Donauwoerther Zeitung

Die Modelmasch­ine

Die Auslese in Heidi Klums Nachwuchs-Mannequin-Show ist nicht weniger hart als früher. Warum Faktoren wie Größe und Gewicht aber etwas an Bedeutung verlieren

- VON JOSEF KARG

München Wer Spaß daran findet, wenn andere Menschen mal so richtig rund gemacht werden, liegt als Zuschauer bei „Germany’s Next Topmodel“(GNTM) durchaus richtig. In diesem TV-Format fällen an Donnerstag­abenden auf ProSieben Modelmama Heidi Klum und ihre Jurorinnen und Juroren schon mal vernichten­de Urteile über junge Frauen.

Dass das für Kandidatin­nen nicht abschrecke­nd sein muss, zeigt das Interesse an den Shows. Weit über 100000 Frauen haben sich in den vergangene­n Jahren bei „Germany’s Next Topmodel“beworben. Offenbar träumen gerade im Zeitalter der Selbstdars­tellung auf allen Kanälen viele noch immer von der großen Karriere im Modegeschä­ft.

Klar ist aber auch: Die wenigsten Teilnehmer­innen sind am Ende auf internatio­nalen Laufstegen unterwegs oder auf den Titelseite­n bekannter Modemagazi­ne zu sehen. Ausnahmen wie Lena Gercke, die Gewinnerin der ersten Staffel, die sich vor allem als TV-Moderatori­n Ex-Freundin des Fußballpro­fis Sami Khedira einen Namen gemacht hat, bestätigen die Regel. „Die Kandidatin­nen sind nicht die Gewinner der Show. Sie sind der Rohstoff, mit dem Fernsehen, Werber und Heidi Klum Millionen verdienen“, urteilt die Wochenzeit­ung Die Zeit. Ziel sei es, ein perfektes Werbeumfel­d zu schaffen – für Mode, Kosmetik, Autos, und am Ende auch für Klum und ihren Familiencl­an.

Dabei hat sich in der 16. Staffel der Castingsho­w, die seit dem 4. Februar ausgestrah­lt wird, im Vergleich zu früheren Jahren auch etwas zum Positiven verändert. Sind Kandidatin­nen, die nicht die ultimative­n Modelmaße 90–60–90 besaßen, früher von Klum und Co. wegen zu vieler Pfunde gerne mal runtergepu­tzt worden, werden inzwischen auch etwas kräftigere Kandidatin­nen geduldet.

So sind auch Frauen zu sehen, die nicht dem klassische­n, großen, schlanken Model-Typ entspreche­n, die kleiner oder dicker sind, Narben haben oder als Junge geboren wurden. Auch eine gehörlose Kandidatin war dabei. „Ich wollte die Tür gerne weiter aufmachen“, sagt Klum dazu. „Wir müssen das ein bisschen mehr fördern, ein bisschen mehr pushen.“

Die öffentlich­e Meinung hat sich in diesen Punkten geändert, die Modelmasch­inerie bleibt jedoch weiterhin eine Mühle. Wie hart das sein kann, bekam die gehörlose Anwärterin Maria schon in den ersten Runden mit. Sie hatte eine der Plastikkle­id-Kreationen der österreich­ischen Designerin Marina Hoermansed­er infrage gestellt. Die 21-Jährige fühlte sich in ihrem Outfit sichtlich unwohl und meinte, die Cups stünden zu weit von ihren Brüsten ab. Die Designerin indes witterte sofort Kritik und schoss verbal zurück: „Wenn ich einen Catwalk plane und Models caste und jemand sagt, ,Gefällt mir nicht‘, ist das für mich schnell ein Ausschluss­kriterium.“

Am Ende kam es, wie es kommen musste: Die Kandidatin bekam vernichten­de Urteile. „Sie versteht Fashion nicht, sie ist kein Model“, meinte Fotograf und Juror Rankin. Designerin Hoermansed­er war ein wenig beleidigt: „Ich habe mir geund dacht, die Maria hat gar keine Lust auf dieses Outfit.“Auch für Klum war „der Walk um Meilen schlechter“als in der Vorwoche.

Damit gab es auch kein Foto für das sympathisc­he, gehörlose Mädchen – Voraussetz­ung, um in der Sendung in die nächste Runde zu kommen. Und so endete ein weiterer Modeltraum mit einem bitteren Erwachen, ehe er so richtig begonnen hatte.

21 von ursprüngli­ch 31 jungen Frauen haben es in die inzwischen vierte Runde geschafft. Am Donnerstag­abend folgen die nächsten Herausford­erungen auf dem Laufsteg. Bis die Siegerin gekürt ist, dürften noch viele Tränen fließen. Aber auch das gehört zu dieser Kategorie Show.

Die Studentin Sara aus Stuttgart wiederum hat einen anderen Weg eingeschla­gen. Wie eine weitere Kandidatin entschied sie sich, die Show freiwillig zu verlassen. „Irgendwie ist halt gerade der Wunsch, nach Hause zu gehen, größer“, gab sie zu. Sie habe sich die Teilnahme anders vorgestell­t. Kann man irgendwie auch verstehen.

 ?? Foto: Richard Hübner, dpa ?? Junge Frauen und ihr Traum vom Modelleben: In der Fernsehsho­w „Germany’s Next Topmodel“sucht Modelmama Heidi Klum seit 16 Jahren nach Nachwuchs für die Lauf‰ stege. Dass es oft anders kommt, als man denkt und dieses Geschäft mitunter beinhart sein kann, bekommt der Nachwuchs schnell zu spüren.
Foto: Richard Hübner, dpa Junge Frauen und ihr Traum vom Modelleben: In der Fernsehsho­w „Germany’s Next Topmodel“sucht Modelmama Heidi Klum seit 16 Jahren nach Nachwuchs für die Lauf‰ stege. Dass es oft anders kommt, als man denkt und dieses Geschäft mitunter beinhart sein kann, bekommt der Nachwuchs schnell zu spüren.

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