Donauwoerther Zeitung

Frühling unter dem Nebelhorn

Bei Temperatur­en um 20 Grad genießen die Menschen im T-Shirt die Sonne in Oberstdorf. Wie die Organisato­ren den Schnee auf der Schanze und in den Loipen vor dem Dahinschme­lzen bewahren

- VON MILAN SAKO UND STEPHAN SCHÖTTL

Oberstdorf Das Thermomete­r in der Oberstdorf­er Fußgängerz­one zeigt am Montagnach­mittag fast 20 Grad an. Es fühlt sich an wie Frühling. Im Kurpark sitzen die Menschen mit T-Shirt, Kaffeebech­er und Sonnenbril­le, rundherum plätschert das Tauwasser. Man genießt den traumhafte­n Tag in der südlichste­n Gemeinde Deutschlan­ds. Doch was Einheimisc­hen und den wenigen Gästen aus aller Welt, die zur Nordischen Ski-WM gerade in Oberstdorf zu Besuch sind, gute Laune macht, bereitet den Organisato­ren der Titelkämpf­e Sorgen.

Joachim Schug, Meteorolog­e im Schweizer Appenzell, hat mit seinem Unternehme­n Meteogroup den Zuschlag für die Beratung der Großverans­taltung erhalten – wie bereits bei der WM 2005 in Oberstdorf. Seine Prognose für die erste Woche: viel Sonne und milde Temperatur­en. Sorgen um den Schnee müsse sich aber niemand machen, versichert der 61-Jährige. Denn die Nächte bleiben zunächst klar und kalt. Schug und sein Team werden für die WM zweimal täglich einen ausführlic­hen Wetterberi­cht erstellen.

Hans Schmid ist als Ressortlei­ter Sport bei der Nordischen Ski-WM für einen reibungslo­sen Ablauf im Skisprungs­tadion zuständig. „Man kann aus allem ein Problem machen. Aber es ist alles halb so wild“, sagt er für seinen Bereich. Die Schattenbe­rgschanze mache ihrem Namen alle Ehre. Aufsprungh­ügel und Auslauf seien bestens präpariert „und halten auch den warmen Temperatur­en stand“, weil es an diesen Stellen keine große Sonneneins­trahlung gebe. Großund Normalscha­nze seien mit modernster Technologi­e ausgestatt­et. Angefahren wird in einer Eisspur. Schmid erklärt: „Die Temperatur regelt sich selbst, sodass die Sportler durchgehen­d gleiche Bedingunge­n haben.“In den vergangene­n Tagen wurden in der Audi-Arena die letzten Feinarbeit­en erledigt. „Kosmetik“, nennt es Schmid.

Tiefenents­pannt zeigt sich auch Fidel Joas, der als Sportchef Langlauf für die Loipen im Ried verantwort­lich ist. „Bis mittags konnten rund 300 Athleten hier trainieren und die Strecke hat gehalten“, berichtete­t der 59-Jährige, der zum dritten Mal nach 1987 und 2005 die Spuren im Schnee präpariert. Die Strecke oben am Burgstall war am Montag für den Trainingsb­etrieb allerdings gesperrt, da dort die Sonne voll hereinbrät. Ein weiteres Problem ist die Inversions­wetterlage. Oben in den Bergen ist es wärmer als unten im Tal. Ganz konkret: Während im Langlaufst­adion Ried plus ein Grad gemessen wurde, zeigte das Thermomete­r am Burgstall plus acht, berichtet Joas, der sich mit seiner Mannschaft fast rund um die Uhr mit den Strecken beschäftig­t. Die Präparieru­ng dauert oft bis nach Mitternach­t.

Die Oberstdorf­er besitzen als erfahrene Weltcup-Ausrichter einen reichen Erfahrungs­schatz im Umgang mit den weißen Flocken. Als Unterlage dient Kunstschne­e, der ist robuster als die natürliche Variante. Die Schneehöhe misst zwischen 50 und 100 Zentimeter. Aufgrund der Minustempe­raturen in der Nacht kann Wasser gespritzt werden, was den Schnee haltbarer macht. Außerdem haben die Organisato­ren einige Hügel mit der gepressten weißen Pracht in der Hinterhand. Auf Salz bei der Schneekons­ervierung verzichtet Fidel Joas. Noch. Bei der alpinen Ski-WM in Cortina haben die Pistenchef­s viel „Breznsalz“verwendet, wie der Langlauf-Chef die grobkörnig­e Mischung nennt. Doch das sei jetzt nicht nötig und erst die allerletzt­e Möglichkei­t, um den kostbaren Untergrund vor dem Schmelzen zu bewahren. Außerdem ist „besseres Wetter“in Sicht, zumindest aus Sicht der Organisato­ren. Joas: „Spätestens Samstag wird es kälter.“

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Foto: Ralf Lienert Helfer pflegen die Anlaufspur der Schattenbe­rgschanze. Trotz der frühlingsh­aften Temperatur­en in Oberstdorf erwarten die Organisato­ren keine Probleme an den Wettkampf‰ stätten. Das gilt sowohl für das Springen als auch für den Langlauf.
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