„Ökologisch eine Katastrophe“
Die Stadt Rain überlegt, wie weniger Schottergärten und dafür mehr insektenfreundliches Grün auf privatem Grund möglich ist. Droht ein Verbot?
Rain Sie sind pflegeleicht, wirken immer „aufgeräumt“und scheinen momentan einem gewissen Zeitgeist und Modegeschmack zu entspringen: Sogenannte Schottergärten, in denen helle und dunkle Steine die wesentlichen Gestaltungselemente sind und es so gut wie keine Pflanzen, erst recht keine insektenfreundlichen Blühpflanzen gibt.
Schottergärten sind nicht zu verwechseln mit ökologisch wertvollen Steingärten – oft an Böschungen gelegen –, die unter intensiver Verwendung von großen Steinen alpine Stauden, Gebirgsflora oder andere trockenheitsresistente Pflanzen beherbergen und auch für die Tierwelt Lebensraum bieten – etwa für Eidechsen in Spalten und Ritzen zwischen den Steinen.
Naturschutzverbände weisen seit Langem darauf hin, dass jeder Quadratmeter an unversiegelter und möglichst insektenfreundlich bepflanzter Bodenfläche sich positiv auf die Artenvielfalt auswirkt. Flora und Fauna sollen ausreichend Lebensraum finden. Gerade die Gärten in Wohngebieten sind für viele
Tierarten als Lebens- und Rückzugsräume unverzichtbar.
Der moderne Trend zu Schottergärten, der dies nicht möglich macht, gerät aus diesen Gründen auch zunehmend bei den Kommunen in die Kritik. Ein bayernweites Verbot gibt es nicht, letztlich liegt es in der Hand der Städte und Gemeinden, hier gegebenenfalls Einschränkungen zu treffen. Unter Artikel 81 Absatz 1 Nr. 5 wurden in der Bayerischen Bauordnung jetzt einige Passagen ergänzt. Diese ermöglichen es den Gemeinden, künftig die Bepflanzung der unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke zu regeln. Die Gemeinden können aus Gründen der Ortsgestaltung die Anlage von Schottergärten und Kunstrasen verhindern. Die vom Landtag beschlossene Reform ist ganz neu, sie ist erst am 1. Februar in Kraft getreten.
Auch der Stadtentwicklungsausschuss der Stadt Rain hat sich nun in seiner jüngsten Sitzung mit diesem Thema befasst. Harald Reinelt, Leiter der Abteilung Stadtentwicklung im Rathaus, wies darauf hin, dass Städte wie Erlangen, Würzburg und andere Freiflächengestaltungssatzungen für die gesamten Stadtgebiete erlassen haben, in denen Schottergärten verboten sind. Die Stadt Rain hätte ebenfalls die Möglichkeit einer solchen örtlichen Bauvorschrift. Allerdings müsse die Stadt dann auch die Einhaltung überprüfen, „sonst ist das ein zahnloser Tiger“. Jost Godts vom Planungsbüro Godts wies darauf hin, dass rein rechtlich ein Eigentümer 60 Prozent seines Grundstücks versiegeln darf.
Stadtrat Peter Schmid fand es nicht richtig, eine gesetzliche Regelung über das gesamte Stadtgebiet zu ziehen. Besser sei es, bei Gartenbesitzern anzuregen, bereits bestehende Schottergärten – „sie sind ökologisch eine Katastrophe“– zurückzubauen.
Johannes Schachaneder stellte die Frage, ob denn in Rain ein so großer Regelungsdruck bestehe: „Gibt es denn hier so viele Schottergärten?“Er könne dem Ansinnen durchaus folgen, „aber irgendwann haben wir dann alles geregelt und es wird immer abstruser“. Man solle ein Stück weit steuernd eingreifen, aber nicht mit voller Wucht draufschlagen.
Anton Reiter schloss sich dem an: „Rentiert es sich denn bei uns überhaupt, eine solche Bestimmung aufzustellen?“Manuel Paula richtete den Fokus darauf, nicht so sehr zu reglementieren und zu maßregeln, wenn der Bedarf nicht da sei, „sonst hat die Verwaltung danach die Arbeit und die Bürger fühlen sich zu sehr überwacht“.
Florian Riehl fand den zahlenmäßigen Anstieg von Schottergärten in Neubaugebieten „dramatisch“. Seiner Meinung nach gehöre das Thema geregelt und er regte an, die Verwaltung solle prüfen, was zu tun ist.
Marion Segnitzer-König sah eher eine Lösung darin, Anreize zu schaffen, um Gartenbesitzern die natürlichere Gestaltung ihrer Anlagen schmackhaft zu machen. Ludwig Straubinger regte an, auf Bauträger einzuwirken, nicht alle Flächen zu versiegeln.
Bürgermeister Karl Rehm bekannte: „Mich ärgern Schottergärten schon und ich denke, wir sind uns einig, dass wir sie nicht wünschen. Wir brauchen einen praktikablen Weg.“
Der Stadtentwicklungsausschuss gibt nun eine einstimmig beschlossene Empfehlung an den Stadtrat ab, der dann weiter entscheiden muss. Diese Empfehlung lautet, Schottergärten mit Bodenversiegelung außerhalb der festen Baugrenzen nicht zuzulassen.