Ein Arbeitsplatz der Zukunft
Wie können Assistenzsysteme Menschen im Arbeitsalltag unterstützen? Ein Projekt der Hochschule Augsburg mit dem Technologietransferzentrum in Nördlingen gibt Antworten
Nördlingen Dieser Systemarbeitsplatz ist also die Zukunft: Rechts ein Bildschirm, der mit einem Fingerdruck gesteuert wird und mit dem Mini-Roboter auf der linken Seite verbunden ist. Blaue Schütten mit Schrauben werden von einem Lichtsensor überwacht. Nimmt der Arbeiter mit der Hand eine Schraube, erkennt das auch der Computer und kann sichergehen, dass der Arbeitsschritt nicht vergessen wird. Würde das Getriebe auf konventionelle Art zusammengesteckt, bestünde diese Fehlerquelle durchaus, vergessen ist eben menschlich. Die Maschine leitet aber nicht nur an, sondern überprüft – sie unterstützt in wichtigen Produktionsphasen und ergänzt so die Arbeit des Menschen.
Nicht nur dieser Systemarbeitsplatz hat Zukunftscharakter, sondern auch die Forschung, die dahintersteckt. Sie trägt den Namen „SynDiQuAss“und ist ein Verbund von Forschung und Industrie, die Abkürzung steht für „Synchronisierung von Digitalisierung, Qualitätssicherung und Assistenzsystemen an Arbeitsplätzen mit geringem Automatisierungsgrad“. Geforscht wurde zu einem großen Teil im Landkreis. Ziel von SynDiQuAss ist es, kleine und mittlere Unternehmen des produzierenden Gewerbes fit für die Arbeitswelt der Zukunft zu machen, indem Produktionsprozesse flexibler und innovativer gestaltet werden.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie der Europäische Sozialfonds für Deutschland haben dafür 2017 Fördermittel in Höhe von 1,7 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Dazu haben die Hochschule Augsburg im Forschungsverbund mit dem Technologietransferzentrum Nördlingen (TTZ) und dem Fraunhofer-Institut für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik mit Sitz in Augsburg zusammengearbeitet. Weitere Partner waren die mittelständischen Unternehmen SPN Schwaben Präzision Fritz Hopf GmbH in Nördlingen und Ohnhäuser GmbH in Wallerstein sowie das Technologieunternehmen Paragon semvox GmbH aus Limbach/Kirkel. Sie alle haben unter anderem Assistenzsysteme für Arbeitsplätze entwickelt und gestaltet.
Professor Florian Kerber, der Leiter des TTZ, und SPN-Geschäftsführer Rainer Hertle haben die Ergebnisse von rund drei Jahren Forschungsarbeit vorgestellt. Bei der Schwaben Präzision soll beispielsweise die Montage der vielen verschiedenen Getriebe-Losgrößen möglichst effizient gestaltet werden. Durch die neuen Assistenzsysteme sollen neue Mitarbeiter schneller für die „selbstständige Montage komplexer mechatronischer Produktgruppen befähigt werden“. Durch die neue Gestaltung des Arbeitsplatzes verspricht sich die SPN außerdem, den Flächenbedarf zu reduzieren und Fertigungslinien flexibler umzugestalten.
Hertle berichtet unter anderem von einem Praxisbeispiel. Drei Mitarbeiter auf unterschiedlichem Kenntnisstand haben sich durch das Assistenzsystem in relativ kurzer Zeit, nämlich nach der Montage von sechs Getrieben, auf etwa dasselbe Niveau gebracht. Auch Kerber zeigt sich sichtlich zufrieden mit den Lernkurven. Auch die Wünsche von SPN-Mitarbeitern wurden im Forschungsprojekt berücksichtigt. „Wir haben sie zum Beispiel gefragt, wo sie noch Unterstützung brauchen“, sagt Hertle. Dabei sei herausgekommen, dass Mitarbeiter durch die Maschine psychisch unterstützt werden können, frei nach dem Motto: „Es schaut ja auch noch jemand anders drauf.“Auf dem Mitarbeiter laste sozusagen weniger Verantwortung. Hertle zufolge soll das System weiter bei der SPN eingesetzt und ausgebaut werden. SynDiQuAss wird nicht nur in der Arbeitsplatzgestaltung, sondern auch in der Qualitätssicherung und im Personalmanagement angewandt.
Kerber sieht nicht nur das Forschungsprojekt, sondern auch das TTZ als wichtige Schnittstelle zwischen der Forschung und den mittelständischen Unternehmen. Ziel ist es, die mittelständisch geprägte regionale Industrie auf die Herausforderungen der Industrie 4.0 vorzubereiten und sie zu unterstützen.