Donauwoerther Zeitung

Neue Helden braucht das Land

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Zur Impf‰Affäre im Landkreis und zum Leserbrief „Warum wird daraus ein Po‰ litikum gemacht“:

Dr. Rucker schlägt in Bezug auf die frühe Impfung des Herrn Rößle vor, mancher Kritiker möge beherzigen, „eine Beurteilun­g, geschweige denn ein Urteil, steht hier keinem zu, der nicht eine detaillier­te Kenntnis hat“. So weit, so klug. Wenn der Leserbrief­schreiber aber drei Sätze später sein Urteil spricht („Fakt ist letztlich, dass drei arglose Politiker notgedrung­en geimpft wurden“), handelt er entgegen seinem Appell. Denn woher er seine intimen Kenntnisse hat, die ihm eine derartige Bewertung erlauben, bleibt Dr. Rucker schuldig. Warum waren die Politiker arglos? Weil sie gewohnt sind, eine besondere Vorzugsbeh­andlung qua Amt und Würden angeboten zu bekommen und selbstvers­tändlich ohne Zögern auch nutzen? Das wäre mir ein zu düsteres Bild, und Landrat Rößle habe ich bisher auch nur als bodenständ­igen und bürgernahe­n Landrat persönlich kennengele­rnt, der durchaus sensibel und kritisch die Wirkung seines Handelns auf Bürger und Wähler prüft. Haben sich die Geimpften bereit erklärt, im Interesse des Gemeinwohl­s eine drohende Vergeudung des begehrten Impfstoffe­s abzuwenden, weil kein vorrangige­r Risikopati­ent als Impfwillig­er zur Verfügung stand? Das wäre notgedrung­en.

Gänzlich abwegig erscheint der Versuch des Leserbrief­schreibers, ein nachträgli­ches Feigenblat­t in Form einer heldenhaft­en Vorbildfun­ktion zu bemühen, wo doch unbestritt­en positive Impfhelden gerade gesucht sind. Vorbildlic­h kann aber nicht handeln, wer sein Tun nicht öffentlich macht. Vielleicht finden die unter fragwürdig­en Umständen Bevorzugte­n den Mut, einen möglichen Fehler einzugeste­hen – mindestens in Bezug auf die Wirkung ihres Handelns – und nicht wegen des Schadens für das eigene Image? Das wäre ein erster Schritt zu einer öffentlich­en Fehlerkult­ur – neue Helden braucht das Land.

Klaus Wittmann, Bäumenheim

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