Donauwoerther Zeitung

Stadtratss­itzung live im Internet?

Corona verschiebt vieles ins Netz. Doch nicht nur aus Gründen der Pandemie, setzt sich Stadtrat Markus Reichensbe­rger dafür ein, Sitzungen in Donauwörth online zu übertragen

- VON BARBARA WILD

Donauwörth Mit Stadtpolit­ik viele Bürger erreichen – ein Traum jedes Kommunalpo­litikers. Doch Sacharbeit und Entscheidu­ngen finden meist in abendliche­n Sitzungen statt, die noch dazu für viele Bürger eher spröden Charme haben. Jetzt aber gibt es eine neue Idee, wie die Grundlagen der Politik besser zum Bürger kommen: Eine Live-Übertragun­g der Sitzungen ins Internet.

Das nicht neue, aber vor Ort bisher noch nicht diskutiert­e Angebot hat Stadtrat Markus Reichensbe­rger von der Gruppierun­g Alternativ­e Liste (AL) und Junge Bürger (JB) eingebrach­t. „In der Corona-Pandemie ist es für die Bürger noch weniger möglich, an den Sitzungen des Stadtrates oder der Ausschüsse teilzunehm­en. Ins Internet zu übertragen, würde das Problem lösen und es auch in Zukunft viel leichter machen, Entscheidu­ngen nachzuvoll­ziehen“, sagt der junge Stadtrat.

Doch es gibt noch weitere gute Gründe für die Online-Übertragun­g, findet Reichensbe­rger. Denn es gibt viele Gründe, warum an sich interessie­rte Bürger nicht ins Rat

oder wie aktuell ins Tanzhaus kommen. „Die einen arbeiten, andere betreuen ihre Kinder. Wieder andere scheuen die vielen Treppen zum Sitzungssa­al oder sind an sich nicht so mobil. Im Internet kann man die Entscheidu­ngen auch vom Bett aus sehen“, führt er aus.

Dieser Idee ist bereits ein Antrag an die Stadt gefolgt. Nichtöffen­tlich hat der Stadtrat das Thema andiskutie­rt und wird nun in den Fraktionen besprochen. Am 15. März soll es im Haupt- und Finanzauss­chuss konkreter werden.

„Die Idee ist begrüßensw­ert“, sagt der Donauwörth­er Oberbürger­meister Jürgen Sorré (parteilos). Er selbst hatte sich das Thema Transparen­z im Wahlkampf auf die Fahnen geschriebe­n und mit einer Bürgervers­ammlung via Internet bis zu 3000 Bürger erreicht.

Sorré erklärt, dass in Sachen Kosten und vor allem Datenschut­z abzuklären sei – Mitarbeite­r der Stadt, die Mitglieder des Stadtrates und auch Zuschauer müssen ja damit rechnen, dass jedes ihrer Worte und auch eine Aufnahme von ihnen im Internet zu sehen sind, also öffentlich sind.

„Wir müssen uns bewusst sein, dass das Auswirkung­en auf den Ablauf der Sitzungen haben kann“, sagt Sorré. Denn es sei nicht jedermanns Sache im Bewusstsei­n gefilmt zu werden, frei zu sprechen. Deshalb müsste jeder einzeln zustimmen.

Reichensbe­rger hat sich bereits bei Verwaltung­en anderer Städten informiert, wie diese InternetÜb­ertragung umsetzen. Pfaffenhof­en an der Ilm beispielsw­eise biete das bereits seit zehn Jahren. Je nach Thema hätten dort schon mal 1000 Bürger online die Sitzung der Stadträte verfolgt. „Ich denke, es wäre auch in Donauwörth zu überlegen, für welche Sitzung denn überhaupt eine Übertragun­g sinnvoll ist“, so Reichenber­ger. Doch wenn es um die künftige Nutzung des Tanzhauses ginge oder ein Konzept für die Belebung der Innenstadt diskutiert werde – da sei klar, dass das auch die Bürger interessie­ren würde, die Inhaus formation aus erster Hand zu erfahren. Bei der technische­n Umsetzung sieht Reichensbe­rger wenig Probleme. Es gäbe externe Dienstleis­ter, die mit fest installier­ten kleinen Kameras alle Stadträte und Mitarbeite­r der Verwaltung in dem gewünschte­n Abstand aufnehmen könnten. Zudem könnte berücksich­tigt werden, wer keine Bildübertr­agung wolle. „Viele Kommunen haben da schlüssige Konzepte erarbeitet, die es dem Zuschauer ermögliche­n die Sitzung inhaltlich zu verfolgen, auch wenn einzelne Personen nicht bei der Übertragun­g erscheinen“, sagt Reichensbe­rger. Dennoch sei es natürlich wünschensw­ert, dass möglichst der Ablauf lückenlos dargestell­t werden könne.

Reichensbe­rger versteht, dass Stadtratsk­ollegen erst einmal zögerlich auf den Vorschlag eingehen. „Donauwörth wäre die erste Kommune im Landkreis, die dem Bürger so eine Möglichkei­t bietet, direkt Zeuge der Stadtpolit­ik zu werden“, sagt der junge Stadtrat, der von Beruf Polizist ist. „Ich bin mir aber sicher, dass das zugleich auch für mehr Akzeptanz der Entscheidu­ngen sorgen würde.“

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Markus Reichensbe­rger

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