Landesbischof sorgt sich ums seelische Wohl der Kinder
Pandemie raube ihnen Räume der Begegnung. Vor der evangelischen Landessynode plädiert er für Öffnungen
Augsburg Die Gesellschaft sollte nach den Worten des evangelischen Landesbischofs Heinrich BedfordStrohm ein stärkeres Augenmerk auf die seelischen Verwundungen von Kindern und Jugendlichen während der Pandemie richten. „Es ist unsere Aufgabe als Erwachsene und als christliche Gemeinschaft, alles in unserer Macht Stehende zu tun, dass die notwendig gewordenen Einschränkungen des Aktionsradius nicht zu dauerhaften inneren Schäden für sie führen“, mahnte er am Montag vor der online tagenden bayerischen Landessynode. Präsidentin Annekathrin Preidel warnte: „Sie gehen verloren, wenn sie jetzt nicht aufgefangen und gefördert werden.“Derzeit sei Jugendarbeit weder in der Kirche noch in Sportoder Musikvereinen möglich.
Kinder und Jugendliche bräuchten Schutzräume auch außerhalb ihrer Familie und Lernorte auch außerhalb von Schule. Besonders fragil sei die Altersgruppe der Zwölf- bis 16-Jährigen, die seit Wochen und Monaten weder in der Schule noch in der Kindertagesstätte reale Begegnungsmöglichkeiten hat. „Gerade in dieser Lebensphase kann und möchte man nicht alles mit seinen Eltern besprechen“, sagte der Landesbischof. Er ermutigte seine Kirche dazu, die Türen der Gemeindehäuser, Jugendwerke und -zentren wieder umsichtig zu öffnen.
Besorgt äußerte sich BedfordStrohm darüber, dass sich die sozialen Unterschiede vergrößern. „50 bis 100 Euro Leihgebühr für ein iPad von Familien zu verlangen, die materiell auf Kante leben, finde ich unmöglich“, kritisierte er. Er setzt darauf, „dass der Staat unsere Jugendarbeit finanziell unterstützt, um Lerncamps in den Sommerferien anzubieten“. Dabei sollten sich Freizeit und Spaß mit dem Nachholen von Lernstoff verbinden.
Zehn Prozent Kürzungen bringt der neue Landesstellenplan mit sich, den die bis Donnerstag tagende Synode beschließt. Der Personalchef der Landeskirche, Stefan Reimers, sieht darin dennoch Chancen, Neues auszuprobieren. Unter den Berufsgruppen der Pfarrer, Diakone, Religionspädagogen und Kirchenmusiker werde die Flexibilität wachsen, die Kirche nach den Erfordernissen am Ort zu gestalten. Die Landeskirche werde in kürzeren Zeiträumen planen, um gute Ideen schneller umzusetzen. Aber auch, weil Einnahmen und Mitgliederzahlen zurückgehen. Riesengroß ist nach Reimers Worten die Aufgabe, innerhalb von drei Jahren einen Haushalt mit 130 Millionen Euro Defizit auszugleichen. Mit der neuen Planung fallen in der Fläche 190 Stellen weg, vor allem werden frei werdende Stellen nicht mehr besetzt. Der Kirche stehen „schmerzliche Entscheidungen“bevor, doch Präsidentin Preidel baut darauf, „dass wir nach der Pandemie einen klareren Blick für das bekommen, was wir vielleicht doch loslassen können, weil es wirklich nicht alternativlos ist“.
Breiten Raum widmete der Landesbischof in seinem Bericht vor der Synode der Frage: Wo ist Gott in der Pandemie? In den Talkshows und der „Tagesschau“spiele sie keine Rolle, doch bewegt sie Umfragen zufolge die Kirchenmitglieder, „und sie sind immer noch mehr als die Hälfte der Bevölkerung“. Kann man hier also noch von Allmacht und der Liebe Gottes sprechen? In Jesus Christus erkennt der Landesbischof anderes: „Er hat nicht getötet. Er hat geheilt. Er hat an der Seite der Leidenden gestanden und selbst die tiefsten Abgründe des Leidens erfahren.“