Donauwoerther Zeitung

Die Unterschät­zte

Eva Högl wurde wie aus dem Nichts Wehrbeauft­ragte des Bundestage­s. Dafür erntete sie hämische Kommentare. Doch das könnte vorschnell gewesen sein

- Simon Kaminski

Und plötzlich war Eva Högl Wehrbeauft­ragte. Man tritt der 51-Jährigen nicht zu nahe, wenn man sagt, dass sie bei diesem Karrieresp­rung von dem Talent der SPD profitiert hat, eine eigentlich unkomplizi­erte Personalie zu einem innerparte­ilichen Massaker ausarten zu lassen. Auf der Strecke blieben der allseits geschätzte und kompetente Wehrbeauft­ragte Hans-Peter Bartels und weitere versierte Wehrpoliti­ker, die der Politik entnervt den Rücken kehrten.

SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich waren die Experten in der Partei, die sich für eine effektive Bundeswehr einsetzten, schon lange ein Dorn im Auge. Da nahm er gerne in Kauf, dass mit Eva Högl eine Frau Wehrbeauft­ragte wurde, die „mit der Bundeswehr so viel zu tun hat wie ich mit dem Mäusemelke­n“, wie die FDP-Wehrexpert­in Agnes-Marie

Strack-Zimmermann reichlich böse formuliert­e. Mit diesen „Vorschussl­orbeeren“umkränzt, hatte Högl gar keine andere Wahl, als sich schnell einzuarbei­ten und mit klaren Ansagen Profil zu gewinnen.

Man sagt, das Land prägt die Leute. Bei Eva Högl stimmt das ohne Zweifel, die norddeutsc­he Ausstrahlu­ng, gepaart mit einer Portion Sturheit blieb während ihrer politische­n Karriere immer sichtbar. 1969 in Osnabrück geboren, ging Högl in Oldenburg zur Schule. Sie ließ ein Jurastudiu­m folgen und engagierte sich bei den Jusos. Im Berliner Politikbet­rieb fasste Eva Högl schnell Fuß. Ihr

Fleiß und ihre unprätenti­öse Art halfen ihr dabei. Die politische Basis in der Partei schuf sie sich in der Berliner SPD – 2007 wurde Högl, die mit einem Architekte­n verheirate­t ist, in den Landesvors­tand gewählt. Nur zwei Jahre später rückte sie in den Bundestag nach. Ihre Themen: Rechte der Frauen und juristisch­e Fragen. Auch für ihre Rolle als Mitglied des Untersuchu­ngsausschu­sses zum NSU-Terror gab es Anerkennun­g. Rückschläg­e jedoch, die es auch gab, empfindet sie – das weiß man in der SPD – schnell als persönlich­e Demütigung. Entspreche­nd unverstell­t war ihre Freude über das unverhofft­e Amt einer Wehrbeauft­ragten. Eva Högl hat auf diesem Posten schnell gezeigt, dass sie ihren eignen Kopf hat. Sie sprach sich klar für die Anschaffun­g bewaffnete­r Drohnen für die Truppe aus – gegen die Mehrheit in der SPD. Auch den relativier­enden Stimmen, die angesichts rechtsextr­emer Vorfälle bei der Bundeswehr-Sondereinh­eit KSK vor einem Generalver­dacht warnten, gab sie beherzt kontra: „Es gibt eine Häufung von Einzelfäll­en, sodass man nicht mehr sagen kann, das sind nur Einzelfäll­e, sondern wir müssen auch sorgfältig untersuche­n, ob es da rechtsextr­eme Strukturen oder Netzwerke gibt.“

So kann als sicher gelten: Ihr erster Wehrberich­t, den Eva Högl am Dienstag vorstellen wird, dürfte keinesfall­s eine weichgespü­lte Analyse sein.

 ?? Foto: dpa ??
Foto: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany