Was wird mit dem Denkmal für die Opfer des Kinderheims
Das Schicksal der Bewohner des ehemaligen Donauwörther Kinderheims hat viele schockiert. Wie steht es um die angekündigte Errichtung eines Denkmals für die Opfer?
Donauwörth Es waren schockierende und zu Herzen gehende Berichte, es waren schmerzhafte Erfahrungen, an denen die Betroffenen teils über Jahrzehnte lang zu leiden hatten. Das Kinderheim Donauwörth, eine Einrichtung der Stiftung Cassianeum, ist zwar bereits 1977 geschlossen worden – doch die Wunden sind bei den ehemaligen Bewohnern noch da. Zuletzt war mit der Stiftung vereinbart worden, dass ein Denk- oder Mahnmal an zentraler Stelle unweit des vormaligen Heimes errichtet werden soll. Bislang steht es noch nicht.
Peter Kosak, der jetzige Vorsitzende der Pädagogischen Stiftung Cassianeum, erklärt, dass das Vorhaben keineswegs in Vergessenheit geraten sei. Die Planungen seien lediglich „coronabedingt“gestoppt worden. Es sei nicht anders gegangen, da sich Vertreter der Stiftung und Betroffene unbedingt noch persönlich über die exakten Pläne austauschen sollten. „Die Grundidee steht“, betont Kosak: Es soll sich demnach nicht um eine bloße Plakette oder ein Schild handeln, das an das Schicksal der Heimkinder erinnert, sondern „um eine echte Installation, etwas Greifbares“. Die konkrete Gestaltung wolle die Stiftung allerdings im persönlichen Gespräch vereinbaren. Zudem wolle man den Betroffenen die Regelungen zu den Anerkennungsleistungen, auch Entschädigungsgeld genannt, erklären.
Grund für Entschädigung und ein würdiges Andenken gibt es den Berichten der damaligen Betroffenen zufolge mehr als genug. Wie mehrfach in der DZ berichtet, sollen körperliche und seelische Gewalt wie auch Kollektivstrafen zum Alltag in dem Kinderheim gehört haben. Im Fokus standen neben diversen Erzieherinnen auch der Pfarrer und damalige Kinderheimleiter Max Auer, ein
Sprössling der berühmten Verlegerfamilie. Das Ganze kam vor gut drei Jahren ans Licht, weil zwei Schwestern, die in den 1960er-Jahren in dem Heim untergebracht waren, die Vorkommnisse öffentlich gemacht hatten. Daraufhin meldeten sich weitere ehemalige Heimbewohner, die die Aussagen über Gewalt und seelische Gräuel bestätigten. Beschrieben wurde ein mitunter sklavenähnliches Dasein, welches auch von der Führung des Jugendamtes in Donauwörth getragen und unterstützt worden sei. Von für Arbeiten ausgeliehenen Heimkindern war ebenso die Rede wie von Vergewaltigungen, Schlägen und Trinkverboten. Mehrfach kam es zu Aussprachen von Betroffenen und Vertretern der Stiftung. Das Bistum Augsburg bat unlängst die Opfer „um Entschuldigung für das Leid, das ihnen damals im Kinderheim widerfahren ist“.
Vielen in Donauwörth war bis zur Aufdeckung der skandalösen Umstände in der Einrichtung die Existenz des Kinderheimes nicht bekannt. Es wurde 1977 geschlossen, Akten im Archiv seien laut Informationen der Stiftung Cassianeum nicht vorhanden.
Das Kinderheim Heilig Kreuz der Pädagogischen Stiftung Cassianeum befand sich im Klostergebäude von Heilig Kreuz in Donauwörth. Unternehmer (Auer-Verlag) und Pädagoge Ludwig Auer vermachte sein Erbe einer Stiftung, die nach seinem Tod 1914 im Jahr 1917 das „Erziehungsheim“gründete.
Geleitet wurde es zunächst von den Söhnen Ludwig Auers, später von seinem Enkel Max Auer. Unterstützt wurde er dabei von weltlichen Erzieherinnen.
Hinsichtlich des offenbar schrecklichen Erziehungsstils Max Auers wirkt ein berühmter Satz von dessen Großvater aus dem Werk „Erziehungslehre“schier zynisch: „Die wichtigste Erziehungsregel heißt: Liebe, immer Liebe, lauter Liebe. Zuviel Strenge verbittert, verhärtet, verbost das Kind, macht es misstrauisch, heuchlerisch, lügnerisch, boshaft.“Stiftungsvorsitzender Kosak erklärt indessen, dass die Causa „Denkmal“weiter fortgeführt werde, sobald es die pandemische Lage zulasse, dass sich Menschen wieder persönlich zusammensetzen können.