Tanzhaus in Donauwörth wird nun doch abgerissen
Donauwörther Stadtrat kippt den Beschluss von Anfang 2020 zur Sanierung des Gebäudes und votiert in einer erneut historischen Sitzung für einen Neubau. Wolfgang Fackler scheitert mit seinem Antrag für ein Ratsbegehren
Rolle rückwärts: Der Donauwörther Stadtrat kippt den Beschluss von Anfang 2020 zur Sanierung des Tanzhauses.
Donauwörth „Rolle rückwärts“in Sachen Tanzhaus: Das markante, historische Gebäude im Herzen Donauwörths soll nun doch der Abbruchbirne zum Opfer fallen. Damit wird alles anders kommen, als es der alte Stadtrat im Januar 2020 entschieden hatte. Damals hatte das Gremium für eine Sanierung der traditionsreichen Veranstaltungsstätte in der Reichsstraße votiert. Der neue Stadtrat kippte nun den seinerzeitigen Beschluss und will den Abriss und einen Neubau.
Das Ringen um die Zukunft des Tanzhauses war überraschend in eine neue Runde gegangen, als die Fraktionen von FW/PWG/Bürger für Donauwörth (BfD) sowie der EBD (Engagierte Bürger Donauwörths) den Antrag zum Abriss gestellt hatten. Die Gruppierungen erreichten in der historischen Sitzung des Magistrats ihr Ziel: 17 Stadtratsmitglieder und Oberbürgermeister Jürgen Sorré stimmten für den Abriss und einen Neubau, 13 dagegen. „Die Welt war im Januar 2020 noch eine andere“, meinte Sorré dazu vielsagend.
Aber der Reihe nach: Ralf Loitzsch von den Freien Wählern trug den Antrag vor. Er sprach von einem „Rucksack“, den der alte dem neuen Stadtrat mitgegeben habe. Es sei deshalb nicht unseriös, wenn „sich das neue Gremium mit rund 40 Prozent neuen Mandatsträgern“noch einmal mit dem Thema beschäftige. Nur ein nutzungsorientierter Neubau am jetzigen Standort könnte die Reichsstraße und das Gesamtquartier aufwerten, argumentierte Loitzsch. Dies sei eine „einmalige Chance“, flankiert durch einen Architektenwettbewerb, „eine ökologisch und ökonomisch optimierte Nachfolge für das dahinsiechende Tanzhaus zu finden“.
Man benötige einen „Treffpunkt für die Bürger“, schloss für die EBD Manfred Hofer an. Mit einem Rückbau setze man Zeichen, schaffe Platz und gebe der Reichsstraße jenen neuen Akzent, den sie dringend benötige. Hofer plädierte wie zuvor schon Loitzsch für einen „kostengünstig umsetzbaren Neuanfang“.
Jonathan Schädle (CSU) verteidigte den Beschluss des Stadtrats Anfang des vergangenen Jahres nach einem „langen, teils schmerzhaften Entscheidungsprozess“. Einen nicht unerheblichen Teil der Vorarbeiten habe man nicht verlieren wollen, wenn der Stadtrat (was klar gewesen sei) ein neues Gesicht bekomme. Schädle: „Es ging nie um den Willen, noch schnell etwas durchzudrücken.“Er stellte die Frage, warum das Votum für die Sanierung nicht „umgehend“umgesetzt worden sei. Die Bevölkerung habe seit Monaten darauf gewartet, „dass es losgeht“. Bereits jetzt könnte man in der Bauphase sein, kritisierte Schädle.
Der CSU-Fraktionsvorsitzende bedauerte, dass einmal gefasste demokratische Beschlüsse neu aufgerollt würden. „So kommen wir gar nicht mehr vorwärts.“Für ihn und seine Kollegen gebe es keine neuen Fakten. Eine Sanierung wäre schlicht wirtschaftlicher, könnte schneller erfolgen und hätte einen nachhaltigen Nutzen, erklärte Schädle. Er vermisst, wie er sagte, für einen Neubau eine tragfähige Konzeption. Seine Frage: „Wie viel Zeit soll denn noch verstreichen?“Bei einer Neubau-Entscheidung werde man um Jahre zurückgeworfen.
Den Zeitfaktor brachte auch Bärbel Stahl für die Grünen/Bündnis 90 ins Spiel. Sie appellierte, in jedem Fall die Ressourcen zu schonen. Innerhalb ihrer Fraktion werde man unterschiedlich abstimmen. Durch einen Neubau könnte man die Aufenthaltsqualität in der Reichsstraße verbessern, andererseits wäre eine
Sanierung wohl schneller durchzuführen. Stahl: „Wir fordern, dass im April mit den Planungen begonnen wird.“Ihre Anregung für einen Neubau: eine Lösung mit viel Holz.
Es mache angesichts der immensen jährlichen Defizite von rund 180.000 Euro es durchaus Sinn, „über ein kleineres, neues und dann hoffentlich auch wirtschaftlich zu betreibendes Objekt nachzudenken“, erklärte Brigitte KundingerSchmidt (SPD). Es sei nachdenkenswert, ob man sich den Luxus eines so großen Tanzhauses leisten wolle. In einem kleineren Gebäude könnte man genauso alle angedachten Nutzungen wie einen Saal, die Bibliothek, touristische ServiceEinrichtungen sowie ein Café/Bistro unterbringen. Sie lenkte den Blick auf das Gesamtareal um das Tanzhaus. Zusätzliche Parkflächen im Spindeltal, weitere Angebote für die bestehenden Kindertagesstätten, Erweiterungsflächen für die Mangoldschule oder ein barrierefreies Ärztehaus seien Themen. Kundinger-Schmidt: „Ein einzelnes Prestige-Objekt ist da nicht gerechtfertigt.“
Das Projekt Tanzhaus sei seit der Entscheidung vor mehr als einem Jahr „stiefmütterlich“behandelt worden, beklagte Markus Reichensberger (Aktive Liste und Junge Bürger). Er vermisse Respekt, erklärte der jüngste Stadtrat. „So lange abstimmen zu lassen, bis man die eigene Meinung durchsetzt“sei ein schlechter Stil. Ein Abriss würde zu einer weiteren enormen Verzögerung führen. Das Gebäude sei erst 50 Jahre alt, und es liege ein schlüssiges Sanierungskonzept vor, fügte Gustav Dinger (ÖDP) an. Deshalb sei die Sanierung der „richtige Weg“.
Er wisse, wie sehr das Tanzhaus, die Emotionen bewege, leitete Rathauschef Sorré (parteilos) die Begründung seines Standpunktes ein. Er wisse, dass er vor der Wahl teilweise anders gedacht habe, aber möglicherweise sei es einfach besser, einen „klaren Neuanfang“zu machen. Er habe sich der Idee für einen Neubau angenähert, weil „wir dadurch freier denken und einen städtebaulichen Akzent setzen könnten“.
Wenn sich der Stadtrat für einen Neubau entscheide, dann müsse ein Leuchtturmprojekt entstehen, in architektonischer Hinsicht, aber auch, was die Energie-Effizienz anbelange. Sorré sieht geringere Baukosten und geringere Unterhaltskosten.
Möglicherweise sei das Projekt auch für eine Beteiligung von Investoren interessant.
Der Oberbürgermeister äußerte konkrete Vorstellungen: Das historische Antlitz müsse gewahrt werden, es dürfe kein Gebäude mit reiner Glas- und Betonarchitektur entstehen, eine kleinere Kubatur könnte einen größeren Vorplatz ermöglichen, und der Neubau müsste in einem der schönsten Straßenzüge Süddeutschlands wieder eine historisch angepasste Fassade erhalten.
Er sehe nicht, dass der OB seiner Verpflichtung nachkomme, unterschiedliche Positionen zusammenzuführen, äußerte sich Wolfgang Fackler (CSU) sichtlich verärgert. Ein gespaltenes Gremium werde die Folge sein. Es gehe um Befriedung und einen Kompromiss. Man sei von dem Vorstoß einer erneuten Abstimmung überrascht worden, und es sei bedenklich, dass es keine Vorberatungen gegeben habe. Er plädierte, die Bürgerschaft mit einzubeziehen. Schließlich stellte er den Antrag, zum Tanzhaus ein Ratsbegehren durchzuführen. Nach einer Beratungspause stimmten aber zu wenige Ratsmitglieder für ein Bürgervotum, und damit fiel dieser Vorschlag durch.
CSU: Mit Neubau um Jahre zurückgeworfen