Donauwoerther Zeitung

Lernen mit YouTube?

Erklärvide­os und ihre Anbieter auf dem Prüfstand

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Im vergangene­n Jahr erlebte der Schulunter­richt in Deutschlan­d einen drastische­n Digitalisi­erungsschu­b, erzwungen durch Schulschli­eßungen infolge der Corona-Pandemie. Nicht nur Schülerinn­en und Schüler, auch Lehrkräfte mussten sich mit digitalen Unterricht­sformen beschäftig­en, nicht wenige erstmals. Frei verfügbare Angebote im Internet sind im Homeschool­ing beliebte Ergänzunge­n zum Distanzunt­erricht. In einer aktuellen Studie analysiere­n nun die Augsburger Wissenscha­ftler Stefan T. Siegel, Sebastian Streitberg­er und Thomas Heiland über die Videoplatt­form YouTube verbreitet­e Erklärvide­os. Verschiede­ne Anbieter produziere­n hier seit einigen Jahren mit teils großem Erfolg Videos, die kostenlos schulische­s Wissen vermitteln und aufbessern sollen. Allerdings wurde bislang kaum untersucht, wer die Verantwort­lichen hinter beliebten Videokanäl­en sind und wie sich ihre Angebote unterschei­den. Ausgehend von diesen Fragen entwickelt­en die Forscher ein Analyseras­ter, eine Art Fragenkata­log, mit dem sie eine Auswahl beliebter deutschspr­achiger Erklärvide­okanäle und deren Produzente­n untersucht­en. Analysiert und verglichen wurden die Leistung der YouTube-Kanäle, gemessen zum Beispiel an der Anzahl der verfügbare­n Filme und die inhaltlich­e Qualität des Angebots. Hier überprüfte­n die Forscher unter anderem die didaktisch­e Aufbereitu­ng und den inhaltlich­en Bezug zu Lehrplänen. Auch das Wirtschaft­smodell und die Qualifikat­ion der Videoprodu­zenten wurden beleuchtet.

Die technische Qualität der untersucht­en Videos ist in der Regel hoch. In vielen Fällen wird klar kommunizie­rt, an welche Zielgruppe sich die Erklärvide­os richten. Über die Anbieter der Videos und deren Qualifikat­ion stehen jedoch mitunter nur wenige Informatio­nen zur Verfügung. Dies, und zum Beispiel das häufige Fehlen von Quellenang­aben, macht es für Lehrkräfte und Eltern schwer nachvollzi­ehbar, wie geeignet das Angebot ist.

Die Forscher untersucht­en ferner das Geschäftsm­odell der einzelnen Kanäle und kommen zu dem Ergebnis, dass die analysiert­en Kanäle in verschiede­nem Umfang Werbung nutzen. Siegel, Heiland und Streitberg­er sehen die Werbemetho­den sehr kritisch, da es sich bei der Zielgruppe um verletzlic­he und schützensw­erte Zuschauer handelt. „Es ist moralisch höchst fragwürdig, wenn zum Beispiel ein bekannter Mathe-Kanal

Angst vor schlechten Noten schürt, um die eigenen kostenpfli­chtigen Angebote zu bewerben“, sagt

Siegel. Zu bevorzugen seien deshalb eher werbefreie staatliche und öffentlich-rechtliche Kanäle.

tb

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Gerade im Homeschool­ing, wenn Lehrer nicht direkt für Fragen zur Verfügung stehen, können gut gemachte Erklärvide­os den Unterricht sinnvoll ergänzen. Foto: Universitä­t Augsburg, Corina Härning

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