Unternehmer müssen ab heute Mitarbeiter testen
Seit Montag gilt die Pflicht für Unternehmer, ihren Mitarbeitern Corona-Tests anzubieten. Firmen in der Region setzt das unter Druck. Einige hatten bisher noch nichts angeboten
Firmen in der Region fühlen sich durch die Test-Pflicht ihrer Mitarbeiter, die ab heute gilt, unter Druck gesetzt.
Landkreis Zwei Wellen der CoronaPandemie hat der Landkreis bereits hinter sich – doch in keiner stieg die Sieben-Tage-Inzidenz so stark an wie aktuell in der dritten Welle. Am Donnerstag stellte der Landkreis Donau-Ries mit einem Wert von 268 einen neuen Höchststand in der Region auf, bundesweit sieht die Entwicklung ebenfalls dramatisch aus. Die Bundesregierung versucht daher, nun auch die Unternehmen stärker in die Pflicht zu nehmen. Seit Montag sind sie gezwungen, ihren Mitarbeitern mindestens einen Corona-Test pro Woche anzubieten. Damit sind die Firmen nun in der Bringschuld – ihre Vertreter in der Region halten die Pflicht für das „falsche Signal“.
So jedenfalls argumentiert die Industrieund Handelskammer Schwaben (IHK) in einer Pressemitteilung vom Dienstag. Unternehmerin Eva Hummel sagt: „Das ist natürlich auch eine Kostenfrage.“Die Chefin des Café Hummel in Donauwörth hatte bislang noch kein Konzept ausgearbeitet, mit dem Mitarbeiter getestet werden konnten. Vergangene Woche hat sie für die Vorbereitung genutzt. Bei ihr arbeiten 60 Personen, eine Infektion habe es im Betrieb bisher noch nicht gegeben.
Wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bekannt gegeben hatte, müsse nun „auch die Arbeitswelt einen stärkeren Beitrag im Kampf gegen Corona leisten“. Die Regeln, die bis Ende Juni gelten, sehen unter anderem vor, dass auf der Arbeit Abstände eingehalten werden müssen und so viele Angestellte wie möglich ins Homeoffice geschickt werden sollen. Die Testangebotspflicht kommt nun hinzu. Sie betrifft alle Mitarbeiter, die nicht ausschließlich zu Hause arbeiten, für besonders infektionsgefährdete Berufe ist zudem ein zweites, zusätzliches Testangebot wöchentlich Pflicht. Vorgesehen sind dafür Antigen-Schnelltests, wie Heil sagt.
Nachdem es im Betrieb von Airbus Helicopters in Donauwörth im März eine Vielzahl an Infektionen gab, hatte das Unternehmen ein mobiles Testzentrum auf dem Gelände eingerichtet. Dieses ist inzwischen wieder abgebaut, wie Unternehmenssprecher Gregor von Kursell sagt. Ein umfassendes Testkonzept richte das Unternehmen nun aktuell Versuche habe es bereits seit einiger Zeit gegeben. Als besonders praktisch hätten sich dabei Selbsttests erwiesen. „Wenn man diese den Mitarbeitern zur Verfügung stellt, können sie sich zu Hause testen“, sagt von Kursell. So würden die Mitarbeiter eine mögliche Infektion eventuell feststellen können, bevor sie den Betrieb beträten.
Aus Sicht der IHK Schwaben ist die Arbeitsschutzverordnung, deren Teil die Pflicht für Tests ist, „eine schlechte Entscheidung für die bayerisch-schwäbische Wirtschaft“. Insgesamt koste der Aufwand, Tests bereitzustellen, Unternehmen im gesamten Bezirk rund 100 Millionen Euro. „Das ist für die krisengeschüttelte Wirtschaft ein großer Betrag“, heißt es in der Pressemitteilung. Die Berechnung der IHK legt Kosten von je 130 Euro für 758.000 Beschäftigte zugrunde, ignoriert aber, dass für Angestellte im Homeoffice keine Tests nötig wären und bezieht Kosten für Gesichtsmasken zusätzlich mit ein – dürfte also deutlich zu hoch liegen. Es sei „im Eigeninteresse der Unternehmen, ihre Beschäftigten auch durch Corona-Tests zu schützen“, schreibt die IHK. Eine Umfrage bei den Unternehmen der Region zeigt jedoch, dass bei Weitem nicht alle Firmen ein solches Angebot freiwillig auf die Beine gestellt haben.
So sagt etwa Manuel Gastl, der in Rain eine Metzgerei leitet, dass er bis zum Ende der Woche noch keine Strategie in Sachen Tests für seine Mitarbeiter ausgearbeitet habe. „Wir besorgen einige Billigtests und dann passt das“, sagt er. Anders ist der Ansatz bei der Molkerei Zott in Mertingen: Man begrüße grundsätzlich alle staatlichen Initiativen, die zu einer Erweiterung der Testmöglichkeiten führen, schreibt Unternehmenssprecherin Michael Matthäus. „Wir haben ein eigenes kleines Testzentrum und bieten dort kostenfrei Testmöglichkeiten an. Wir finden es schade, dass gesetzliche Verpflichtungen notwendig sind, um sinnvolle Maßnahmen durchzusetzen.“
Zahlreiche Forscher hatten schon länger strengere Vorgaben für Arbeitgeber gefordert. Eine Pflicht dazu, so viele Arbeitsplätze wie möglich ins Homeoffice zu verlegen, gibt es etwa nach wie vor nicht. Freiwilliein, ge Testangebote würden mit einer Pflicht nun abgewertet werden, kritisiert die IHK. Dem hält das Bundeswirtschaftsministerium entgegen, dass sich nicht viel ändere – zumindest für die Unternehmen, die bereits ein solches Angebot aufgebaut hätten. Anderen geht die neue Regelung nicht weit genug: Denn Tests bleiben freiwillig. Eine Vorschrift, dass Angestellte einen negativen Test bräuchten, um Betriebe zu betreten, fehlt. Der bayerische Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst (Linke) bezeichnet dieses Fehlen als „unmöglich“und sagt: „So kann man das nicht machen.“
Auch Stadtverwaltung und Landratsamt in Donauwörth sind Arbeitgeber für viele Menschen in der Region – wenn auch keine Wirtschaftsunternehmen. Testangebote gibt es im Rathaus schon länger: Zwei Mal wöchentlich würde dort getestet, Mitarbeiter der Stadt könnten zudem an jedem Werktag ein Angebot bei einer Apotheke nutzen. Das Landratsamt gibt an, Selbsttests für Mitarbeiter in Präsenz beschafft zu haben. Diese werden demnach mit Beginn dieser Woche an die Mitarbeiter ausgegeben.