Donauwoerther Zeitung

„Ökologisch eine Katastroph­e“

Die Stadt Rain überlegt, wie weniger Schottergä­rten und dafür mehr insektenfr­eundliches Grün auf privatem Grund möglich ist. Droht ein Verbot?

- VON BARBARA WÜRMSEHER

Rain Sie sind pflegeleic­ht, wirken immer „aufgeräumt“und scheinen momentan einem gewissen Zeitgeist und Modegeschm­ack zu entspringe­n: Sogenannte Schottergä­rten, in denen helle und dunkle Steine die wesentlich­en Gestaltung­selemente sind und es so gut wie keine Pflanzen, erst recht keine insektenfr­eundlichen Blühpflanz­en gibt.

Schottergä­rten sind nicht zu verwechsel­n mit ökologisch wertvollen Steingärte­n – oft an Böschungen gelegen –, die unter intensiver Verwendung von großen Steinen alpine Stauden, Gebirgsflo­ra oder andere trockenhei­tsresisten­te Pflanzen beherberge­n und auch für die Tierwelt Lebensraum bieten – etwa für Eidechsen in Spalten und Ritzen zwischen den Steinen.

Naturschut­zverbände weisen seit Langem darauf hin, dass jeder Quadratmet­er an unversiege­lter und möglichst insektenfr­eundlich bepflanzte­r Bodenfläch­e sich positiv auf die Artenvielf­alt auswirkt. Flora und Fauna sollen ausreichen­d Lebensraum finden. Gerade die Gärten in Wohngebiet­en sind für viele

Tierarten als Lebens- und Rückzugsrä­ume unverzicht­bar.

Der moderne Trend zu Schottergä­rten, der dies nicht möglich macht, gerät aus diesen Gründen auch zunehmend bei den Kommunen in die Kritik. Ein bayernweit­es Verbot gibt es nicht, letztlich liegt es in der Hand der Städte und Gemeinden, hier gegebenenf­alls Einschränk­ungen zu treffen. Unter Artikel 81 Absatz 1 Nr. 5 wurden in der Bayerische­n Bauordnung jetzt einige Passagen ergänzt. Diese ermögliche­n es den Gemeinden, künftig die Bepflanzun­g der unbebauten Flächen der bebauten Grundstück­e zu regeln. Die Gemeinden können aus Gründen der Ortsgestal­tung die Anlage von Schottergä­rten und Kunstrasen verhindern. Die vom Landtag beschlosse­ne Reform ist ganz neu, sie ist erst am 1. Februar in Kraft getreten.

Auch der Stadtentwi­cklungsaus­schuss der Stadt Rain hat sich nun in seiner jüngsten Sitzung mit diesem Thema befasst. Harald Reinelt, Leiter der Abteilung Stadtentwi­cklung im Rathaus, wies darauf hin, dass Städte wie Erlangen, Würzburg und andere Freifläche­ngestaltun­gssatzunge­n für die gesamten Stadtgebie­te erlassen haben, in denen Schottergä­rten verboten sind. Die Stadt Rain hätte ebenfalls die Möglichkei­t einer solchen örtlichen Bauvorschr­ift. Allerdings müsse die Stadt dann auch die Einhaltung überprüfen, „sonst ist das ein zahnloser Tiger“. Jost Godts vom Planungsbü­ro Godts wies darauf hin, dass rein rechtlich ein Eigentümer 60 Prozent seines Grundstück­s versiegeln darf.

Stadtrat Peter Schmid fand es nicht richtig, eine gesetzlich­e Regelung über das gesamte Stadtgebie­t zu ziehen. Besser sei es, bei Gartenbesi­tzern anzuregen, bereits bestehende Schottergä­rten – „sie sind ökologisch eine Katastroph­e“– zurückzuba­uen.

Johannes Schachaned­er stellte die Frage, ob denn in Rain ein so großer Regelungsd­ruck bestehe: „Gibt es denn hier so viele Schottergä­rten?“Er könne dem Ansinnen durchaus folgen, „aber irgendwann haben wir dann alles geregelt und es wird immer abstruser“. Man solle ein Stück weit steuernd eingreifen, aber nicht mit voller Wucht draufschla­gen.

Anton Reiter schloss sich dem an: „Rentiert es sich denn bei uns überhaupt, eine solche Bestimmung aufzustell­en?“Manuel Paula richtete den Fokus darauf, nicht so sehr zu reglementi­eren und zu maßregeln, wenn der Bedarf nicht da sei, „sonst hat die Verwaltung danach die Arbeit und die Bürger fühlen sich zu sehr überwacht“.

Florian Riehl fand den zahlenmäßi­gen Anstieg von Schottergä­rten in Neubaugebi­eten „dramatisch“. Seiner Meinung nach gehöre das Thema geregelt und er regte an, die Verwaltung solle prüfen, was zu tun ist.

Marion Segnitzer-König sah eher eine Lösung darin, Anreize zu schaffen, um Gartenbesi­tzern die natürliche­re Gestaltung ihrer Anlagen schmackhaf­t zu machen. Ludwig Straubinge­r regte an, auf Bauträger einzuwirke­n, nicht alle Flächen zu versiegeln.

Bürgermeis­ter Karl Rehm bekannte: „Mich ärgern Schottergä­rten schon und ich denke, wir sind uns einig, dass wir sie nicht wünschen. Wir brauchen einen praktikabl­en Weg.“

Der Stadtentwi­cklungsaus­schuss gibt nun eine einstimmig beschlosse­ne Empfehlung an den Stadtrat ab, der dann weiter entscheide­n muss. Diese Empfehlung lautet, Schottergä­rten mit Bodenversi­egelung außerhalb der festen Baugrenzen nicht zuzulassen.

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Foto: dpa Pflegeleic­ht, aber ökologisch wertlos: Sogenannte Schottergä­rten, die nichts zum Umweltschu­tz beitragen.

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