Mauerreste, Keramikscherben und Überraschungen
Bei den Bauarbeiten für den künftigen Schlossstadel stieß der Bagger auf mittelalterliche Grundmauern, die die Archäologen auf den Plan riefen. In diesem Umfang hatten die Experten hier Funde nicht erwartet
Rain Kein ganz unerwarteter Fund, dennoch einer voller Überraschungen: Mit Beginn der Bauarbeiten zum Rainer „Schlossstadel“, jenem multifunktionalen Nebengebäude, das östlich neben dem ehemals kurfürstlichen Schloss entstehen soll, sind die Bagger auf Grundmauern und Keramik gestoßen, die wohl jetzt neue Einblicke in die Baugeschichte des Rainer Schlosses geben dürften. Von einem Bodendenkmal wusste man, doch ist es von einem Umfang, der selbst die Fachleute erstaunt.
Was diese Funde für den Bau des Schlossstadels bedeuten, ist nach jetzigem Kenntnisstand noch offen. Es gibt eine gültige Baugenehmigung und rein städtebaulich muss das neue Nebengebäude an dieser Stelle errichtet werden, so Christian Schneider, Leiter des städtischen Bauamts. „Natürlich wäre es schön, wenn man die Funde erhalten könnte“, sagt Bürgermeister Karl Rehm, der sie gerne in den Anbau zu integrieren und zugänglich machen würde. Ob das gelingen kann, wird sich zeigen, wenn die Situation zusammen mit der Städtebauförderung neu bewertet ist. Dies sei nun der erste Schritt, sich mit den Planern zu besprechen und das Thema neu aufzurollen.
Wir sprachen mit der Pressestelle des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (BLfD) über die Ausgrabungen und deren Bedeutung. Juliane Grimm informiert über die Details, soweit sie jetzt schon bekannt sind.
Frau Grimm, was genau wurde gefunden?
Juliane Grimm: Die bodendenkmalpflegerische Begleitung des Bauvorhabens erbrachte umfangreiche Reste der mittelalterlichen Bebauung des Areals. Die baulichen Spuren hängen mit älteren Bauphasen des Schlosses zusammenhängen. Bei dem Mauerzug im Süden der Grabungsfläche handelt es sich um einen Abschnitt der Befestigung des in den 1960er-Jahren verfüllten Schlossgrabens. Die Deutung der anderen Mauerbefunde fällt schwerer, allerdings ist es wahrscheinlich, dass hier ein Zusammenhang mit einem Vorgängerbau des Schlosses besteht, welcher in der Zeit zwischen 1310/1326 und 1392 bestand und vermutlich auch auf dem heutigen Schlossgelände gelegen war. Hierzu passen auch die im Laufe der Grabung entdeckten Keramikfunde, welche zum überwiegenden Teil aus dem 14. Jahrhundert und somit dem späten Mittelalter stammen.
Welches Ausmaß haben diese Funde?
Grimm: Die Grabungsfläche erstreckt sich östlich des Schlosses. Zusätzlich zu den Mauerbefunden ist eine Vielzahl von Erdbefunden, zum Beispiel in Form von Baugruben sowie Planier- und Einfüllschichten, anzutreffen. Die archäologischen Schichten sind mitunter sehr fundreich.
Wie bewertet das Denkmalamt die Funde?
Grimm: Bereits jetzt ist absehbar, dass durch die erfassten Baustrukturen neue Einblicke in die Baugeschichte des Schlossareals gewonnen werden können. Die einzelnen Bau
im Schlossareal dürften grundsätzlich eng mit der wirtschaftlichen beziehungsweise politischen Entwicklung der Stadt zusammenhängen und können daher grundlegend zur Erhellung der Stadtgeschichte am Übergang vom Mittelalter zur frühen Neuzeit beitragen. Für eine weitergehende Auswertung ist jedoch die abschließende Auswertung der Grabungsdokumentation abzuwarten.
Aus welcher Zeit stammen die Funde? Gerüchteweise könnte ein Teil davon auf die Römer zurückgehen?
Grimm: Zum aktuellem Maßnahmenstand kann noch keine Aussage über möglicherweise römische Strukturen getroffen werden. Sofern bei den einzelnen Mauerzügen eine Datierung zum jetzigen Zeitpunkt schon möglich ist, fällt diese in die spätmittelalterliche Bauphase. Zudem wurde bislang keinerlei Fundmaterial aus römischer Zeit entdeckt, die geborgene Keramik ist ebenfalls mittelalterlich.
Beschreiben Sie bitte die Auffindesituation.
Grimm: Teile des Mauerwerks setzten bereits knapp unter dem Oberboden an, so befand sich die erste Lage der südlichen „Grabenmauer“in nur etwa 20 Zentimetern Tiefe. Einige Erdbefunde lagen jedoch auch tiefer, zudem finden sich selbst auf der Bautiefe, welche zum Teil bis zu zwei Meter unter der modernen Oberfläche liegt, noch archäologische Befunde. Die Baugrube der südlichen Mauer ist etwa auf Bautiefe immer noch fassbar.
Hat man an dieser Stelle mit Funden gerechnet?
Grimm: Der betroffene Bereich ist tatsächlich als Bodendenkmal D-7-7331-0204 („Mittelalterliche und frühneuzeitliche Befunde im Bereich des Schlosses von Rain“) ausgewiesen. Bereits vor Beginn der Ausgrabungen erfolgte daher eine denkmalrechtliche und fachliche Abstimmung und die Baumaßaktivitäten nahme wurde von Beginn an durch archäologische Fachfirmen im Auftrage der Stadt Rain begleitet. Aktuell ist dort das Büro für Ausgrabungen und Dokumentationen Heyse vor Ort tätig.
Somit gab es also keine großen Überraschungen? Oder doch?
Grimm: Die beobachteten Strukturen sind keine grundsätzliche Überraschung, waren jedoch in der angetroffenen Erhaltung nicht in diesem Umfang zu erwarten.
Wann gehen die Untersuchungen weiter?
Grimm: Die Steuerung und Umsetzung der bodendenkmalpflegerischen Maßnahme als Teil der gesamten Baumaßnahme obliegt der Stadt Rain. Das Ausmaß der notwendigen Ausgrabung wird hierbei laufend an die aktuellen Bauplanungen angepasst. Das BLfD berät den Erlaubnisinhaber in dieser Maßnahme fachlich.