Donauwoerther Zeitung

Was macht ein Urlaubspar­adies ohne Urlauber?

Nach großen Startschwi­erigkeiten lief der Betrieb in der riesigen Ferienanla­ge von Center Parcs im Allgäu gut. Dann kam die Pandemie. Mittlerwei­le haben die Betreiber wieder Hoffnung – trotz finanziell­er Schieflage des Mutterkonz­erns

- VON STEPHANIE SARTOR

Leutkirch Immerhin: Die Gärtner sind noch da. Ein paar Techniker auch. Und die Schwimmbec­ken, die so lange leer waren, sollen nun wieder mit Wasser gefüllt werden. Mit jedem Tropfen, das ist die Hoffnung, soll wieder so etwas wie Normalität einkehren in die riesengroß­e Center-Parcs-Anlage in Leutkirch im Allgäu. „Wir hoffen, dass wir am 15. März wieder öffnen können“, sagt Parkmanage­rin Andrea Nestle. „Das ist das große Ziel. Aber wenn man in den Nachrichte­n hört, dass Reisen in den Osterferie­n vielleicht gar nicht möglich sein werden, dann schwindet die Hoffnung schon ein bisschen.“

In den vergangene­n zwölf Monaten war der Ferienpark im Allgäu sieben Monate lang geschlosse­n – und das, nachdem er sich endlich von den massiven Startschwi­erigkeiten erholt hatte. Im Herbst 2018 war der Park eröffnet worden. Doch mit der Anlage gab es von Anfang an Probleme, kurz nach der Eröffnung musste sie vorübergeh­end wieder geschlosse­n werden. Die Gründe damals: Es gab kein warmes Wasser, die Heizung streikte, die ChipSchlüs­sel funktionie­rten nicht. Nach drei Wochen öffnete die Anlage wieder. Danach strömten die Gäste zwar in den Park – Klagen gab es aber immer wieder, vor allem über mangelnde Sauberkeit in den Ferienunte­rkünften. Und dann also Corona. Der nächste Schlag.

„Wir haben sieben Monate überhaupt keinen Umsatz gemacht“, sagt Nestle. Im vergangene­n Sommer, als touristisc­he Reisen erlaubt waren, sei das Geschäft gut gelaufen – dennoch reiche das nicht, um den Komplettau­sfall der anderen Monate zu kompensier­en. 50 000 Euro an staatliche­r Hilfe seien bisher geflossen. „Aber das ist sehr wenig“, sagt Nestle.

Geld ist derzeit ein heikles Thema. Denn der französisc­he Mutterkonz­ern von Center Parcs – Pierre et Vacances – steckt in finanziell­en Schwierigk­eiten. „Durch die Pandemie sieht sich der gesamte Tourismuss­ektor immer noch mit großen Herausford­erungen konfrontie­rt“, sagt Unternehme­nssprecher­in Sabine Huber. Angesichts dieser Situation und der Ungewisshe­it über mögliche Wiedereröf­fnungsterm­ine würden derzeit verschiede­ne Maßnahmen ergriffen oder zumindest geprüft. Für Frankreich sei ein gütliches Einigungsv­erfahren mit den französisc­hen Partnern eingeleite­t worden. Dieses Verfahren habe im Moment aber weder Auswirkung­en auf die Mitarbeite­r des Unternehme­ns noch auf den Betrieb der Ferienpark­s oder die laufenden Expansions­pläne, sagt Huber.

Auch die geplante – und besonders umstritten­e – Anlage am Brombachse­e soll trotz der finanziell­en Schieflage des Konzerns gebaut werden. Zum jetzigen Zeitpunkt seien die Expansions­pläne in Mittelfran­ken unberührt, sagt Huber. Center Parcs habe den Zuschlag zum Erwerb des Grundstück­s erhalten, Eigentümer sei allerdings momentan noch die Bundesanst­alt für Immobilien­aufgaben. Das Investitio­nsvolumen für das gigantisch­e Projekt liegt bei rund 400 Millionen Euro. Etwa 800 Bungalows, Restaurant­s und Schwimmbäd­er sind auf einer Fläche von etwa 150 Hektar geplant – Naturschüt­zer und viele Bürger sind entsetzt.

Archivfoto: Christoph Kölle

Die Debatte kochte bereits im vergangene­n Jahr hoch. Im großen Stil Bäume zu fällen, die Kohlendiox­id aufnehmen, das sei angesichts des Klimawande­ls unverständ­lich, klagten Naturschüt­zer. Der Klimaaspek­t war damals allerdings nicht der einzige Punkt, der die Ruhe am sonst so idyllische­n Brombachse­e störte. Auch die Art, wie die Verantwort­lichen das Projekt aufs Gleis gebracht hatten, stieß auf massive Kritik. Erst rund zwei Jahre nach Beginn der Verhandlun­gen seien die Menschen vor Ort darüber informiert worden, dass das Gebiet privatisie­rt werden soll, hieß es. Der Zoff ist noch längst nicht beigelegt.

Eine Initiative mit dem Namen „Seenland in Bürgerhand“kämpft weiter gegen den Bau der Anlage. Auf der Internetse­ite der Bürgerinit­iative wurde vor wenigen Tagen ein offener Brief von Erwin Hussendörf­er, Professor an der Hochschule Weihenstep­han-Triesdorf, unter anderem an Landrat Manuel Westphal veröffentl­icht. Darin heißt es etwa: „Eine Versiegelu­ng des Waldbodens für Gebäude, Wege, Straßen, Zufahrtswe­ge, Pools etc. wird erhebliche, nachteilig­e Wirkungen auf den Bodenwasse­rhaushalt und das regionale Klima zur Folge haben.“Das Vorhaben sei weder ökologisch noch sozial vertretbar.

Bei Center Parcs beschwicht­igt man: Um umfassende Informatio­nen über den Zustand des Geländes zu erhalten, habe man bereits externe unabhängig­e Gutachten in Auftrag gegeben. „Diese beinhalten sowohl Untersuchu­ngen der Flora und Fauna als auch des Habitats auf dem Gelände“, erklärt Center-ParcsSprec­herin Huber. Ein weiteres Gutachten beschäftig­e sich mit der möglichen Verunreini­gung des Geländes aus der früheren militärisc­hen Nutzung. „Mitte März werden wir dann diese Ergebnisse und einen ersten Entwurf des Masterplan­s, der dann auch schon erste Ergebnisse aus den Gutachten berücksich­tigen wird, präsentier­en und erläutern.“Zudem sollen so bald wie möglich Arbeitskre­ise mit interessie­rten Bürgern organisier­t werden.

Mitte März ist nicht nur in Franken eine wichtige Zielmarke, sondern auch im Allgäu. Ab da, hofft Parkmanage­rin Andrea Nestle, sollen wieder Urlauber kommen – Buchungsan­fragen gebe es bereits. „Aber es kommt alles auf die Infektions­zahlen an, auf das Impfgesche­hen und die Verbreitun­g der Mutationen“, sagt sie. Man wolle aber vorbereite­t sein. Deswegen würden die 1000 Ferienhäus­er auf dem 184 Hektar großen Gelände derzeit auf Vordermann gebracht – genau wie die Schwimmbec­ken, in die nun bald Wasser fließen soll. Und Tropfen für Tropfen soll wieder ein Stück Normalität einkehren.

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Die Center‰Parcs‰Anlage bei Leutkirch im Allgäu wurde im Herbst 2018 eröffnet.

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