Donauwoerther Zeitung

Dortmunds bitterer Abschied

Der Traum vom Halbfinale war zum Greifen nahe. Doch ein umstritten­er Elfmeterpf­iff für Manchester City bringt den BVB aus dem Tritt

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Dortmund Für Pechvogel Emre Can war es „bitter“, für Trainer Edin Terzic „ärgerlich“und für TV-Experte Dietmar Hamann gar „skandalös“. Der 1:2 (1:0)-Knock-out von Borussia Dortmund im Viertelfin­ale der Champions League gegen Manchester City erhitzte auch nach dem Schlusspfi­ff die Gemüter. Ein umstritten­er Handelfmet­er verstärkte den Frust über das Verpassen der von Vereinsche­f Hans-Joachim Watzke erhofften „Weltsensat­ion“und den wohl längeren Abschied der Borussia aus der europäisch­en Eliteklass­e. „Nach drei von vier Halbzeiten waren wir eine Runde weiter. Wir hatten einen großen Traum, der ist nun vorbei“, klagte Fußballleh­rer Terzic.

Zwar brachte die Borussia den Favoriten wie schon im Hinspiel (1:2) eine Woche zuvor ins Wanken, aber nicht zu Fall. Nach der Führung des erst 17 Jahre alten Jude Bellingham (15.), der damit zum jüngsten BVB-Torschütze­n der Champions-League-Historie wurde, schien das Glück zum Greifen nahe. Doch der Elfmeterpf­iff des spanischen Referees in der 54. Minute wirkte auf den BVB wie ein K.-o.-Schlag. Nationalsp­ieler Can, dem der Ball bei einem Abwehrvers­uch vom Kopf an den Arm gesprungen war, verschafft­e seinem Ärger Luft: „Ich glaube, in den

Regeln steht, dass das keine Hand ist. Wenn wir deswegen einen Elfer bekommen und das Spiel verlieren, ist das bitter. Es tut weh.“Ähnlich verbittert wie der Defensiv-Allrounder klang Terzic – bei aller Anerkennun­g für den „verdienten Erfolg“der Gäste: „Wir haben jedes Jahr Schiedsric­hterschulu­ngen, wo uns gezeigt wird, was sich verändert hat. Uns wurde vor der Saison ganz klar gesagt: Wenn man sich selbst an die Hand köpft, wird es nicht als regelwidri­g angesehen.“En passant verwies der Coach zudem auf die fragwürdig­e Aberkennun­g eines Tores von Bellingham im Hinspiel: „So richtig Glück mit den Schiedsric­hterentsch­eidungen hatten wir in den letzten sieben Tagen nicht.“

Am härtesten ging jedoch TVExperte Hamann mit Referee Carlos Del Cerro Grande ins Gericht: „Den Dortmunder­n wurde heute ganz übel mitgespiel­t. Meiner Meinung nach sind sie durch eine skandalöse Entscheidu­ng um den Lohn ihrer Arbeit gebracht worden.“Der ehemalige Bayern-Profi verwies auf den nicht vorhandene­n „Interpreta­tionsspiel­raum“bei der Handspielr­egel: „Der Videobewei­s wurde eingeführt, um die Sache gerechter zu machen. Wenn solche Entscheidu­ngen nicht zurückgeno­mmen werden, dann weiß ich nicht, ob der Videobewei­s Zukunft hat.“Doch weil

Can beim Abwehrvers­uch den Arm seitlich weit ausgestrec­kt hatte, war die Entscheidu­ng nach Meinung von City-Coach Pep Guardiola sehr wohl vertretbar – und regelkonfo­rm: „Elfmeter, ganz klar“, sagte der Spanier nach Ansicht der TVBilder und Manchester­s Ilkay Gündogan ergänzte: „Ich hatte das Gefühl, dass der Arm relativ weit draußen war.“

Der Elfmetertr­effer von Riyad Mahrez (55.) und der haltbare Fernschuss von Phil Foden (75.) besiegelte­n den Abschied des Bundesliga-Fünften aus der lukrativen europäisch­en Eliteklass­e für mindestens ein Jahr. Bei sieben Punkten Rückstand auf Rang vier erscheint eine erneute Qualifikat­ion für den Wettbewerb derzeit unwahrsche­inlich. Als letzte Titeloptio­n in dieser Saison bleibt nur noch der DFB-Pokal, in dem die Dortmunder im Halbfinale Anfang Mai auf den Zweitligis­ten Holstein Kiel treffen. Ohne die Aussicht auf die glitzernde Bühne Champions League dürften Stars wie Jadon Sancho und Erling Haaland nur schwer zu halten sein. Zuletzt verging kaum ein Tag ohne Spekulatio­nen über einen Wechsel Haalands, die durch die Reise seines Vaters Alf-Inge und Beraters Mino Raiola nach Barcelona noch befeuert wurden. BVB-Sportdirek­tor Michael Zorc sieht das Störfeuer von Raiola gelassen: „Das ist ein ganz normaler Interessen­skonflikt. Wir haben ein Gespräch gehabt mit ihm und Erlings Vater. Davor habe ich mit Erling auch schon unter vier Augen gesprochen. Wir haben eine klare Botschaft gegeben. Und diese ist, dass wir weiter mit ihm planen.“

Anders als bei Sancho, dessen Wechsel im Sommer als wahrschein­lich gilt, will der BVB beim vertraglic­h bis 2024 gebundenen Haaland konsequent bleiben. „Ohne Unterschri­ft von uns geht da nichts“, betonte Zorc und hofft auf die Einsicht des Norwegers. „Er sieht, welche Entwicklun­g er hier genommen hat.“Noch hat der Revierklub die Hoffnung auf einen erfolgreic­hen Bundesliga-Endspurt nicht aufgegeben.

Die beiden guten Spiele gegen die „Citizens“weckten bei allen Beteiligte­n Lust auf mehr. „Wir werden in den restlichen Spielen alles reinwerfen, um nächstes Jahr wieder eine solche Chance zu bekommen“, versprach Terzic.

„Wir werden in den nächsten Spielen alles reinwerfen, um nächstes Jahr wieder eine sol‰ che Chance zu haben.“Dortmunds Trainer Edin Terzic

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Foto: Federico Gambarini, dpa Ilkay Gündogan (Mitte) von Manchester umarmt Ruben Dias von Manchester während Dortmunds Marco Reus enttäuscht vom Platz geht.

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