Zwei aus vier
Wenn Deutschlands Handballer nach Tokio wollen, müssen sie in den nächsten Tagen Außergewöhnliches leisten
Augsburg Die Operation Gold beginnt mit einer Hiobsbotschaft. Paul Drux, eine feste Größe im deutschen Rückraum, wird der Handball-Nationalmannschaft beim Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele an diesem Wochenende fehlen. Der Berliner hat sich im letzten Bundesligaspiel am Knie verletzt und ist bereits operiert worden. „Jetzt bleibt mir nur das Daumendrücken“, sagt er. Und eine Portion Glück werden seine Kollegen auch gut gebrauchen, um das schier Unmögliche doch möglich zu machen.
Lange vor dem enttäuschenden Platz zwölf bei der Weltmeisterschaft in Ägypten Anfang des Jahres, der schlechtesten Platzierung der Geschichte, hatte Verbandsvize Bob Hanning bereits Olympiagold als großes Ziel für die deutschen Handballmänner ausgegeben. Dazu aber müssen die sich erst einmal für Tokio qualifizieren – und das wird schwer genug. Von den vier Mannschaften,
die von Freitag bis Sonntag in Berlin zwei Startplätze für Olympia ausspielen, sind zwei mindestens so stark, wenn nicht sogar stärker einzuschätzen. Das heißt, das Team von Bundestrainer Alfred Gislason muss entweder Vizeweltmeister Schweden schlagen oder den EMVierten Slowenien. Ein weiterer Sieg gegen den Außenseiter Algerien ist ohnehin Pflicht.
Nach den Eindrücken der letzten Monate spricht alles für Schweden, vieles für Slowenien und nur wenig für Deutschland. Zwar kehren mit den Kielern Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler, die das WM-Turnier aus Sorge vor einer Corona-Infektion ausgelassen hatten, die beiden wichtigsten Abwehrspieler ins Team zurück – auf der anderen Seite aber haben sowohl die schnellen
Schweden als auch die spielstarken Slowenen das, was man einen Lauf nennt. Beide gewannen ihre letzten Länderspiele souverän. Auch deshalb ärgert Pekeler, Deutschlands Handballer des Jahres, die GoldVorgabe seines umtriebigen Verbandsfürsten: „Über Ziele kann man sich unterhalten, wenn man sich qualifiziert hat. Und selbst wenn das gelingen sollte, müssen wir doch so ehrlich sein und sagen: Für Olympiagold kommen andere Nationen eher infrage als wir.“Weltmeister Dänemark etwa, Spanien, Frankreich oder Norwegen.
Andererseits haben deutsche Mannschaften immer wieder bewiesen, dass sie für Überraschungen gut sind – zuletzt beim EM-Triumph 2016. Ein Jahr nach seinem Amtsantritt geht Gislason daher gelassen mit dem Druck um, der auf ihm und der Mannschaft liegt. „Ich habe sehr viel Vertrauen in die Mannschaft“, betonte er bei der Vorstellung des Kaders. Von der Absage von Paul Drux wusste er da noch nichts.