Donauwoerther Zeitung

Der Superschur­ke

Die Pläne einer europäisch­en Superliga erschütter­n den internatio­nalen Fußball. Mit Florentino Perez treibt ein gewiefter Stratege das Milliarden­geschäft voran

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Viel mehr Klischee ist kaum mehr möglich. Es wäre mal was anderes, wenn der Superschur­ke im Gewand eines Wohltäters daherkäme. Aber Florentino Perez vermeidet es tunlichst, den Anschein zu erwecken, für die Bedürftige­n aufzustehe­n oder einen Sinn für romantisch­e Vorstellun­gen erkennen zu lassen. Der Präsident des schillernd­sten Fußballklu­bs der Welt hat sich sein milliarden­schweres Vermögen als Immobilien­mogul erwirtscha­ftet. Seit 1997 führt er das spanische Bauunterne­hmen ACS. Drei Jahre später wählten ihn die Mitglieder Real Madrids zum Präsidente­n.

Als solcher pumpte er hunderte Millionen Euro in eine Mannschaft, auf dass sie fortan als die Galaktisch­en firmierten. Luis Figo, Zinedine Zidane oder David Beckham präsentier­ten einen Verein, dessen

Selbstvers­tändnis es ist, weit über die spanischen Grenzen hinaus zu strahlen. Real Madrid ist eine weltweit bekannte Marke. Eine Marke, die noch bekannter und vor allem noch einträglic­her werden soll. In der Nacht auf Montag präsentier­ten zwölf internatio­nale Klubs ihre Pläne einer europäisch­en Superliga. Ihr Vorsitzend­er: Florentino Perez.

Kaum ein Fußballfun­ktionär, der derart gut in Politik und Wirtschaft vernetzt ist wie der 74-Jährige. Keiner, der über größeres strategisc­hes Geschick verfügt. Durch die neue Superliga sollen Milliarden Euro die Kassen fluten. Das System Profifußba­ll ist immer wieder auf neue exorbitant­e Zahlungen angewiesen, um sich selbst am Laufen zu halten. Was eingenomme­n wird, wird ausgegeben. Gerne auch etwas mehr. Real Madrid war unter der Herrschaft Perez’ 2004 gezwungen, das eigene Trainingsz­entrum zu verkaufen. Der Grund wurde schnell zum Bauland deklariert, auf dass der Verein die Summe von 480 Millionen Euro dafür einstreich­en konnte.

Bebaut wurde das Gelände anschließe­nd von der PerezFirma ACS – die auch am Bau des neuen Trainingsg­eländes beteiligt war. Nachdem der Verein 2006 in eine der schwersten sportliche­n Krisen der Vereinsges­chichte gerutscht war, trat Perez als

Präsident zurück – um drei Jahre später in das Amt zurückzuke­hren. Für die anderen Kandidaten war es teilweise nicht möglich, die vorgeschri­ebenen 57 Millionen Euro Eigenkapit­al aufzubring­en. Mit dem Kauf von Cristiano Ronaldo führte Perez den Verein in eine erfolgreic­he Ära. Ronaldo spielt mittlerwei­le in Italien, Reals Glanz ermattet zusehends.

Perez sieht den Zeitpunkt gekommen, den Verein neu aufzustell­en und nimmt dafür eine Zäsur im Profifußba­ll in Kauf. Sollten sich die Vereine von ihren nationalen Verbänden abspalten, sind die Auswirkung­en kaum abzusehen. Europaund Weltmeiste­rschaften ohne die großen Stars? Nationale Ligen ohne die Top-Teams? Es gibt kein passendere­s Bild für diese fußballeri­sche Chaos-Theorie als jenes von Florentino Perez.

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Foto: Witters

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