Stadtratssitzung live im Internet?
Corona verschiebt vieles ins Netz. Doch nicht nur aus Gründen der Pandemie, setzt sich Stadtrat Markus Reichensberger dafür ein, Sitzungen in Donauwörth online zu übertragen
Donauwörth Mit Stadtpolitik viele Bürger erreichen – ein Traum jedes Kommunalpolitikers. Doch Sacharbeit und Entscheidungen finden meist in abendlichen Sitzungen statt, die noch dazu für viele Bürger eher spröden Charme haben. Jetzt aber gibt es eine neue Idee, wie die Grundlagen der Politik besser zum Bürger kommen: Eine Live-Übertragung der Sitzungen ins Internet.
Das nicht neue, aber vor Ort bisher noch nicht diskutierte Angebot hat Stadtrat Markus Reichensberger von der Gruppierung Alternative Liste (AL) und Junge Bürger (JB) eingebracht. „In der Corona-Pandemie ist es für die Bürger noch weniger möglich, an den Sitzungen des Stadtrates oder der Ausschüsse teilzunehmen. Ins Internet zu übertragen, würde das Problem lösen und es auch in Zukunft viel leichter machen, Entscheidungen nachzuvollziehen“, sagt der junge Stadtrat.
Doch es gibt noch weitere gute Gründe für die Online-Übertragung, findet Reichensberger. Denn es gibt viele Gründe, warum an sich interessierte Bürger nicht ins Rat
oder wie aktuell ins Tanzhaus kommen. „Die einen arbeiten, andere betreuen ihre Kinder. Wieder andere scheuen die vielen Treppen zum Sitzungssaal oder sind an sich nicht so mobil. Im Internet kann man die Entscheidungen auch vom Bett aus sehen“, führt er aus.
Dieser Idee ist bereits ein Antrag an die Stadt gefolgt. Nichtöffentlich hat der Stadtrat das Thema andiskutiert und wird nun in den Fraktionen besprochen. Am 15. März soll es im Haupt- und Finanzausschuss konkreter werden.
„Die Idee ist begrüßenswert“, sagt der Donauwörther Oberbürgermeister Jürgen Sorré (parteilos). Er selbst hatte sich das Thema Transparenz im Wahlkampf auf die Fahnen geschrieben und mit einer Bürgerversammlung via Internet bis zu 3000 Bürger erreicht.
Sorré erklärt, dass in Sachen Kosten und vor allem Datenschutz abzuklären sei – Mitarbeiter der Stadt, die Mitglieder des Stadtrates und auch Zuschauer müssen ja damit rechnen, dass jedes ihrer Worte und auch eine Aufnahme von ihnen im Internet zu sehen sind, also öffentlich sind.
„Wir müssen uns bewusst sein, dass das Auswirkungen auf den Ablauf der Sitzungen haben kann“, sagt Sorré. Denn es sei nicht jedermanns Sache im Bewusstsein gefilmt zu werden, frei zu sprechen. Deshalb müsste jeder einzeln zustimmen.
Reichensberger hat sich bereits bei Verwaltungen anderer Städten informiert, wie diese InternetÜbertragung umsetzen. Pfaffenhofen an der Ilm beispielsweise biete das bereits seit zehn Jahren. Je nach Thema hätten dort schon mal 1000 Bürger online die Sitzung der Stadträte verfolgt. „Ich denke, es wäre auch in Donauwörth zu überlegen, für welche Sitzung denn überhaupt eine Übertragung sinnvoll ist“, so Reichenberger. Doch wenn es um die künftige Nutzung des Tanzhauses ginge oder ein Konzept für die Belebung der Innenstadt diskutiert werde – da sei klar, dass das auch die Bürger interessieren würde, die Inhaus formation aus erster Hand zu erfahren. Bei der technischen Umsetzung sieht Reichensberger wenig Probleme. Es gäbe externe Dienstleister, die mit fest installierten kleinen Kameras alle Stadträte und Mitarbeiter der Verwaltung in dem gewünschten Abstand aufnehmen könnten. Zudem könnte berücksichtigt werden, wer keine Bildübertragung wolle. „Viele Kommunen haben da schlüssige Konzepte erarbeitet, die es dem Zuschauer ermöglichen die Sitzung inhaltlich zu verfolgen, auch wenn einzelne Personen nicht bei der Übertragung erscheinen“, sagt Reichensberger. Dennoch sei es natürlich wünschenswert, dass möglichst der Ablauf lückenlos dargestellt werden könne.
Reichensberger versteht, dass Stadtratskollegen erst einmal zögerlich auf den Vorschlag eingehen. „Donauwörth wäre die erste Kommune im Landkreis, die dem Bürger so eine Möglichkeit bietet, direkt Zeuge der Stadtpolitik zu werden“, sagt der junge Stadtrat, der von Beruf Polizist ist. „Ich bin mir aber sicher, dass das zugleich auch für mehr Akzeptanz der Entscheidungen sorgen würde.“