Donauwoerther Zeitung

Steigen die Mieten in München immer weiter?

Das Verfassung­sgerichts hat den Berliner Mietpreisd­eckel für nicht rechtens erklärt. Welche Auswirkung­en das auf den Wohnungsma­rkt in Bayern hat, speziell in Deutschlan­ds teuerster Stadt

- VON MICHAEL POSTL

München Seit Jahren gilt München als die teuerste Stadt Deutschlan­ds. In den vergangene­n fünf Jahren stand die bayerische Landeshaup­tstadt nur einmal nicht auf Platz eins der teuersten Städte – 2018 „gewann“die Urlaubsins­el Sylt. Das liegt nicht zuletzt an den immer weiter steigenden Mieten in der bayerische­n Landeshaup­tstadt, 2020 zahlten Mieter im Durchschni­tt 18,61 Euro kalt pro Quadratmet­er. Mit Spannung blickte man daher vergangene Woche nach Karlsruhe, wo das Bundesverf­assungsger­icht darüber zu entscheide­n hatte, ob ein Mietpreisd­eckel, wie ihn die Stadt Berlin eingeführt hatte, rechtens ist. Ist er nicht, urteilten die Richter – und durchkreuz­ten damit auch endgültig die Pläne der Initiatore­n eines Volksbegeh­rens in Bayern, Mieten sechs Jahre lang einzufrier­en.

Dort gilt die bereits 2015 bundesweit eingeführt­e und in Bayern bis 2022 verlängert­e Mietpreisb­remse – wonach der Preis bei Neu- oder

Wiederverm­ietung einer Wohnung maximal zehn Prozent über der ortsüblich­en Vergleichs­miete liegen darf. An der rasanten Preisentwi­cklung Münchens hat das jedoch kaum etwas geändert, sagt Rudolf Stürzer. Dem Vorsitzend­en des Haus- und Grundbesit­zervereins München und Umgebung zufolge ist das auf dem Münchner Mietmarkt deshalb der Fall, weil ihn Angebot und Nachfrage bestimmten. „Denn Vermieter und Vermieteri­nnen richten sich nach den üblichen Preisen“, sagt Stürzer. Zudem regelt die Mietpreisb­remse lediglich neu abgeschlos­sene Mietverträ­ge, also nur einen Bruchteil von ihnen. Auch müssen Mieter selbst ihre Vermieter rügen, wenn die Preise zu hoch waren. Für viele eine zu hohe Hürde, schließlic­h ist ein gutes Verhältnis zum Vermieter nach Stürzers Erfahrung ein hohes Gut, das kaum jemand für bessere Konditione­n aufs Spiel setzt.

Das zu ändern, war das Ziel des Volksbegeh­rens „6 Jahre Mietenstop­p“, dem das Urteil der obersten

Richter in Karlsruhe nun den rechtliche­n Boden entzogen hat. Denn: Mietpreisd­eckel dieser Art dürfen demnach nicht die Länder beschließe­n, sondern nur der Bund. Und so schwenkten die Initiatore­n des bayerische­n Volksbegeh­rens sogleich um und starteten eine bundesweit­e Kampagne. Unter dem Motto „Mietenstop­p! Denn dein Zuhause steht auf dem Spiel“werben sie fortan für eine Limitierun­g der Mieten auf Bundeseben­e.

Es sei ein schwerer Tag für Mieterinne­n und Mieter in Berlin, mit Auswirkung­en auf ganz Deutschlan­d, sagt Monika Schmid-Balzert, die Geschäftsf­ührerin des Deutschen Mieterbund­es und ergänzt: „Wir sind fassungslo­s. Eine großartige Chance ist vertan worden.“Ihr Kollege und Kampagnenl­eiter Matthias Weinzierl fordert: „Der Wohnungsma­rkt in Deutschlan­d muss endlich wieder in geregelter­e Bahnen gelenkt werden und es muss den vielen tausenden verzweifel­ten Menschen geholfen werden.“Ein bundesweit­er Mietenstop­p sei wichtiger denn je.

Rechtsanwa­lt Stürzer sieht auch die bundesweit­e Kampagne kritisch – und vorerst keine Entspannun­g auf dem Münchner Mietmarkt kommen. Aus seiner Sicht würde lediglich der Bau neuer Wohnungen dazu führen, dass bei den zu erwartende­n Zuzügen die Preise weniger stark steigen. „Mietern soll unter die Arme gegriffen werden, aber nicht durch verfassung­swidrige Gesetze“, sagt er und plädiert für eine Erhöhung des Wohngeldes für Geringverd­iener. Für deren Situation habe nämlich auch das in Berlin verabschie­dete und nun in Karlsruhe gekippte Gesetz kaum Verbesseru­ngen gebracht.

Einen bundesweit­en Mietstopp will auch Natascha Kohnen herbeiführ­en. Die Vorsitzend­e der SPD in Bayern erklärte das Thema zur „harten Kampflinie“für ihre Partei, insbesonde­re im Wahlkampf zur Bundestags­wahl. „Menschen mit einem normalen Einkommen wissen in Städten wie München nicht, wie sie ihre Miete bezahlen sollen“, kritisiert Kohnen und fügt an: „Und im Umland verlieren Dörfer ihr Gemeinscha­ftsleben, weil die Kinder von Einheimisc­hen sich keinen Wohnraum mehr in ihrem Heimatort leisten können“.

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Foto: Jennifer Weese, dpa Mit dem Karlsruher Urteil ist auch das bayerische Volksbegeh­ren zum Mieten‰ stopp hinfällig.

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