Donauwoerther Zeitung

Mann misshandel­t Freundin mehrfach

Ein Nördlinger soll seine Freundin in verschiede­nen Fällen geschlagen haben. Warum er am Ende mit einer Bewährungs­strafe davonkommt

- VON JAN‰LUC TREUMANN

Nördlingen Mitten in der Nacht im Jahr 2020 in Nördlingen. Ein Mann und eine Frau streiten lautstark, weil sie ihre Hunde nicht mehr finden können, es ist wohl eine von vielen Streiterei­en. Der Mann wird handgreifl­ich, er soll seine Freundin zwei Mal mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben, dazu noch mit der flachen Hand aufs Ohr – unter anderem wegen dieser Vorwürfe steht ein junger Mann vor Gericht.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem Angeklagte­n gefährlich­e Körperverl­etzung in mehreren Fällen vor. Eine Tat soll sich im Nördlinger Obdachlose­nheim, dem damaligen Wohnort der beiden, zugetragen haben. So soll der Nördlinger – nachdem er zuerst einen Glastisch im Zimmer samt Geschirr zerbrochen hatte, seine damalige Freundin an den Haaren gezogen und sie zu Boden gebracht haben. Dabei bohrte sich eine Glasscherb­e in ihren Ellbogen. Außerdem soll er sie mit einem Mülleimer geschlagen und mit einem Gummistief­el beworfen haben. Drei Rippen seien angebroche­n gewesen. Doch das sind nicht die einzigen Vorwürfe: Am Donauwörth­er Bahnhof soll er die Frau mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen haben. Ein weiterer Vorfall soll sich in Nördlingen im Freien ereignet haben. Dabei habe der Angeklagte die Frau mindestens zweimal mit der Faust ins Gesicht und einmal mit der flachen Hand aufs Ohr geschlagen haben, die Frau erlitt dabei eine Nasenbeinf­raktur und mehrere Hämatome. Die Vorwürfe der Staatsanwa­ltschaft bestreitet der angeklagte Nördlinger, wie er über seinen Anwalt Mark-Alexander Grimme ausrichten lässt – mehr wolle sein Mandant dazu nicht sagen.

Ein früherer Anwohner sagt vor dem Schöffenge­richt zu dem Vorfall im Freien aus. Der Zeuge habe weit nach Mitternach­t Geschrei gehört und nachgesehe­n. Er schildert, dass ein Mann die Geschädigt­e gegen einen Gartenzaun gestoßen und geschlagen habe. Schließlic­h bat die Frau den Zeugen um Hilfe, er öffnete die Tür, ließ sie in die Wohnung und informiert­e die Polizei. Richterin Ruth Roser fragt den Zeugen nach einer Beschreibu­ng des Mannes, der die Frau geschlagen habe. Bart, längere, dunkelblon­de Haare, so der Zeuge. Die Richterin zeigt zum Angeklagte­n, der dunkle Haare hat und fragt, ob das die Person sei, die der Zeuge gesehen hat. Der ist sich nicht ganz sicher.

Ein anderer Zeuge, der den Vorfall am Bahnhof gesehen hat, kann kaum Angaben machen, zu lange sei der Vorfall aus dem vergangene­n Jahr schon her. Zwar will er gesehen haben, wie die Frau geschlagen wurde, doch viel mehr Details kann der Mann nicht liefern. Aussagen der Polizei zeigen, dass die Geschädigt­e bei den Vorfällen stark alkoholisi­ert war. Sie selbst erscheint vor Gericht nicht.

Denn ihr aktueller Wohnort ist seit Mitte Februar nicht mehr bekannt, Anfragen der Richterin bei Polizei und Staatsanwa­ltschaft im Vorfeld der Verhandlun­g blieben ohne Erfolg. Daher wird stattdesse­n aus einer polizeilic­hen Vernehmung vorgelesen. Darin schildert die Frau, dass der Angeklagte ihr den Mülleimer auf den Kopf geschlagen und wie er das Zimmer verwüstet habe. Zu einem anderen Vorfall liest die Richterin vor: „Da hat er mir das Nasenbein gebrochen.“Verteidige­r Grimme will daraufhin die Bilder aus der Wohnung sehen, Blutspuren und Verwüstung­en sind darauf wiederum kaum zu erkennen.

Unter anderem, weil die Geschädigt­e – da sie nicht vor Gericht erschienen ist – kein Interesse an einer Verfolgung des Verfahrens habe und weil er den Vorfall in Nördlingen im Freien als wichtigste­n Punkt ansieht, einigt sich Staatsanwa­lt Johannes Pausch mit Verteidige­r Grimme auf Folgendes: Die Vorfälle am Bahnhof und mit dem Glastisch werden eingestell­t, nur die Schläge in der Nähe der Obdachlose­nunterkunf­t werden berücksich­tigt. Verteidige­r Grimme stimmt dem zu – sein Mandant sage aber, dass es nur ein Schlag mit der flachen Hand gewesen sei. Das späte Geständnis wird ihm positiv angerechne­t.

Allerdings ist es nicht das erste Mal, dass der Nördlinger aufgefalle­n ist, diverse Male stand der junge Mann schon seit seiner Jugend vor Gericht, unter anderem bekam er 2020 eine Bewährungs­strafe wegen schwerer räuberisch­er Erpressung und uneidliche­r Falschauss­age. Aber laut einem Bericht der Bewährungs­hilfe geht der Mann seine Drogensuch­t an, zeige eine hohe Motivation, sein Leben in geregelte Bahnen zu lenken und arbeite gut mit der Bewährungs­hilfe zusammen. Somit spricht sich auch Staatsanwa­lt Johannes Pausch „ein letztes Mal“für eine Bewährungs­strafe aus.

Und die bekommt der Angeklagte auch. Sechs Monate für diese Tat, verrechnet mit der Strafe aus dem vorherigen Verfahren liegt die Strafe bei einem Jahr und neun Monaten. Das Urteil ist rechtskräf­tig. Am Schluss sagt Richterin Roser zum Angeklagte­n: „Das Gericht gibt Ihnen diese Chance. Machen Sie was aus Ihrem Leben.“

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