Millionen Mietern droht Gebührenhammer
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will das Nebenkostenprivileg für TV abschaffen. Das könnte bedeuten, dass Mieter doppelt so viel zahlen müssen wie bisher. Welcher Kampf dahintersteckt
Berlin Es ist ein Kampf zweier Riesen, der die Mieter teuer zu stehen kommen könnte. Vordergründig geht es um mehr Freiheit, aber letztlich doch um knallharte Geschäftsinteressen. Gegeneinander angetreten sind die Deutsche Telekom und ihr Konkurrent Vodafone. Vom Ausgang des Kampfes wird abhängen, ob über 20 Millionen Mieter künftig mehr für das Fernsehprogramm werden zahlen müssen.
Beim Kabel-TV will die Telekom ein Privileg brechen, von dem Vodafone stark profitiert. Bisher ist es so, dass Vermieter die Kabelgebühren auf alle Mieter umlegen können. Die Netzbetreiber – vor allem Vodafone – haben davon einen doppelten Vorteil: Sie bekommen viele Kunden zu geringen Verwaltungsund Akquisekosten. Deshalb können sie den Mietern einen günstigen Preis anbieten – im bundesweiten Schnitt zwischen sieben und neun Euro pro Monat. Der Nachteil dieses Nebenkostenprivilegs liegt im Zwang: Mieter müssen zahlen, egal ob sie Fernsehen über Kabel schauen oder nicht. Vodafone hat vor einigen Jahren Kabel Deutschland geschluckt und ist damit zum Platzhirsch auf dem Markt geworden. Praktischer Vorteil: Die Mieter können bei dem Unternehmen zusätzlich noch schnelles Internet buchen, das über das Kabel läuft.
Die Telekom will Vodafone das profitable Vorrecht aus der Hand schlagen. Dafür gewonnen hat sie Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Sein Gesetzentwurf zur Reform des Telekommunikationsgesetzes sieht vor, dass die Vermieter die Kabelgebühren nicht länger auf alle Mieter abwälzen können. „Die Regelung stellt nicht nur einen Nachteil für Verbraucher, sondern auch für den Wettbewerb dar“, steht im Entwurf. Unterstützt wird Altmaier von Infrastrukturminister Andreas Scheuer (CSU). Beide agieren nicht unabhängig: Der Staat hält ein Drittel der Telekom-Aktien.
Um die Attacke abzuwehren, hat Vodafone eine breite Allianz geschmiedet. Dazu gehören der Mieterbund, andere Kabelnetzbetreiber und die Wohnungswirtschaft – darunter die Wohnungsbaugruppe Augsburg. Das städtische Unternehmen mit 21000 Mietern will, dass es so bleibt, wie es ist. „Unseren Mietern drohen für ihren TV-Anschluss etwa doppelt so hohe Kosten bei einer individuellen Beauftragung“, sagt Geschäftsführer Mark
Dominik Hoppe. Dies falle bei finanziell schwächeren Haushalten „durchaus ins Gewicht“. Statt sieben bis neun Euro wären jeden Monat 14 bis 18 Euro fällig.
Bundesweit betroffen sind laut Vodafone und Wohnungswirtschaft 12,5 Millionen Haushalte – vom Single über das Rentnerpaar bis zur Großfamilie. Auch in Baden-Württemberg und Bayern sind es Millionen. Die Telekom hält die bestehende Regelung für ein Relikt aus den 1980er Jahren. Der Konzern sieht sich im Wettbewerb benachteiligt. Das Argument: Wer bereits für einen Kabelanschluss zahlen muss, der hat wenig Interesse, Geld für einen anderen Zugang auszugeben.
Trotz des Rückhalts durch zwei Minister hat die Telekom bei ihrem Manöver kürzlich eine empfindliche Schlappe einstecken müssen. Die Länder wollen das Nebenkostenprivileg erhalten und forderten die Bundesregierung Mitte Februar auf, erst einmal auszuloten, wie stark die Mieter belastet würden. Der Konzern
hat aber noch nicht aufgesteckt und beackert weiter tapfer Abgeordnete und Regierung. Vodafone hält dagegen. „Die ziehen ein Powerplay auf, das habe ich noch nie erlebt“, beschreibt ein erfahrener Referent aus dem Bundestag den hohen Einsatz der Unternehmen.
Einen Kompromiss zwischen hat der Mieterbund vorgeschlagen. Er verbindet günstige Preise mit mehr Wahlfreiheit. Die Vermieter sollen weiter das Recht haben, die Kabelgebühren auf alle Parteien umzulegen. Wer den Anschluss ablehnt, muss dem aktiv widersprechen. Die Kabelbetreiber dürften also hoffen, dass ein Großteil ihrer Kunden bei der Stange bleibt.
Für Vodafone ist das wichtig, um Investitionen in Glasfaserkabel durch beständige Einnahmen abzusichern. Die Telekom wäre mit dem Kompromiss wohl weniger zufrieden, weil sich für sie das kostspielige Verlegen der Kabel bei überschaubarer Kundenzahl nach wie vor nicht rechnen würde.