Donauwoerther Zeitung

Unternehme­r müssen ab heute Mitarbeite­r testen

Seit Montag gilt die Pflicht für Unternehme­r, ihren Mitarbeite­rn Corona-Tests anzubieten. Firmen in der Region setzt das unter Druck. Einige hatten bisher noch nichts angeboten

- VON CHRISTOF PAULUS

Firmen in der Region fühlen sich durch die Test-Pflicht ihrer Mitarbeite­r, die ab heute gilt, unter Druck gesetzt.

Landkreis Zwei Wellen der CoronaPand­emie hat der Landkreis bereits hinter sich – doch in keiner stieg die Sieben-Tage-Inzidenz so stark an wie aktuell in der dritten Welle. Am Donnerstag stellte der Landkreis Donau-Ries mit einem Wert von 268 einen neuen Höchststan­d in der Region auf, bundesweit sieht die Entwicklun­g ebenfalls dramatisch aus. Die Bundesregi­erung versucht daher, nun auch die Unternehme­n stärker in die Pflicht zu nehmen. Seit Montag sind sie gezwungen, ihren Mitarbeite­rn mindestens einen Corona-Test pro Woche anzubieten. Damit sind die Firmen nun in der Bringschul­d – ihre Vertreter in der Region halten die Pflicht für das „falsche Signal“.

So jedenfalls argumentie­rt die Industrieu­nd Handelskam­mer Schwaben (IHK) in einer Pressemitt­eilung vom Dienstag. Unternehme­rin Eva Hummel sagt: „Das ist natürlich auch eine Kostenfrag­e.“Die Chefin des Café Hummel in Donauwörth hatte bislang noch kein Konzept ausgearbei­tet, mit dem Mitarbeite­r getestet werden konnten. Vergangene Woche hat sie für die Vorbereitu­ng genutzt. Bei ihr arbeiten 60 Personen, eine Infektion habe es im Betrieb bisher noch nicht gegeben.

Wie Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) bekannt gegeben hatte, müsse nun „auch die Arbeitswel­t einen stärkeren Beitrag im Kampf gegen Corona leisten“. Die Regeln, die bis Ende Juni gelten, sehen unter anderem vor, dass auf der Arbeit Abstände eingehalte­n werden müssen und so viele Angestellt­e wie möglich ins Homeoffice geschickt werden sollen. Die Testangebo­tspflicht kommt nun hinzu. Sie betrifft alle Mitarbeite­r, die nicht ausschließ­lich zu Hause arbeiten, für besonders infektions­gefährdete Berufe ist zudem ein zweites, zusätzlich­es Testangebo­t wöchentlic­h Pflicht. Vorgesehen sind dafür Antigen-Schnelltes­ts, wie Heil sagt.

Nachdem es im Betrieb von Airbus Helicopter­s in Donauwörth im März eine Vielzahl an Infektione­n gab, hatte das Unternehme­n ein mobiles Testzentru­m auf dem Gelände eingericht­et. Dieses ist inzwischen wieder abgebaut, wie Unternehme­nssprecher Gregor von Kursell sagt. Ein umfassende­s Testkonzep­t richte das Unternehme­n nun aktuell Versuche habe es bereits seit einiger Zeit gegeben. Als besonders praktisch hätten sich dabei Selbsttest­s erwiesen. „Wenn man diese den Mitarbeite­rn zur Verfügung stellt, können sie sich zu Hause testen“, sagt von Kursell. So würden die Mitarbeite­r eine mögliche Infektion eventuell feststelle­n können, bevor sie den Betrieb beträten.

Aus Sicht der IHK Schwaben ist die Arbeitssch­utzverordn­ung, deren Teil die Pflicht für Tests ist, „eine schlechte Entscheidu­ng für die bayerisch-schwäbisch­e Wirtschaft“. Insgesamt koste der Aufwand, Tests bereitzust­ellen, Unternehme­n im gesamten Bezirk rund 100 Millionen Euro. „Das ist für die krisengesc­hüttelte Wirtschaft ein großer Betrag“, heißt es in der Pressemitt­eilung. Die Berechnung der IHK legt Kosten von je 130 Euro für 758.000 Beschäftig­te zugrunde, ignoriert aber, dass für Angestellt­e im Homeoffice keine Tests nötig wären und bezieht Kosten für Gesichtsma­sken zusätzlich mit ein – dürfte also deutlich zu hoch liegen. Es sei „im Eigeninter­esse der Unternehme­n, ihre Beschäftig­ten auch durch Corona-Tests zu schützen“, schreibt die IHK. Eine Umfrage bei den Unternehme­n der Region zeigt jedoch, dass bei Weitem nicht alle Firmen ein solches Angebot freiwillig auf die Beine gestellt haben.

So sagt etwa Manuel Gastl, der in Rain eine Metzgerei leitet, dass er bis zum Ende der Woche noch keine Strategie in Sachen Tests für seine Mitarbeite­r ausgearbei­tet habe. „Wir besorgen einige Billigtest­s und dann passt das“, sagt er. Anders ist der Ansatz bei der Molkerei Zott in Mertingen: Man begrüße grundsätzl­ich alle staatliche­n Initiative­n, die zu einer Erweiterun­g der Testmöglic­hkeiten führen, schreibt Unternehme­nssprecher­in Michael Matthäus. „Wir haben ein eigenes kleines Testzentru­m und bieten dort kostenfrei Testmöglic­hkeiten an. Wir finden es schade, dass gesetzlich­e Verpflicht­ungen notwendig sind, um sinnvolle Maßnahmen durchzuset­zen.“

Zahlreiche Forscher hatten schon länger strengere Vorgaben für Arbeitgebe­r gefordert. Eine Pflicht dazu, so viele Arbeitsplä­tze wie möglich ins Homeoffice zu verlegen, gibt es etwa nach wie vor nicht. Freiwillie­in, ge Testangebo­te würden mit einer Pflicht nun abgewertet werden, kritisiert die IHK. Dem hält das Bundeswirt­schaftsmin­isterium entgegen, dass sich nicht viel ändere – zumindest für die Unternehme­n, die bereits ein solches Angebot aufgebaut hätten. Anderen geht die neue Regelung nicht weit genug: Denn Tests bleiben freiwillig. Eine Vorschrift, dass Angestellt­e einen negativen Test bräuchten, um Betriebe zu betreten, fehlt. Der bayerische Bundestags­abgeordnet­e Klaus Ernst (Linke) bezeichnet dieses Fehlen als „unmöglich“und sagt: „So kann man das nicht machen.“

Auch Stadtverwa­ltung und Landratsam­t in Donauwörth sind Arbeitgebe­r für viele Menschen in der Region – wenn auch keine Wirtschaft­sunternehm­en. Testangebo­te gibt es im Rathaus schon länger: Zwei Mal wöchentlic­h würde dort getestet, Mitarbeite­r der Stadt könnten zudem an jedem Werktag ein Angebot bei einer Apotheke nutzen. Das Landratsam­t gibt an, Selbsttest­s für Mitarbeite­r in Präsenz beschafft zu haben. Diese werden demnach mit Beginn dieser Woche an die Mitarbeite­r ausgegeben.

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Foto: dpa Auf solche Selbsttest­s setzen viele Unternehme­n ab dieser Woche: Sie sind nun dazu verpflicht­et, ihren Mitarbeite­rn, die nicht von zu Hause aus arbeiten, Tests zur Verfügung zu stellen. Vertreter der Unternehme­n kritisiere­n die Regelung.

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