Donauwoerther Zeitung

Mauerreste, Keramiksch­erben und Überraschu­ngen

Bei den Bauarbeite­n für den künftigen Schlosssta­del stieß der Bagger auf mittelalte­rliche Grundmauer­n, die die Archäologe­n auf den Plan riefen. In diesem Umfang hatten die Experten hier Funde nicht erwartet

- VON BARBARA WÜRMSEHER

Rain Kein ganz unerwartet­er Fund, dennoch einer voller Überraschu­ngen: Mit Beginn der Bauarbeite­n zum Rainer „Schlosssta­del“, jenem multifunkt­ionalen Nebengebäu­de, das östlich neben dem ehemals kurfürstli­chen Schloss entstehen soll, sind die Bagger auf Grundmauer­n und Keramik gestoßen, die wohl jetzt neue Einblicke in die Baugeschic­hte des Rainer Schlosses geben dürften. Von einem Bodendenkm­al wusste man, doch ist es von einem Umfang, der selbst die Fachleute erstaunt.

Was diese Funde für den Bau des Schlosssta­dels bedeuten, ist nach jetzigem Kenntnisst­and noch offen. Es gibt eine gültige Baugenehmi­gung und rein städtebaul­ich muss das neue Nebengebäu­de an dieser Stelle errichtet werden, so Christian Schneider, Leiter des städtische­n Bauamts. „Natürlich wäre es schön, wenn man die Funde erhalten könnte“, sagt Bürgermeis­ter Karl Rehm, der sie gerne in den Anbau zu integriere­n und zugänglich machen würde. Ob das gelingen kann, wird sich zeigen, wenn die Situation zusammen mit der Städtebauf­örderung neu bewertet ist. Dies sei nun der erste Schritt, sich mit den Planern zu besprechen und das Thema neu aufzurolle­n.

Wir sprachen mit der Pressestel­le des Bayerische­n Landesamts für Denkmalpfl­ege (BLfD) über die Ausgrabung­en und deren Bedeutung. Juliane Grimm informiert über die Details, soweit sie jetzt schon bekannt sind.

Frau Grimm, was genau wurde gefunden?

Juliane Grimm: Die bodendenkm­alpflegeri­sche Begleitung des Bauvorhabe­ns erbrachte umfangreic­he Reste der mittelalte­rlichen Bebauung des Areals. Die baulichen Spuren hängen mit älteren Bauphasen des Schlosses zusammenhä­ngen. Bei dem Mauerzug im Süden der Grabungsfl­äche handelt es sich um einen Abschnitt der Befestigun­g des in den 1960er-Jahren verfüllten Schlossgra­bens. Die Deutung der anderen Mauerbefun­de fällt schwerer, allerdings ist es wahrschein­lich, dass hier ein Zusammenha­ng mit einem Vorgängerb­au des Schlosses besteht, welcher in der Zeit zwischen 1310/1326 und 1392 bestand und vermutlich auch auf dem heutigen Schlossgel­ände gelegen war. Hierzu passen auch die im Laufe der Grabung entdeckten Keramikfun­de, welche zum überwiegen­den Teil aus dem 14. Jahrhunder­t und somit dem späten Mittelalte­r stammen.

Welches Ausmaß haben diese Funde?

Grimm: Die Grabungsfl­äche erstreckt sich östlich des Schlosses. Zusätzlich zu den Mauerbefun­den ist eine Vielzahl von Erdbefunde­n, zum Beispiel in Form von Baugruben sowie Planier- und Einfüllsch­ichten, anzutreffe­n. Die archäologi­schen Schichten sind mitunter sehr fundreich.

Wie bewertet das Denkmalamt die Funde?

Grimm: Bereits jetzt ist absehbar, dass durch die erfassten Baustruktu­ren neue Einblicke in die Baugeschic­hte des Schlossare­als gewonnen werden können. Die einzelnen Bau

im Schlossare­al dürften grundsätzl­ich eng mit der wirtschaft­lichen beziehungs­weise politische­n Entwicklun­g der Stadt zusammenhä­ngen und können daher grundlegen­d zur Erhellung der Stadtgesch­ichte am Übergang vom Mittelalte­r zur frühen Neuzeit beitragen. Für eine weitergehe­nde Auswertung ist jedoch die abschließe­nde Auswertung der Grabungsdo­kumentatio­n abzuwarten.

Aus welcher Zeit stammen die Funde? Gerüchtewe­ise könnte ein Teil davon auf die Römer zurückgehe­n?

Grimm: Zum aktuellem Maßnahmens­tand kann noch keine Aussage über möglicherw­eise römische Strukturen getroffen werden. Sofern bei den einzelnen Mauerzügen eine Datierung zum jetzigen Zeitpunkt schon möglich ist, fällt diese in die spätmittel­alterliche Bauphase. Zudem wurde bislang keinerlei Fundmateri­al aus römischer Zeit entdeckt, die geborgene Keramik ist ebenfalls mittelalte­rlich.

Beschreibe­n Sie bitte die Auffindesi­tuation.

Grimm: Teile des Mauerwerks setzten bereits knapp unter dem Oberboden an, so befand sich die erste Lage der südlichen „Grabenmaue­r“in nur etwa 20 Zentimeter­n Tiefe. Einige Erdbefunde lagen jedoch auch tiefer, zudem finden sich selbst auf der Bautiefe, welche zum Teil bis zu zwei Meter unter der modernen Oberfläche liegt, noch archäologi­sche Befunde. Die Baugrube der südlichen Mauer ist etwa auf Bautiefe immer noch fassbar.

Hat man an dieser Stelle mit Funden gerechnet?

Grimm: Der betroffene Bereich ist tatsächlic­h als Bodendenkm­al D-7-7331-0204 („Mittelalte­rliche und frühneuzei­tliche Befunde im Bereich des Schlosses von Rain“) ausgewiese­n. Bereits vor Beginn der Ausgrabung­en erfolgte daher eine denkmalrec­htliche und fachliche Abstimmung und die Baumaßakti­vitäten nahme wurde von Beginn an durch archäologi­sche Fachfirmen im Auftrage der Stadt Rain begleitet. Aktuell ist dort das Büro für Ausgrabung­en und Dokumentat­ionen Heyse vor Ort tätig.

Somit gab es also keine großen Überraschu­ngen? Oder doch?

Grimm: Die beobachtet­en Strukturen sind keine grundsätzl­iche Überraschu­ng, waren jedoch in der angetroffe­nen Erhaltung nicht in diesem Umfang zu erwarten.

Wann gehen die Untersuchu­ngen weiter?

Grimm: Die Steuerung und Umsetzung der bodendenkm­alpflegeri­schen Maßnahme als Teil der gesamten Baumaßnahm­e obliegt der Stadt Rain. Das Ausmaß der notwendige­n Ausgrabung wird hierbei laufend an die aktuellen Bauplanung­en angepasst. Das BLfD berät den Erlaubnisi­nhaber in dieser Maßnahme fachlich.

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Foto: Markus Köllner/BfAD Heyse GmbH&Co.KG Beim Ausheben des Untergrund­s für den künftigen Schlosssta­del stießen die Bagger auf ein Bodendenkm­al, das wohl aus dem Mittelalte­r stammt.
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Foto: wüb Das Schloss in Rain: Jenseits der Mauer im Vorder‰ grund wurden die Grabungsfu­nde gemacht.
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So soll der Schlosssta­del einmal aussehen. Unter seinem Standort liegen die archäologi­schen Funde. Grafik: Lüps

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