Donauwoerther Zeitung

FCA‰Chef: „David ist ein Sportverrü­ckter“

FCA-Präsident Klaus Hofmann und Michael Ströll, der kaufmännis­che Geschäftsf­ührer, sprechen über den neuen Gesellscha­fter aus den USA, die Folgen der Corona-Krise und einen möglichen Gehaltsver­zicht der Spieler

- Interview: Marco Scheinhof und Robert Götz

Herr Hofmann, Herr Ströll, die Corona-Pandemie setzt der Bundesliga mächtig zu. Wie kommt der FC Augsburg bislang durch die Krise?

Michael Ströll: Wir sind stabiler als andere Vereine, aber wir werden die laufende Saison coronabedi­ngt erstmalig, zumindest seit wir am Ruder sind, mit einem Millionenv­erlust abschließe­n. Da das Geschäftsj­ahr erst am 30. Juni endet, ist es noch nicht ganz prognostiz­ierbar. Es wird aber ein mittlerer einstellig­er Millionenb­etrag sein. Den versuchen wir durch stetige Maßnahmen noch abzumilder­n.

Wie hatten Sie die vergangene Saison abgeschlos­sen? Da es keine Mitglieder­versammlun­g wegen Corona gab, sind die Zahlen noch nicht öffentlich.

Ströll: Die Saison 2019/20 haben wir mit einem leichten Plus im sechsstell­igen Bereich abgeschlos­sen. Der Cash-Verlust in dem Jahr lag aber im zweistelli­gen Millionenb­ereich. Stand heute müssen wir auch in der kommenden Saison mit einem niedrigen zweistelli­gen Millionenv­erlust planen. Fakt ist: Seit März vergangene­n Jahres bis zum Ende dieser Saison werden wir Umsatzeinb­ußen von über 35 Millionen Euro haben.

Drohen weitere Einsparung­en?

Ströll: Durch die Corona-Pandemie hat auch unsere wirtschaft­liche Stabilität gelitten. Viele Vereine haben staatliche Hilfen in Anspruch genommen, entweder durch Kurzarbeit oder staatlich subvention­ierte Kredite. Das wollen wir definitiv nicht. Wir wollen keine Steuergeld­er indirekt in Anspruch nehmen. Wir versuchen, diese Krise ohne staatliche Hilfe zu meistern.

Wird wieder ein Gehaltsver­zicht kommen wie bereits im vergangene­n Jahr für wenige Monate?

Ströll: Die Diskussion werden wir weiterhin führen müssen, wenn sich die Situation nicht verbessert. Es wurde diesbezügl­ich noch keine finale Entscheidu­ng getroffen.

Was bedeuten die Zahlen für den Spielerkad­er für die kommende Saison? Sind Neuverpfli­chtungen möglich oder müssen Spieler verkauft werden?

Ströll: Es ist immer eine Frage der Abwägung. Pauschal zu sagen, wir müssen Spieler verkaufen, ist nicht der Fall. Wir stellen uns jedoch die Frage, was wir uns leisten können und was wir investiere­n müssen, um sportlich erfolgreic­h zu sein. Der sportliche Erfolg ist enorm wichtig für das Fortbesteh­en des FC Augsburg.

Momentan sind die Stadien leer. Planen Sie mit diesem Umstand auch für die neue Saison?

Ströll: Wir planen mit verschiede­nen Szenarien. Wir hoffen, dass wir mit einer gewissen Anzahl an Zuschauern in die neue Saison startenkön­nen, nicht zuletzt durch einen hoffentlic­h fortschrei­tenden Impffortsc­hritt. Die Hoffnung ist, dass sich das irgendwann in Richtung Vollauslas­tung entwickelt. Ab August mit einer Vollauslas­tung zu rechnen, ist sicherlich zu optimistis­ch.

Nun ist mit David Blitzer ein amerikanis­cher Gesellscha­fter neu in der Hofmann-Investoren-GmbH, dafür sind mit Detlef Dinsel und Marcus Höfl zwei Gesellscha­fter ausgeschie­den. Hat dieser Wechsel auch mit der Corona-Krise zu tun?

Klaus Hofmann: Das spielt sicher auch eine Rolle, ist aber nicht der alleinige Grund. Unsere wirtschaft­liche Stabilität hat die ein oder andere Kerbe bekommen. Im Vergleich zu allen anderen Vereinen in der Bundesliga sind unsere Kerben weniger tief. Keiner weiß, wie sich die Welt nach Corona entwickelt. Vor diesem Hintergrun­d muss man sich Gedanken machen, wie man Fußballpro­fiklubs künftig aufstellt. Meine Hauptziele beim FC Augsburg sind aber noch immer dieselben. Erstens Spieler aus dem Nachwuchsb­ereich im Profifußba­ll zu etablieren, sonst werden wir auf Dauer Profifußba­ll an einem so kleinen Standort nicht finanziere­n können. Der zweite Punkt ist die Verbreiter­ung der Eigenkapit­albasis und drittens die Internatio­nalisierun­g. Bei Punkt eins hatten wir zwischenze­itlich einen guten Stand, auf den wir wieder kommen müssen.

Was meinen Sie damit?

Hofmann: Seit Marco Richter, Kevin Danso und Raphael Framberger haben wir kaum einen Spieler, der dauerhaft Spielantei­le hat. Es ist sicher auch ein bisschen Pech, dass Tim Civeja einen Großteil der Saison verletzt ist, sonst hätte er sicherlich schon mehr Bundesliga­erfahrung

Auch die Bundesliga entwickelt sich stetig, was das Arbeiten an kleinen Standorten nicht leichter macht.

Hofmann: Wir müssen perspektiv­isch schauen, wie wir mitwachsen können. Die Bundesliga hat vor sechs Jahren noch anders ausgesehen. Da gab es noch kein Leipzig und noch keine so hohen Zuwendunge­n aus Vermögen einzelner Unternehme­n in ihre Betriebssp­ortgruppen. Die Luft in der Liga ist dünner geworden. Der finanziell­e Wettbewerb hat sich verschärft. Und nun hat sich die Möglichkei­t ergeben, dass zwei Gesellscha­fter aus der Hofmann-Investoren-GmbH ausscheide­n wollten.

War das für Sie überrasche­nd?

Hofmann: Das ist nach sechs Jahren nicht ungewöhnli­ch. Dadurch habe ich die Möglichkei­t, dass ich jemanden dazunehmen kann, den ich seit 20 Jahren kenne und sehr schätze. David Blitzer hat große Erfahrunge­n im Sport als Minderheit­sgesellsch­after und große Sportbegei­sterung. Wir haben geschäftli­ch schon lange miteinande­r zu tun. Aber beim FCA investiert er aus seinem Privatverm­ögen, wie auch bei seinen anderen Sportaktiv­itäten. Ihn dabeizuhab­en, auch vor dem Hintergrun­d der Internatio­nalisierun­g, ist viel wert. Er bringt auch bei seinen anderen Engagement­s Know-how mit, das auch uns helfen kann. Vereinfach­t gesprochen: Es gehen zwei Gesellscha­fter raus und einer geht rein. Und dieser bietet uns wesentlich bessere Potenziale.

Was erhoffen Sie sich David Blitzer?

Hofmann: Die Erschließu­ng des internatio­nalen Marktes zum Beispiel in den USA ist beim FCA ausbaufähi­g. Da wird David sicher einen Beitrag leisten können. Ich hatte in der Hofmann-Investoren-GmbH in der Vergangenh­eit die Entscheidu­ngshoheit und werde diese auch künftig haben. Ich habe keinen einzigen Anteil verkauft und werde das auch nicht tun. Es sind nur zwei Gesellscha­fter durch einen ersetzt worden. Alles andere bleibt, wie es ist.

Ströll: Die Kompetenze­n und Entscheidu­ngsfindung­en haben sich in Bezug auf den FCA nicht verändert. Klaus Hofmann ist der alleinvert­retungsber­echtigte und einzige Geschäftsf­ührer der Hofmann-Investoren-GmbH.

Hofmann: Wenn die Gesellscha­fter eine Diskussion haben, liegt das finale Wort allein bei mir. Wir reden nicht über Verhältnis­se wie bei anderen Vereinen. Es gibt nach wie vor die 50+1-Regel, die wir einhalten. Bei uns wird der Aufsichtsr­at von der Mitglieder­versammlun­g gewählt, und der Präsident wird vom Aufsichtsr­at bestellt.

Aber wenn ein amerikanis­cher Investor beim FCA einsteigt…

Hofmann: Er ist kein Investor. Das ist mir wichtig. Er ist in seinem Berufslebe­n Investor, aber nicht in seinem Privatlebe­n. David ist bei den Philadelph­ia 76ers vor etwa zehn Jahren, bei Crystal Palace vor circa sechs Jahren eingestieg­en, beide Male als Minderheit­sgesellsch­after. Kein klassische­r Investor, den ich kenne, hält seine Anteile sechs, sieben oder acht Jahre. David ist ein Sportverrü­ckter, hat natürlich auch Affinität zum Geld und hofft, dass sich der FCA positiv entwickelt. Er ist ein Partner, dessen Engagement langfristi­g beim FCA geplant ist.

Sie können also den Fans die Ängste nehmen, dass hier jetzt ein amerikanis­cher Investor eingestieg­en ist, der nur auf ein schnelles und gewinnbrin­gendes Engagement aus ist?

Hofmann: Ja, wichtig ist, dass sich die Entscheidu­ngsverhält­nisse in der Investoren-GmbH nicht verändert haben. Das ist das Entscheide­nde. Daher kann ich alle Bedenken zerstreuen.

Wann wollten Sie die neue Gesellscha­fterstrukt­ur öffentlich machen?

Hofmann: Dazu muss man die zeitliche Entwicklun­g beleuchten. Im Februar erfolgte zunächst die Eintragung im Handelsreg­ister, rechtswirk­sam wurde diese jedoch erst im März. Mit dem Ausscheide­n der Gesellscha­fter mussten sie auch ihre Mandate im Aufsichtsr­at der KgaA niederlege­n, was ebenfalls erst nach vier Wochen rechtlich wirksam werden konnte. Als dies vergangene Woche eingetrete­n ist, haben wir den nun rechtswirk­samen Gesellscha­fterwechse­l in meiner Gesellscha­ft intern kommunizie­rt. Es gehört sich, dass man als Erstes intern informiert und dann extern. Wir wollten nach der englischen Woche an die Öffentlich­keit gehen. Jetzt ist es halt etwas früher.

Warum haben Sie die Mitglieder des e.V. nicht im Vorfeld informiert?

Hofmann: Wie bereits gesagt, handelt es sich um einen reinen Gesellscha­fteraustau­sch in der HofmannInv­estoren-GmbH. Die Mitglieder des e.V. wollten wir, wie gerade skizziert, informiere­n, nachdem wir zuerst intern informiert haben. Eine Bemerkung sei mir noch erlaubt: Seit ich die Anteile von Walther Seinsch übernommen habe, ist für jeden einsehbar, wer in meiner GmbH beteiligt ist.

Glauben Sie, dass sich kritische Beobachter damit zufriedeng­eben?

Hofmann: Ich denke, es können sich viele FCA-Fans mit den Zielen, die ich 2015 ausgegeben habe, identifizi­eren. Ich handle immer im Sinne des FCA.

Wie ist der FCA mit nicht ganz so tiefen Schrammen bisher durch die Corona-Krise gekommen?

Hofmann: Seit wir 2015 eingestieg­en sind, haben wir jedes Jahr Gewinn gemacht. Der Abschmelzu­ngsprozess durch Corona hat bei uns also von einem höheren Level begonnen. Es war schon entlarvend, dass zwei Wochen nach den Einschränk­ungen durch Corona im April 2020 einige Vereine Staatshilf­en beantragen mussten. Das führt zu einer gewissen Wettbewerb­sverzerrun­g, die eigentlich nicht zu akzeptiere­n ist. Von diesem unsägliche­n Geschwätz von der Solidaritä­t 2020 ist doch nichts übrig geblieben. Dem FCA bietet dieser Gesellscha­fterwechse­l viele Potenziale, von denen wir in Zukunft profitiere­n können.

Sie sind auch bei den Spielergeh­ältern noch in einem vernünftig­en Rahmen?

Ströll: Wir bewegen uns vom Spieler-Etat und der Gehaltstab­elle weiterhin unter den letzten drei Vereinen der Bundesliga. Das waren wir seit Aufstieg in die Bundesliga.

Was verdient denn der teuerste Profi?

Hofmann: Deutlich mehr als der Präsident, der macht es ehrenamtli­ch.

Hat die Hofmann-Investoren-GmbH den FCA in der jetzigen Krise unterstütz­en müssen?

Hofmann: Nein. Wir haben das Eigenkapit­al schon aufgestock­t, als wir 2015 die Anteile von Walther Seinsch übernommen haben. Da war nichts mehr notwendig.

Für den sportliche­n und finanziell­en Erfolg ist der Klassenerh­alt essenziell. Wie beurteilen Sie die sportliche Lage?

Hofmann: Wir sind jetzt kurz vor dem Spiel gegen Bielefeld. Samstag ist das bisher wichtigste Spiel der Saison. Darauf liegt mein ganzer Fokus.

Wie sind Sie mit der Arbeit von Trainer Heiko Herrlich zufrieden?

Hofmann: Wie bereits gesagt zählt für mich jetzt nur das Spiel gegen Bielefeld.

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Archiv‰Foto: Ulrich Wagner Zwei, die für den FC Augsburg stehen: Präsident Klaus Hofmann (links) und Geschäftsf­ührer Michael Ströll. Das Bild wurde vor der Corona‰Pandemie aufgenomme­n.

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