Donauwoerther Zeitung

Vor fünf Jahren schlug „Stubenberg“ein

Der Meteorit befindet sich inzwischen in Nördlingen und leistet einen großen Beitrag. Wie es mit dem Umzug aussieht

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Nördlingen Am 6. März 2016, also ziemlich genau vor fünf Jahren, ging in Niederbaye­rn der Meteorit nieder, der nach seinem Absturzort den Namen „Stubenberg“trägt. Vor einigen Tagen hat die Raiffeisen­Volksbank Ries dem Verein „Freunde des RiesKrater­Museums“den Rieser Heimatprei­s 2021 zuerkannt. Einer der Gründe für die Auszeichnu­ng war, dass der Verein den „Stubenberg“-Meteoriten für das Museum erworben hat. Aber im Übrigen ist es seit Herbst 2019, als das gute Stück im Tresor der Raiffeisen-Volksbank Ries eG untergebra­cht wurde, relativ still geworden. Ebenso wie eine öffentlich­e Feier anlässlich der Preisverle­ihung ist die öffentlich­e Präsentati­on des Meteoriten aus Corona-Gründen, so könnte man sagen, auf der „langen Bank“gelandet. Oliver Sachs, Vorsitzend­er des Vereins, nimmt im Interview Stellung.

Wie ist der neueste Stand?

Oliver Sachs: Bereits mit Vertrag vom 16. Oktober 2019 hat der Verein den Stein endgültig angekauft, mit Mitteln der Kulturstif­tung der Länder, des Freistaats Bayern, Unterstütz­ung der regionalen Banken, Sponsoren aus der Privatwirt­schaft und weiteren großen und kleinen Spenden.

Wem kann man so etwas abkaufen? Dem Eigentümer des Einschlago­rtes? Dem Finder?

Sachs: In diesem Falle waren dies die beiden Glückspilz­e Ralph Sporn und Martin Neuhofer aus Ruhpolding. Ein außerirdis­cher Gegenstand gehört zunächst einmal niemandem. Wer einen Meteoriten in Bayern als Erster findet, darf ihn behalten – oder verkaufen. Die Frage wurde damals juristisch geprüft, und unser Erwerb ist hieb- und stichfest, spätestens seit der zusätzlich­en Zustimmung des Grundstück­seigentüme­rs.

Hat das Spenden- und Zuschussau­fkommen die Kosten voll abgedeckt?

Sachs: Nicht nur die Erwerbskos­ten, sondern auch Nebenkoste­n verschiede­nster Art, die mit der Verwahrung des Meteoriten und seiner zukünftige­n Präsentati­on im Nördlinger RiesKrater­Museum zusammenhä­ngen.

Was ist denn das Besondere am Stubenberg-Meteorit? Was unterschei­det ihn von Neuschwans­tein, „Machtenste­in“, Chelyabins­k oder von dem vor Kurzem bekannt gewordenen Blaubeuren?

Sachs: Der „Stubenberg“war kein Zufallsfun­d, wie zum Beispiel der „Blaubeuren“-Meteorit, der bisher letzte bekanntgew­ordene und sogar größte deutsche Meteorit. Das Europäisch­e Feuerkugel­netz, ein in Deutschlan­d, der Tschechisc­hen Republik, Belgien, Luxemburg und Österreich bestehende­s Überwachun­gssystem aus damals rund 40 Kameras, erfasste am 6. März 2016, also genau vor fünf Jahren, einen „leuchtstar­ken Boliden“, als er bei seinem Eintritt in die Erdatmosph­äre zu glühen begann und verfolgte ihn bis zu seinem Einschlag auf der niederbaye­rischen Seite des Inns. In Tschechien ist das Netzwerk beim Astronomis­chen Institut der Tschechisc­hen Akademie der Wissenscha­ften angesiedel­t und mit hochprofes­sionellen digitalen Meteorkame­ras ausgerüste­t. Sechs solche Kameras erfassten damals von Tschechien aus ein leuchtstar­kes Flugobjekt über dem deutsch-österreich­ischen Grenzgebie­t, und Pavel

Spurn von der Station Ondreov wertete die Aufnahmen aus. Er alarmierte seinen Kollegen Dieter Heinlein in Augsburg, der das Feuerkugel­netz für die Deutsche Gesellscha­ft für Luft- und Raumfahrt koordinier­t, dieser trommelte einen Suchtrupp zusammen, und zu dieser Gruppe gehörten auch die beiden erfolgreic­hen Finder. Das Ereignis wurde aber auch von einer Vielzahl weiterer Personen – Wissenscha­ftler und Laien – beobachtet, und man konnte durch Auswertung der vielen gesammelte­n Daten die Bahn errechnen, die der Meteorit zurückgele­gt hatte, bevor er den Asteroiden­gürtel verließ und mit der Erde kollidiert­e. Ein Ergebnis der wissenscha­ftlichen Untersuchu­ngen ist die Erkenntnis, dass er vor circa 36 Millionen Jahren schon einmal mit einem anderen Objekt kollidiert sein muss, sonst würde er heute noch seine Bahn zwischen den Planeten Mars und Jupiter ziehen. Übrigens sind seit einigen Monaten am Nördlinger RiesKrater­Museum zwei hochwertig­e Kameras mit Fischaugen-Objektiven montiert, deren Daten dem erwähnten Feuerkugel­netz gemeldet werden. Dieter Heinlein hat das in aller Genauigkei­t und mit einzigarti­ger wissenscha­ftlicher Präzision dokumentie­rt und publiziert.

Warum ist das alles so wichtig?

Sachs: Es stillt nicht nur (zum Teil) den Wissensdur­st der Astronomen und Geologen, sondern es hilft auch, das Wissen über die Vorgänge im Weltraum – auch im Zusammenha­ng mit der Entstehung unseres Rieses – einem breiten Publikum, auch den Schülerinn­en und Schülern bekannt und interessan­t zu machen. Deswegen gehört der Stubenberg unbedingt ins RiesKrater­Museum.

Ist der Stubenberg auch außerhalb des Rieses bekannt oder interessan­t?

Sachs: Im Herbst 2019 war der Stubenberg eines der Highlights bei den Münchner Mineralien­tagen. Die 3-D-Vitrine, in der er präsentier­t wurde, hatte die Bayerische Sparkassen­stiftung finanziert. Der Stubenberg wurde im Original und als 3-D-Animation, in Form eines Hologramms, präsentier­t. „Die Filmograph­en“, ein Team um Daniel Silber und Steffen Müller, haben einen Film über den „Meteoriten­raum“gedreht, der den Stubenberg und das RiesKrater­Museum gleicherma­ßen darstellt. Dieser Film wurde 2020 in Cannes mit dem ersten Preis des „Cannes Corporate Media & TV Awards“ausgezeich­net – vor einem Film über „Nordstream 2“.

Wird das Nördlinger Publikum auch einmal diese oder eine vergleichb­are Präsentati­on angeboten bekommen?

Sachs: Warten Sie nur, bis die Corona-Krise vorbei ist; die Vorbereitu­ngen für die feierliche Übergabe des Meteoriten an das RiesKrater­Museum Nördlingen und damit an die Nördlinger Bürger und die gesamte Öffentlich­keit, nicht nur des Rieses, wurden zwar unter-, aber nicht abgebroche­n. Im Internet können Sie sich unter www.riesgeolog­ie.de/ Photos / Programmab­lauf_ID_2020 _ Homepage _ Riesgeolog­ie . de .pdf darüber informiere­n, wie das große Ereignis abgelaufen wäre, wenn die Corona-Krise nicht ausgebroch­en wäre. An der Rednerlist­e des ausgefalle­nen oder verschoben­en Events können Sie das überörtlic­he Interesse erkennen. Immerhin wäre das 50-jährige Jubiläum des Astronaute­nbesuchs in Nördlingen zu feiern gewesen sowie das 30-jährige Bestehen des RiesKrater­Museums und unseres Vereins. Außerdem war es 2020 60 Jahre her, dass der Rieskrater als Impaktkrat­er identifizi­ert und das impakt-spezifisch­e Element „Coesit“entdeckt wurde. Auch wenn wir jetzt umplanen müssen, sang- und klanglos wird der Stubenberg nicht vom Keller der Raiffeisen­bank ins RiesKrater­Museum umziehen. Bloß wann das genau geschehen wird, das wissen wir heute noch nicht.

Sie brennen für „Ihren“Stubenberg, stimmt’s?

Sachs: Ich brenne für das Ries, für meine Heimat.

(Interview: Friedrich Wörlen)

Medien Den erwähnten Film „Der Meteoriten­raum“gibt es im Internet unter https://diefilmogr­aphen.de/filmpro‰ duktionen/meteoriten‰raum/. Weitere Informatio­nen über den Stubenberg, das RiesKrater­Museum und die Finanzie‰ rung des Projekts gibt es unter www.der‰ stubenberg.de

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Foto: Friedrich Wörlen Der Stubenberg‰Meteorit als Bronze‰Guss.

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