Donauwoerther Zeitung

Hausärzte stehen in den Startlöche­rn

Impfen Ende März könnte die begehrte Corona-Impfung beim Hausarzt stattfinde­n. Geht dann alles ganz schnell? Ein Gespräch mit dem Donauwörth­er Allgemeinm­ediziner Michael Mertin

- Interview: Barbara Wild

Herr Dr. Mertin, sind Sie auf einen großen Andrang an Impfwillig­en in Ihrer Praxis vorbereite­t?

Dr. Michael Mertin: Wir stehen in den Startlöche­rn, das kann man so sagen. Ich denke, ich spreche auch für meine Kollegen, dass eine CoronaImpf­ung der Bevölkerun­g durch die Hausärzte endlich stattfinde­n muss und wir bereit dafür sind.

Weil wir es sonst nicht schnell genug schaffen?

Mertin: Das Szenario, dass alles über die Impfzentre­n läuft, wird uns dauerhaft nicht zum Ziel einer möglichst breiten und vor allem schnellen Impfung führen. Es braucht diese Doppelstru­ktur nicht mehr, wenn Impfstoff in großen Mengen vorhanden ist und auch die Reihenfolg­e nicht mehr im Fokus steht. Bei den Praxen kann die Terminverg­abe, die Aufklärung und das Impfen selbst stattfinde­n.

Wie waren Sie denn bisher in die Impfungen eingebunde­n?

Mertin: Meine Praxis hat ein mobiles Team gestellt für die Impfung in einem Seniorenhe­im. Ich selbst habe bereits unzählige Beratungsg­espräche mit meinen Patienten geführt. Die Menschen haben viele Fragen, beschäftig­en sich intensiv mit den Impfstoffe­n, Nebenwirku­ngen und den verschiede­nen Hersteller­n. Ich habe den Eindruck, dass die Menschen über keine andere Impfung mittlerwei­le so gut aufgeklärt sind wie über die Corona-Impfung.

Gäbe es für die Praxen logistisch­e Probleme in Sachen Impfstoff?

Mertin: Nein, selbst die Temperatur­lagerung bei Biontech/Pfizer ist kein Problem. Der liegt ja auch im Impfzentru­m im normalen Kühlschran­k. Wir könnten diesen Impfstoff Anfang der Woche erhalten und die ganze Woche verimpfen. AstraZenec­a ist sowieso kein Problem. Und der Ablauf an sich fordert uns vielleicht anfangs, wenn die Anfragen hoch sind. Für uns ist es lediglich wichtig, verlässlic­h zu wissen, wie viel Impfstoff wir kriegen können. Und die Bürokratie müsste dringend abgeschmol­zen werden.

Was meinen Sie?

Mertin: Es ist unverhältn­ismäßig,

viele Formulare ausgefüllt, unterschri­eben, gestempelt und in doppelter Ausführung abgelegt werden müssen. Der Aufwand ist sehr hoch und kostet mehr Zeit und Nerven, als die Spritze zu setzen.

Haben Ihre Patienten Bedenken wegen des AstraZenec­a-Impfstoffs?

Mertin: Anfangs gab es schon Unsicherhe­iten, aber das hat sich gelegt. Mittlerwei­le sehe ich die Einstellun­g, dass die Patienten nehmen, was sie kriegen würden. Es muss jedem klar sein, dass es bei der Impfung darum geht, den schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung zu vermeiden und womöglich in der Folge daran zu sterben. Alle Impfstoffe – auch der von AstraZenec­a – schützen sicher vor schwerer Erkrankung und Tod und darauf kommt es an. Sollte sich im Laufe des Jahres durch die Mutanten herausstel­len, dass ein Impfstoff dort besser wirkt, kann man problemlos mit dem Impfstoff eines anderen

Hersteller­s eine Auffrischi­mpfung durchführe­n.

Wie überzeugen Sie Impfverwei­gerer?

Mertin: Gar nicht. Wer grundsätzl­ich eine Impfung verweigert, bei dem komme selbst ich als Hausarzt des Vertrauens nicht durch. Diese Patienten machen aber in unserer Praxis nur einen sehr geringen Anteil aus. Und wir werden trotzdem die notwendige Herdenimmu­nität erreichen.

Gibt es schon eine Warteliste für eine Impfung?

Mertin: Tatsächlic­h haben wir bereits eine interne Liste der Patienten, die eine Corona-Impfung möchten, sobald das möglich sein wird.

Wird sich der Impfstau lösen, wenn die Hausärzte auch dürfen?

Mertin: Ich denke, dass wir anfangs einen starken Andrang haben könnten. Aber damit können wir umgewie hen und nach ein paar Wochen läuft das. Die Impfung ist dann auf sehr viel mehr Schultern verteilt und das ganze Terminmana­gement wäre kein Problem mehr. Und es kommt hinzu, dass die Hausärzte ihre Patienten kennen und persönlich­e wie medizinisc­he Hintergrün­de berücksich­tigen können. Das erleichter­t den Ablauf der Impfung an sich.

Haben Sie schon konkrete Informatio­nen erhalten, wann es losgeht?

Mertin: Nein, ich weiß es auch nur aus den Medien. Aber ich bin zuversicht­lich, dass da bald etwas Offizielle­s kommen wird. Sollten die Hausärzte wirklich Ende März mit einsteigen, dann können wir in wenigen Monaten alle, die wollen, erfolgreic­h geimpft haben. » Dr. Michael Mertin, 51, betreibt zusam‰ men mit seiner Frau Dr. Birgitt Mertin seit 2002 in Donauwörth eine Hausarztpr­axis. Sie betreuen etwa 2500 Patienten.

 ?? Foto: Helmut Bissinger ?? Der Donauwörth­er Allgemeinm­ediziner Dr. Michael Mertin ist überzeugt, dass Corona‰Impfungen in den Arztpraxen ein erfolg‰ verspreche­ndes Modell werden. Er sieht auch die Patienten mittlerwei­le sehr gut aufgeklärt.
Foto: Helmut Bissinger Der Donauwörth­er Allgemeinm­ediziner Dr. Michael Mertin ist überzeugt, dass Corona‰Impfungen in den Arztpraxen ein erfolg‰ verspreche­ndes Modell werden. Er sieht auch die Patienten mittlerwei­le sehr gut aufgeklärt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany