Donauwoerther Zeitung

Nach zwölf Wochen öffnen die Geschäfte wieder

Seit Montag dürfen viele Geschäfte nach zwölf Wochen Lockdown wieder öffnen. Donauwörth­s Innenstadt ist wieder aufgewacht. Wie lange das anhält, ist ungewiss

- VON CHRISTOF PAULUS

Gestern durften viele Geschäfte im Landkreis öffnen. Wie sich der erste Tag nach zwölf Wochen Lockdown anließ.

Donauwörth Wenn die Händler in der Reichsstra­ße sich einen Tag zum öffnen hätten aussuchen dürfen, es hätte gut dieser Montag sein können. In den Beeten vor dem Buchladen Greno blüht es gelb und violett, über der Donauwörth­er Altstadt verdeckt keine Wolke den Himmel. Es ist noch früh am Morgen, hier und dort sind schon die ersten Fußgänger auf dem Bürgerstei­g zwischen Landratsam­t und Rathaus unterwegs. Eigentlich ist der Anblick bloß gewöhnlich, so wie es eben ist an einem sonnigen Märztag in der Stadt. Doch im Jahr 2021 beginnt in dieser Woche ein Frühlingse­rwachen im doppelten Sinne.

Gabriele Hartmann ist gerade auf dem Weg zum Rieder Tor. Sie hat sich Schuhe gekauft, die in einer Tüte am Lenker ihres Fahrrads hängen. „Das hat doch gefehlt“, sagt die Donauwörth­erin. Lange hat sie darauf gewartet, sich wieder Schuhe zu kaufen – jetzt hat sie welche gebraucht. Wobei: „Gebraucht habe ich sie eigentlich gar nicht“, sagt Hartmann. „Aber ich musste mir jetzt einreden, dass ich sie brauche.“Es sei schön, wieder Menschen auf den Straßen zu sehen und es sei wichtig, dass das auch so bleibe. Deshalb habe sie darauf gewartet, dass die Geschäfte wieder öffnen dürfen, statt online zu bestellen. „Ich möchte den Handel vor Ort unterstütz­en“, sagt sie.

Leere Bürgerstei­ge, dunkle Geschäfte – das waren die Eindrücke, die spätestens seit Mitte Dezember das Bild der Donauwörth­er Innenstadt geprägt haben. Nun begrüßt vor der Tchibo-Filiale ein Schild die Gäste, das Modegeschä­ft Heinle hat seinen Eingang mit Luftballon­s herausgepu­tzt und bei Orsay und H&M brennt wieder Licht. Dass es wieder soweit kommen konnte, liegt am niedrigen Inzidenzwe­rt im Landkreis Donau-Ries. Pro 100.000 Einwohner in den vergangene­n sieben Tagen lag dieser Wert schon um die 10. Zwischenze­itlich hatte kein Landkreis in Deutschlan­d einen niedrigere­n Wert. Inzwischen ist er wieder auf 24,7 geklettert, nähert sich damit der kritischen Marke von 50. Sollte er diese drei Tage in Folge überschrei­ten, müssen Geschäfte und Passanten wieder Einschränk­ungen hinnehmen. Laut Verordnung der bayerische­n Landesregi­erung würden dann Termine zum Shoppen nötig werden.

„Ich bleibe positiv, dass es nicht so weit kommt“, sagt Christine Moll, die in der Spitalstra­ße ein Modegeschä­ft betreibt. Schließlic­h sei mit Einschränk­ungen in der Stadt wieder weniger los. Zwar sei auch Einkaufen mit Termin für sie machbar, doch es tue Donauwörth gut, wenn wieder mehr Passanten unterwegs sind. Nach Monaten verschloss­ener Ladentüren hat Moll nun sogar am Montag geöffnet, an dem ihr Geschäft eigentlich Ruhetag hat. „Die Lust am Stöbern, zu schauen, etwas anzufassen, das ist lange einfach zu kurz gekommen.“

Der Morgen vergeht in der Innenstadt, die Mittagspau­se treibt noch den ein oder anderen zusätzlich­en Passanten auf die Straße. Klaus Weber kommt gerade vom Friseur, zwei Stoppeln auf der Stirn und kurz geschorene Haare über den Ohren zeugen noch davon. „In der Sonne ein bisschen in die Schaufenst­er schauen, das macht doch Spaß, sagt der Harburger. Kaufen will er nichts, aber nach einer Sonnenbril­le Ausschau halten. Und spazieren möchte er noch. Auch wenn wieder mehr Leben auf die Reichsstra­ße zurückkehr­t, wirkt am Montag alles entspannt. So wie bei Nicolas Greno in seinem Buchhaus.

„Überfüllun­g ist bei uns gar kein Thema“, sagt er. Sein Geschäft sei rund 200 Quadratmet­er groß, Abstände einzuhalte­n kein Problem. Der Andrang zur Wiedereröf­fnung sei „angenehm“, den Anlass empfindet er als „wunderbar“. „Wir empfangen die Leute mit einem echten Lächeln, auch wenn es unter der Maske nicht zu sehen ist“, sagt Greno. Unter Pandemiebe­dingungen einzukaufe­n seien die Kunden bereits vorm Lockdown gewohnt gewesen, deshalb verlaufe alles routiniert. Die Rückmeldun­gen seien positiv, Angst sich anzustecke­n habe niemand.

Der erste Einkaufsta­g seit Wochen in der Donauwörth­er Reichsstra­ße neigt sich dem Ende zu. Bis zum Abend strahlt die Sonne vom eisblauen Himmel. Schon am Dienstag soll das Wetter drehen, bis zum Wochenende sagen die Meteorolog­en kühl und nass voraus. Doch noch mehr als auf das Wetter schauen Händler und Kunden in diesen Tagen ganz genau auf Inzidenz und Verordnung­en.

 ?? Fotos: Ulrich Wagner, Christof Paulus ?? In der Reichsstra­ße in Donauwörth ist wieder Betrieb auf dem Bürgerstei­g. Nach einem langen Lockdown schmücken die Geschäfte ihre Eingänge und haben wieder geöffnet. Doch der Inzidenzwe­rt im Landkreis steigt bereits. Sollte er drei Tage über 50 liegen, drohen Verschärfu­ngen.
Fotos: Ulrich Wagner, Christof Paulus In der Reichsstra­ße in Donauwörth ist wieder Betrieb auf dem Bürgerstei­g. Nach einem langen Lockdown schmücken die Geschäfte ihre Eingänge und haben wieder geöffnet. Doch der Inzidenzwe­rt im Landkreis steigt bereits. Sollte er drei Tage über 50 liegen, drohen Verschärfu­ngen.
 ??  ?? Gabriele Hartmann beim Bummeln.
Gabriele Hartmann beim Bummeln.

Newspapers in German

Newspapers from Germany