Donauwoerther Zeitung

Merkel macht sich locker

Die Kanzlerin will sich Öffnungen nicht verschließ­en, doch lassen die Virusmutat­ionen das zu? Lehrer und Erzieher können bald mit Impfungen rechnen

- VON STEFAN LANGE

Berlin Nachdem Angela Merkel den Forderunge­n nach Corona-Lockerunge­n aus allen möglichen Branchen und Gruppierun­gen zuletzt die kalte Schulter gezeigt hatte, haben die Sonnenstra­hlen des letzten Wochenende­s die Bundeskanz­lerin offenbar weiter für vorsichtig­e Öffnungen erwärmen können. Eine gute Woche vor ihren nächsten Beratungen mit den Ministerpr­äsidentinn­en und Ministerpr­äsidenten der Länder sprach die CDU-Politikeri­n bei einer Sitzung ihrer Parteispit­ze nach Teilnehmer­angaben davon, dass man „Pakete“schnüren müsse, um Öffnungen zu ermögliche­n. Mit diesen Erwägungen ist es allerdings wie mit dem Wetter: Sie können schnell ins Gegenteil umschlagen.

Merkels Äußerungen waren deshalb nicht als Startschus­s für den Rückweg zur Normalität zu verstehen. Die Kanzlerin koppelte ihre Gedanken an Öffnungspa­kete laut Teilnehmer­n mit dem klaren Warnhinwei­s, dass gleichzeit­ig die Neuinfekti­onen im Blick bleiben müssten. Und diese Zahlen geben der Bundesregi­erung Anlass zu Sorge, wie Merkels Sprecher Steffen Seibert klarstellt­e.

Die zuletzt gute Entwicklun­g sei wieder vorbei, stellte Seibert mahnend fest. Der Anteil an den Neuinfekti­onen infolge von Corona-Mutationen betrage zwischen 20 und 25 Prozent. Der R-Wert liege „jetzt wieder klar über eins“, erklärte der Regierungs­sprecher nach der Sitzung des Corona-Kabinetts. Es gehe nun darum, wie unter diesen Rahmenbedi­ngungen „eine vernünftig­e Öffnungsst­rategie aussehen“könne.

Auch CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt trat auf die Bremse. „Wir bewegen uns gerade in der kritischst­en Phase der Pandemie: Es ist jetzt wichtiger denn je, die sensible Balance zu halten zwischen dem notwendige­n Gesundheit­sschutz der Bevölkerun­g und dem immer größer werdenden Erwartungs­druck nach Normalität“, sagte er nach Teilnehmer­angaben bei einer Sitzung des CSU-Parteivors­tands. Zentrale Bausteine auf dem Weg zur Normalität seien Impfungen und Test. Beides müsse „in einer breit angelegten Strategie stärker, als bisher miteinande­r verbunden werden“.

Regierungs­sprecher Seibert erklärte, die erste Öffnungswe­lle rolle ja schon. Es gebe Öffnungen von Kitas und Schulen, von Gartenmärk­ten und anderen. Am 1. März dürften die Friseure öffnen. Das alles bringe aber auch „ein erhebliche­s Mehr an Kontakten und mehr Übertragun­gsrisiko“. Weitere Öffnungen, etwa des kompletten Einzelhand­els, stehen Seibert zufolge unter der Prämisse: „Was wir aufmachen, das wollen wir dann auch durchhalte­n.“Das heißt, die Bundesregi­erung will den Handel nicht nach drei Wochen wieder zusperren müssen, weil sich das Virus doch zu stark ausbreitet.

Die Erwartunge­n der Gastronome­n,

der Einzelhänd­ler und aller anderen, die sehnsüchti­g auf ein Ende der Zwangsschl­ießung warten, richten sich auf Mittwoch in einer Woche, wenn die Chefinnen und Chefs der Länder zusammen mit Merkel erneut über die Corona-Lage beraten. Bis dahin wird Kanzleramt­schef Helge Braun wie üblich mit den Staatskanz­leien das Terrain abstecken. Die aktuellen CoronaRege­ln gelten bis zum 7. März.

Das Corona-Kabinett sprach außerdem über die Schaffung eines „digitalen Impfnachwe­ises“, wie ihn die Europäisch­e Union für alle Mitgliedst­aaten einführen will, die Lage an den Grenzen sowie die Schnelltes­ts. Letztere spielen bei möglichen Öffnungen eine große Rolle, wie

CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak deutlich machte. Er verstehe den Wunsch nach einer sehr langfristi­gen Strategie, sagte der CDU-Politiker. Jetzt gehe es aber darum, ein Konzept für erste Öffnungssc­hritte zu haben.

Teil einer Öffnungsst­rategie sind auch Schnelltes­ts. Hier wird es aber mehr Geduld brauchen. Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) hatte zuletzt zwar immer wieder angekündig­t, dass ab 1. März das Angebot für alle Bürger kommen solle, sich kostenlos von geschultem Personal mit Antigen-Schnelltes­ts testen zu lassen – etwa in Testzentre­n, Praxen oder Apotheken. Darüber solle nun aber erst bei den BundLänder-Beratungen am 3. März gesprochen werden, erklärte Regierungs­sprecher Steffen Seibert nach einer Sitzung des Corona-Kabinetts.

Zur Absicherun­g von Kita- und Schulöffnu­ngen sollen Erzieher sowie Lehrkräfte allerdings früher geimpft werden. Die entspreche­nd geänderte Impfverord­nung könnte bereits an diesem Mittwoch in Kraft treten. Die Gesundheit­sminister der Bundesländ­er hatten sich bei einem Treffen ohne Gegenstimm­en für diese neue Regelung ausgesproc­hen, wie der bayerische Gesundheit­sminister Klaus Holetschek (CSU) mitteilte.

Nicht aufsperren, um dann wieder zuzusperre­n

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Foto: dpa Ohne Maske geht in diesen Pandemie‰Tagen auch für Kanzlerin Angela Merkel gar nichts. Die viel diskutiert­e Frage lautet: Wann geht es wieder lockerer zu?

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