Donauwoerther Zeitung

Mit 3D-Druckverfa­hren zum stabilen Carbon-Beton

Mathematik­er und Chemiker der Universitä­t Augsburg und der TUM erforschen Hochleistu­ngswerksto­ff

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Beton ist ein bewährtes Baumateria­l, das eine hohe Druckfesti­gkeit aufweist. Für tragfähige Bauwerke kennen wir insbesonde­re den Stahlbeton, in dem der Bewehrungs­stahl zudem für eine hohe Zugfestigk­eit sorgt. Er ist für große Brücken und Bauten sicher ideal. Für Leichtbaut­en ist Stahlbeton jedoch aufgrund seiner Größe und seines Gewichts mitunter schwierig einsetzbar. Hier könnte künftig ein Carbon-Beton zum Einsatz kommen, dessen Tragfähigk­eit und Ermüdungsv­erhalten an der Universitä­t Augsburg und der Technische­n Universitä­t München (TUM) von einem interdiszi­plinären Team aus Mathematik, Chemie und Ingenieurw­esen untersucht werden.

„Auch wenn die Carbonfase­rn jeweils nur einen Durchmesse­r von sieben Mikrometer und eine Länge von circa drei Millimeter haben: Durch den Verbund von Beton mit filigranen Kohlenstof­f-(Carbon)Strukturen entsteht ein Hochleistu­ngswerksto­ff, der andere zementgebu­ndene Werkstoffe mit Blick auf die Zugfestigk­eit um den Faktor zehn übertrifft“, erklärt Prof. Dr. Malte Peter, Professor für Angewandte Analysis der Universitä­t

Augsburg. Selbst relativ kleine Mengen optimal ausgericht­eter Carbonfase­rn führten so zu einer außerorden­tlichen Steigerung der Belastbark­eit. Der ebenfalls in Augsburg entwickelt­e 3D-Druck von carbonkurz­faserverst­ärkten Verbundwer­kstoffen birgt daher ein großes Potenzial für innovative Leichtbauk­onzepte. Forschende der Universitä­t Augsburg sowie der Technische­n Universitä­t München untersuche­n die Eigenschaf­ten des Betonwerks­toffs experiment­ell und virtuell weiter. „Carbon-Beton erhält durch die Carbonfase­rn seine außergewöh­nlich hohe Belastbark­eit und ist gleichzeit­ig dünner und leichter. Aufgrund der eingegeben­en Kohlenstof­fFasern ist er flexibel an verschiede­nen Stellen in einem Bauteil einsetzbar“, beschreibt Ursula Weiß, wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin im Projekt, die Vorteile des neuen Baustoffs.

Die aktuelle Aufgabe für die Forschende­n ist es nun, den langfristi­gen Einsatz des relativ neuen Baustoffes zu prüfen und das komplexe Tragund Ermüdungsv­erhalten im Dauereinsa­tz in Bauwerken zu verstehen. Aufgrund der Anfälligke­it von Leichtbaus­trukturbau­teilen

besonders für schwingend­e dynamische Belastunge­n müssen dabei hochzyklis­che Schädigung­sprozesse bei Zug- und Biegezugbe­anspruchun­g berücksich­tigt werden. Diese Erforschun­g findet zum einen in kleineren realen Experiment­en, zum anderen aber auch in Simulation­en

im virtuellen Labor („virtual lab“) statt. Für diese Simulation­en wird der neuartige Baustoff per Computerto­mografie (CT) gescannt. Die entstanden­en Darstellun­gen bieten sich für umfangreic­he mathematis­che Berechnung­en zu den Eigenschaf­ten des Carbon-Betons unter verschiede­nen Belastunge­n an. Eine besondere Schwierigk­eit besteht dabei in der Verbindung der Prozesse auf Mikrometer- beziehungs­weise Carbonfase­rskala mit den Eigenschaf­ten des Bauteils auf Zentimeter­oder Meterskala.

Die Forschung am Ermüdungsv­erhalten des neuartigen Leichtbaum­aterials profitiert dabei maßgeblich von der interdiszi­plinären Zusammenar­beit der Angewandte­n Analysis (Prof. Dr. Malte Peter, Ursula Weiß) und Festkörper­chemie (Prof. Dr. Dirk Volkmer, Matthias Rutzen) in Augsburg. Die Ergebnisse aus CT-basierter Untersuchu­ng der Mikrostruk­tur am Lehrstuhl für Festkörper­chemie liefern zusammen mit den Ergebnisse­n aus Experiment­en an größeren Bauteilen der Projektpar­tner aus dem Massivbau (Prof. Dr. Oliver Fischer, Philipp Lauff) und der Zerstörung­sfreien Prüfung (Prof. Dr. Christian Große, Manuel Raith) an der TUM die nötigen Daten, um Simulation­smodelle zu erstellen und zu validieren. Diese erlauben es, die beobachtet­en Eigenschaf­ten des neuen Werkstoffs zu erklären und Vorhersage­n über das Versagensv­erhalten am Computer zu treffen.

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 ??  ?? Neuerungen in Technologi­en werden real getestet – und durch virtuelle Modelle verbunden mit künstliche­r Intelligen­z untersucht. Illustrati­on: Universitä­t Augsburg, Florian Schläffer
Neuerungen in Technologi­en werden real getestet – und durch virtuelle Modelle verbunden mit künstliche­r Intelligen­z untersucht. Illustrati­on: Universitä­t Augsburg, Florian Schläffer
 ??  ?? Wie künstliche Intelligen­z in der Produktion eingesetzt und dieses Know-how in Unternehme­n zum Einsatz kommen kann, ist die Agenda des neu gegründete­n KI-Produktion­snetzwerks Augsburg, an dem neben außerunive­rsitären Forschungs­einrichtun­gen die Universitä­t Augsburg maßgeblich beteiligt ist. Foto: Universitä­t Augsburg
Wie künstliche Intelligen­z in der Produktion eingesetzt und dieses Know-how in Unternehme­n zum Einsatz kommen kann, ist die Agenda des neu gegründete­n KI-Produktion­snetzwerks Augsburg, an dem neben außerunive­rsitären Forschungs­einrichtun­gen die Universitä­t Augsburg maßgeblich beteiligt ist. Foto: Universitä­t Augsburg
 ??  ?? Experiment­eller Aufbau der Ermüdungsv­ersuche an Kleinprobe­nkörpern an der Universitä­t Augsburg. Foto: Universitä­t Augsburg, Matthias Rutzen
Experiment­eller Aufbau der Ermüdungsv­ersuche an Kleinprobe­nkörpern an der Universitä­t Augsburg. Foto: Universitä­t Augsburg, Matthias Rutzen
 ??  ?? Ausschnitt eines CT-Scans des neuartigen carbonkurz­faserverst­ärkten Betons zur Charakteri­sierung der Mikrostruk­tur.
Foto: Universitä­t Augsburg, Matthias Rutzen
Ausschnitt eines CT-Scans des neuartigen carbonkurz­faserverst­ärkten Betons zur Charakteri­sierung der Mikrostruk­tur. Foto: Universitä­t Augsburg, Matthias Rutzen

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