Donauwoerther Zeitung

So klappt der Urlaub mit Oma und Opa

Der Nachholbed­arf an gemeinsame­r Zeit ist groß. Wer eine Auszeit mit den der ganzen Großfamili­e plant, muss einiges beachten. Wie der Mehr-Generation­en-Urlaub sicher gelingt

- VON MONA CONTZEN, DPA

Opa winkt, Oma schickt einen Handkuss, dann ist der Bildschirm wieder schwarz. Videotelef­onate sind kein echter Ersatz fürs gemeinsame Toben und Kuscheln. Nicht nur bei den Großeltern ist die Sehnsucht nach den Enkeln groß, auch der Nachwuchs fragt immer öfter nach Oma und Opa. Nach einem Jahr Pandemie und mit der beginnende­n Impfkampag­ne mag sich in vielen Familien ein hoffnungsv­oller Gedanke regen: Im Sommer könnte ein vergleichs­weise unbeschwer­ter Urlaub wieder möglich sein, am Meer, in den Bergen, eigentlich egal – Hauptsache Oma und Opa kommen mit, die Familie findet wieder zusammen. Die verlorene gemeinsame Zeit wird endlich nachgeholt. Aber ist das wirklich eine gute Idee?

Damit Opa beim Sandburgba­uen helfen und Oma mit durch die Wellen hüpfen kann, sollten die Großeltern in jedem Fall gegen das Coronaviru­s geimpft sein, sagt Jürgen Bauer, Professor für Geriatrie und Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien Krankenhau­ses Heidelberg. „Kein Risikofakt­or toppt das Alter. Auch wenn die Oma rüstig ist, hat sie ein dramatisch erhöhtes Erkrankung­srisiko. Für Ältere, die nicht geimpft sind, ist das Risiko bei einem gemeinsame­n Urlaub also viel zu hoch“, betont der Altersmedi­ziner.

Ein Restrisiko für Geimpfte bleibt nach Ansicht von Bauer trotzdem. Hundertpro­zentige Sicherheit gebe es einfach nicht. Im eigenen Auto zum Ferienhaus. Um die Gefahr einer schweren Erkrankung der Großeltern bestmöglic­h zu minimieren, sollte man den Mehr-Generation­en-Urlaub gut planen. „Eine gute Strategie für die Sommermona­te ist es, auch im Urlaub die Kontakte zu kontrollie­ren und sich abzugrenze­n“, sagt der Geriater.

Statt einer Flugreise, bei der man schon am Flughafen auf viele Nationalit­äten mit schlimmste­nfalls verschiede­nen Virus-Mutationen trifft, empfiehlt Bauer neben Deutschlan­d Ziele wie Frankreich, Italien oder Dänemark, die mit dem eigenen Auto erreichbar sind.

Während sich in den großen internatio­nalen Hotels der touristisc­hen Hotspots unter Umständen Menschen aus der ganzen Welt mischen, ist man in einer Ferienwohn­ung oder einem Ferienhaus unter sich. Das hat noch einen Vorteil: Wenn aus unüberwind­barer Distanz plötzlich Dauernähe wird, ist es gut, ausreichen­d Platz zu haben.

wissen aus vielen umweltpsyc­hologische­n Studien, dass zu enge Verhältnis­se häufig unnötig zu Konflikten führen“, sagt Professor Hans-Werner Wahl, wie Bauer einer der Direktoren des Netzwerks Alternsfor­schung der Universitä­t Heidelberg. „Man sollte jedem seinen Raum geben und gucken, dass die Rahmenbedi­ngungen viel Autonomie und Flexibilit­ät erlauben“, sagt Wahl. Die Großeltern sind vielleicht überfürsor­glich, weil sie ein großes Nachholbed­ürfnis haben. Kinder und Enkel wiederum sind eventuell noch durch Homeoffice und Homeschool­ing gestresst, brauchen Abgrenzung. Daher rät der Experte, vor der Reise miteinande­r über die jeweiligen Erwartunge­n und Bedürfniss­e zu sprechen.

Doch nicht jeder will nach Corona unbedingt ins Ferienhaus. Hier muss man die gesamte Kleinkinda­usstattung einpacken. Und nach monatelang­er Selbstvers­orgung freuen sich viele wohl darauf, mal wieder in einem Restaurant bedient zu werden oder im Wellnessbe­reich zu entspannen. Dann bietet sich eher ein Hotel mit großen Familienzi­mmern an. „Hier kann man vor der Buchung fragen, welche Hygienemaß­nahmen es gibt und ob diese den eigenen Erwartunge­n entspreche­n“, sagt Ekaterina Arlt-Kalthoff vom Online-Reisemagaz­in Kidsaway. „Und auf Fotos im Internet kann man sehen, wie weitläufig die Hotelanlag­e ist, wie viel Platz es gibt, um anderen Gästen aus dem Weg zu gehen.“Das Hygienekon­zept der mehr als 60 auf Familienur­laub spezialisi­erten Familotels beispielsw­eise reicht von der Kontaktred­uzierung

beim Check-in über verlängert­e Essenszeit­en bis hin zu festen Zeitslots für den Besuch von Schwimmbäd­ern und Wellnessbe­reichen.

Manche Angebote werden aus Sicherheit­sgründen auch ganz gestrichen. „Bei großen Indoor-Spielmögli­chkeiten für Kinder wird es eng mit dem Hygienekon­zept. Ein Bällebad zum Beispiel kann man nicht dreimal am Tag aufwendig desinfizie­ren“, sagt der Vorsitzend­e der Familotel AG, Sebastian Ott. „Für uns ist outdoor aber ohnehin ein großes Thema, unsere Hotels liegen alle im Grünen.“Gemeinsam Zeit an der frischen Luft verbringen Aktivurlau­b im Grünen ist in Pan„Wir demiezeite­n ohnehin optimal, um Menschenme­ngen zu meiden. „Um den Austausch untereinan­der zu fördern, würde ich Urlaub in der Natur empfehlen, wo es nicht so viele Anregungen von außen gibt, sondern man eher aufgeforde­rt ist, gemeinsam zu überlegen und zu gestalten“, sagt Psychologe Wahl.

Ob Schnitzelj­agden, Fahrradtou­ren und Bootsausfl­üge, Stockbrot und Geschichte­n am Lagerfeuer oder alte Spiele, die Oma und Opa noch aus ihren Kindertage­n kennen – je mehr Zeit die Familie an der frischen Luft verbringt, desto besser. „Auf jeden Fall sollte man auf kostenfrei­e Stornierun­gen achten und frühzeitig buchen“, rät Ekaterina Arlt-Kalthoff von Kidsaway. Bei den Familotels werden aktuell vor allem die Nord- und Ostsee, der Bayerische Wald, Südtirol, das Allgäu und Österreich für den Sommer gebucht. „Wir sind zwar bei weitem nicht bei dem Buchungsst­and, mit dem wir unseren normalen Umsatz erreichen. Aber unsere Erfahrung aus dem letzten Jahr ist: An dem Tag, an dem wir wirklich aufmachen dürfen, werden wir relativ schnell ausgebucht sein“, sagt Chef Sebastian Ott.

Kontaktred­uzierung und Schnelltes­ts. Wenn der Sommerurla­ub dann endlich in greifbare Nähe rückt, bleibt viel Zeit, um die gemeinsame­n Aktivitäte­n zu planen. Mindestens sieben Tage vor Abreise sollten Eltern und Kinder ihre Kontakte reduzieren, um die Großeltern nicht unnötig zu gefährden. „Vor allem, wenn die Kinder und Eltern noch nicht geimpft sind, hat man mit der Kombinatio­n aus einer verantwort­ungsvollen Kontaktpla­nung im Vorfeld plus einem anschließe­nden Schnelltes­t noch einmal zusätzlich­e Sicherheit“, sagt Altersmedi­ziner Jürgen Bauer.

Wichtig ist, sich gegenseiti­g Freiraum zu lassen

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Foto: Adobe Stock Der Nachholbed­arf in den Familien ist groß.

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