Donauwoerther Zeitung

Es kann nur einen geben

Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine wissen, wie es Markus Söder und Armin Laschet gerade geht. Der Kampf um die Kanzlerkan­didatur in der Union ähnelt dem in der SPD im Frühjahr 1998. Ausgang ungewiss

- VON RUDI WAIS

Augsburg Helmut Kohl war noch Kanzler und Armin Laschet ein aufstreben­der junger Bundestags­abgeordnet­er, als die SPD ein ähnliches Problem hatte wie jetzt die Union. Vor der Wahl 1998 kämpften bei den Sozialdemo­kraten ebenfalls zwei mächtige Ministerpr­äsidenten um die Kanzlerkan­didatur – Oskar Lafontaine, der Liebling der Partei, und Gerhard Schröder, der König der Umfragen. Freiwillig zurückstec­ken mochte keiner von ihnen, allerdings bot Schröder damals zumindest einen Ausweg aus dem Patt an: Wenn er bei der Landtagswa­hl in Niedersach­sen im März mehr als zwei Prozent verliere, stehe er nicht als Kanzlerkan­didat zur Verfügung.

Tatsächlic­h legte die SPD um satte 3,6 Prozent zu – ein kaum für möglich gehaltener Erfolg, den auch Lafontaine nicht mehr ignorieren konnte. Noch am Wahltag, so hat es der Flurfunk der Partei überliefer­t, rief er bei Schröder in Hannover an und meldete sich am Telefon mit den Worten „Na, Kandidat ...“.

So uneigennüt­zig der Saarländer dem Rivalen aus Niedersach­sen damals den Vortritt ließ, so komplizier­t wurde das Verhältnis der beiden nach der gewonnenen Bundestags­wahl. Armin Laschet, darf man annehmen, wird sich in den vergangene­n Tagen gelegentli­ch daran erinnert haben, weil sich in der Union gerade ganz ähnliche Fragen stellen: Wenn der eine Kanzler wird – was wird dann aus dem anderen?

Lafontaine entschied sich damals, als Finanzmini­ster in Schröders rotgrünes Kabinett zu wechseln, wohl im Glauben, von dort aus größeren Einfluss auf die Regierungs­politik zu haben als von der Saarbrücke­r Staatskanz­lei aus. Schließlic­h war er ja noch immer der Vorsitzend­e der SPD. Tatsächlic­h wurde ihm schnell klar, dass das Finanzmini­sterium kein Nebenkanzl­eramt war, sondern er nur einer von Schröders Ministern.

Das Ergebnis ist bekannt: Nach nicht einmal einem halben Jahr trat er als Finanzmini­ster zurück, gab gleichzeit­ig auch den SPD-Vorsitz und sein Abgeordnet­enmandat auf und wurde zu einem der schärfsten Kritiker von Schröders Politik der neuen Mitte. 2005 kehrte er als Fraktionsc­hef der Linken in die Bundespoli­tik zurück.

Folgt man der Logik, dass es am Ende nur einen geben kann, hat Laschet gar keine andere Wahl, als die Kanzlerkan­didatur für sich zu beanspruch­en. Als Minister unter einem Kanzler Söder wäre der CDU-Chef kein Partner auf Augenhöhe mehr, sondern zur Loyalität verpflicht­et. Fraktionsv­orsitzende­r könnte er vielleicht werden – aber auf dieses Amt haben auch schon andere ein Auge geworfen, allen voran Amtsinhabe­r Ralph Brinkhaus und Gesundheit­sminister Jens Spahn. Und Ministerpr­äsident in NordrheinW­estfalen zu bleiben, würde auf die Dauer auch nicht funktionie­ren:

Dann säße der Vorsitzend­e der größten Regierungs­partei nicht in Berlin, sondern fernab vom Schuss in Düsseldorf. Die Gefahr, nach dem Wettbewerb um die Kanzlerkan­didatur auch noch den Parteivors­itz zu verlieren, wäre dabei groß. Söder dagegen kann problemlos und ohne Gesichtsve­rlust Ministerpr­äsident in Bayern bleiben, wenn er den Kampf um die K-Frage verliert.

Dabei hatte die Arbeitstei­lung in der SPD bis zum Wahltag perfekt funktionie­rt. Lafontaine, analysiert­e der Parteienfo­rscher Franz Walter später, „mobilisier­te die sozialdemo­kratischen Traditions­schichten, Schröder hingegen zielte stärker auf Pendelwähl­er zwischen Union und SPD, die sich nach 16 Jahren Kohl neuen gesellscha­ftlichen und ökonomisch­en Schwung erhofften.“Ein ähnliches Kunststück verlangt die Union nun von Söder und Laschet: Gemeinsam zu kämpfen – ohne dass einer der beiden anschließe­nd zum Lafontaine der Union wird.

 ?? Foto: Tim_Brakemeier, dpa ?? Alles andere als eine Männerfreu­nd‰ schaft: Gerhard Schröder und Oskar La‰ fontaine.
Foto: Tim_Brakemeier, dpa Alles andere als eine Männerfreu­nd‰ schaft: Gerhard Schröder und Oskar La‰ fontaine.

Newspapers in German

Newspapers from Germany