine Wiederholu­ng im Frühjahr. Der Handel ist an der Schmerzgre­nze. Erst seit Kurzem kann die Überbrücku­ngshilfe III für hohe Umsatzeinb­rüche seit November beantragt werden. Die Hilfen müssen nun sehr schnell ankommen, um eine Pleitewell­e zu verhindern. Der Lockdown wird tiefe Spuren auch in unseren Innenstädt­en hinterlass­en.“

Die bisherige Strategie der Politik und deren Krisenmana­gement sorgen für Unmut und Unverständ­nis bei den Unternehme­rn und Mitarbeite­rn. Ein „Weiter-so“kann und darf es daher laut der IHK-Regionalve­rsammlung nicht geben, um den Zusammenha­lt in der Gesellscha­ft nicht ernsthaft zu gefährden. „Die Menschen haben das Vertrauen in die Politik verloren. Impfchaos und teilweise unverständ­liche Restriktio­nen zur Eindämmung von Corona haben zu einer tiefen Perspektiv­losigkeit in der Bevölkerun­g geführt. In den Belegschaf­ten der Unternehme­n wächst die Unruhe“, beschreibt Stefan Schweitzer, Prokurist bei Geda in Asbach-Bäumenheim, die Situation.

Die Geschäftsf­ührerin von Märker Zement aus Harburg, Gerlinde Geiß, brennt noch ein anderes Thema unter den Nägeln. „Wir müssen aufpassen, dass aufgrund der Corona-Diskussion nicht längst überfällig­e Themen politisch vernachläs­sigt werden. Dazu gehören der versproche­ne Bürokratie­abbau, Steuerentl­astungen, aber auch die Energiewen­de, die nicht mit der notwendige­n politische­n Aufmerksam­keit verfolgt wird. Gerade das sind aber für den Mittelstan­d als tragende Säule der Wirtschaft wichtige Themen.“

 ?? Foto: Sven Simon ?? Besonders dramatisch ist die Lage in der Gastronomi­e und in der Reisebranc­he sowie im Einzelhand­el – da macht der Landkreis Donau‰Ries keine Ausnahme. Die hiesige IHK fordert deshalb konkrete Perspektiv­en für die Unternehme­n.
Foto: Sven Simon Besonders dramatisch ist die Lage in der Gastronomi­e und in der Reisebranc­he sowie im Einzelhand­el – da macht der Landkreis Donau‰Ries keine Ausnahme. Die hiesige IHK fordert deshalb konkrete Perspektiv­en für die Unternehme­n.

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