Wie man die Leistung beim Sportklettern misst
Augsburger Sportwissenschaft entwickelt erstmals Leistungsstrukturmodell
Klettern ist Ganzkörperfitness gepaart mit Abenteuer und erfreut sich seit Jahren steigender Beliebtheit. Seit 2020 ist Sportklettern auch eine olympische Disziplin. Um optimal trainieren zu können, ist es wichtig, die Leistungsstruktur einer Sportart zu kennen, also die Faktoren herauszufinden, welche den sportlichen Erfolg ausmachen. Dieses sogenannte Leistungsstrukturmodell gab es bislang weder für einzelne Kletterdisziplinen noch für das neue olympic combined-Format. Ein Projekt am Institut für Sportwissenschaft der Universität Augsburg hat nun erstmals eine Testreihe entwickelt, die Klettern wissenschaftlich strukturiert und der trainingspraktischen Leistungsdiagnostik dient – also dem Identifizieren von Stärken und Schwächen der Spitzenathletinnen und -athleten, um daraus individuelle Trainingspläne abzuleiten.
Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit
Die Testreihe besteht aus 14 Einzeltests, die zum Teil vom Projektteam um Leiterin Dr.
Claudia Augste neu entwickelt wurden. Sie liefern Aussagen über Maximalkraft, Schnellkraft und Kraftausdauer verschiedener Körperteile, über die Hüftbeweglichkeit, die Koordination und die Fähigkeit, die Route nach der Besichtigung zu planen. Das Projektteam überprüfte, wie aussagekräftig die jeweiligen Tests für sportlichen Erfolg in den einzelnen Kletterdisziplinen sind.
Bislang wurde die maximale Fingerkraft als wichtigster Indikator gesehen. „Das ist nach unseren Untersuchungen ein nicht ganz so entscheidender Leistungsfaktor, da die Wettkampfathleten
alle sehr stark sind“, sagt Augste. „Überraschend und im Forschungsstand so bisher nicht abgebildet, war die sehr hohe Aussagekraft des powerslap-Tests.“Er bestimmt die Schnellkraft der Oberarm-, Schulter- und Rückenmuskulatur durch Abschlagen an der Wand. Diese erwies sich als einflussreichste Leistungskomponente bei den drei Disziplinen Speedklettern, Klettern ohne Seil – dem Bouldern und beim Leadklettern, bei dem mit Seil die Wettkampfroute möglichst weit geklettert wird.
Die Studie bestätigte die hohe Bedeutung von Kraftausdauer,
guter Koordination und der Bewegungsplanung für den Wettbewerbserfolg. Die Forschenden um Projektleiterin Augste identifizierten zusätzlich neue Faktoren. So wurde die Sprungkraft bislang in keiner Studie als leistungsrelevant genannt, stellte sich aber für Herren als relevantester Faktor für die Wettkampfleistung in allen Einzeldisziplinen heraus.
Testtool für Training und Talentsuche
„Damit die Leistungsdiagnostik standardisiert und professionell durchgeführt werden kann, haben wir ein schriftliches, bebildertes Testmanual und erklärende Videos erstellt“, erklärt Augste. „Trainern, Trainerinnen, Sportlern und Sportlerinnen steht damit ein wissenschaftlich fundiertes Tool zur Verfügung, sowohl für Training und Wettkampfvorbereitung, als auch um talentierten Nachwuchs zu finden.“