Raphael will Metzger werden
Mit seinem Berufswunsch ist der 17-Jährige inzwischen einer von wenigen. Was begeistert ihn an der Arbeit?
Eigentlich wollte Raphael schon immer Metzger werden. Deswegen war es für ihn keine große Frage, was er nach seinem Mittelschulabschluss im Sommer 2023 machen wollte. Seit September macht er bei der Schlossmetzgerei der Stiftung Sankt Johannes in Schweinspoint seine Ausbildung, als einer von fünf Azubis im ganzen Landkreis. Was begeistert Raphael an der Arbeit als Metzger – und was bedeutet die Entwicklung für die Metzger im Kreis DonauRies?
Der 17-Jährige wuchs als jüngstes von drei Kindern auf einem Biobauernhof im Rainer Ortsteil Feldheim auf. „Ich war schon früher beim Schlachten immer dabei und habe auch gerne gekocht“, erzählt er. Das Kochen sei auch das Einzige gewesen, was seinem Wunsch, Metzger zu werden, je ernsthaft Konkurrenz gemacht habe, zumindest zeitweise. „Dann ist es aber doch in Richtung Metzger gegangen.“
Die Schlossmetzgerei war Raphael nicht fremd: Als Schüler absolvierte er bereits ein einwöchiges Praktikum in der Küche der Stiftung, war im Zuge dessen auch einige Tage in der Metzgerei. Das habe ihm gut gefallen. „Ich wollte meine Ausbildung nicht in einem zu großen Betrieb machen, wo man das Handwerk nicht mehr richtig lernt“, sagt er. Das Handwerk richtig lernen, das heißt: Schlachten, Zerlegen, Wursten, Brühen, Räuchern. Nur wenige Metzger schlachten noch selbst. In Schweinspoint dagegen passiert das jeden Montag, wie Alois Krämer, der die Metzgerei leitet und für die Ausbildung verantwortlich ist, erzählt. „Es ist ein vielseitiger Beruf.“
Das sieht auch Lars Bubnick so. Er ist Geschäftsführer des Landesinnungsverbands für das bayerische Fleischerhandwerk. „Früher gab es durchaus den Mythos, dass der Fleischer beim Schlachten im dunklen Kämmerlein steht“, sagt er. „Inzwischen haben wir einen ziemlichen Imagewandel hinbekommen und ein Großteil der Bevölkerung weiß, dass es sich um einen hochtechnologischen Beruf handelt. Man mischt hier nicht einfach Fleisch zusammen, was da chemisch und biologisch passiert, ist sehr komplex.“Zudem gebe es seit 2016 weitere Zusatzqualifikationen, etwa zum Fleischsommelier oder im Bereich Barbecue.
Trotzdem weiß auch Bubnick, wie es um die Branche steht. „Tatsache ist, dass die geburtenstarken Jahrgänge nach und nach in Ruhestand gehen und nur rund die Hälfte an Jugendlichen nachkommt“, sagt er. Besonders stark sei hier der Verkauf betroffen, sogar noch stärker als die Ausbildung zum Fleischer, bei der sich die Lage zumindest ein wenig verbessert habe. Dennoch: „Ich bin seit zwölf Jahren in der Branche und seitdem sind die Bewerbungszahlen rückläufig.“
Für die Metzgerei in Schweinspoint war Raphaels Bewerbung ein Glücksfall. Der letzte Azubi vor ihm war ein Werkstattklient der Stiftung Sankt Johannes, habe aber seine Ausbildung vor zwei Jahren aus gesundheitlichen Gründen abbrechen müssen, wie Krämer erzählt. Ansonsten sei es Jahre her, dass sich jemand dafür interessiert hätte.
„Man muss das auch wirklich mögen und Freude dran haben, sonst macht es keinen Sinn“, sagt Krämer, der selbst seit rund 40 Jahren
in dem Beruf arbeitet. „Es ist auch ein bisschen eine Berufung.“
Raphaels Arbeitstag beginnt frühmorgens um 6 Uhr – und damit ist er schon relativ spät dran. „Das liegt daran, dass er noch keine 18 ist“, erklärt Krämer. „Das schreibt der Arbeitsschutz vor, dass er vor 6 Uhr nicht anfangen darf.“Im Juni hat Raphael Geburtstag, ab dann kann er gleichzeitig mit seinen Kollegen um 4.30 Uhr starten. Ist ihm das nicht zu früh? „Ich war eigentlich schon immer ein Frühaufsteher, man gewöhnt sich dran“, sagt Raphael. Den Arbeitsweg von Feldheim nach Schweinspoint bringt der 17-Jährige entweder auf dem Fahrrad oder mit einem Kollegen im Auto hinter sich. Dienstags ist sein Berufsschultag, den Rest der Woche verbringt er dann wieder in der Metzgerei.
Und was gefällt ihm am besten? „Wursten und zerlegen“, sagt Raphael überzeugt. „Da lernt man auch die einzelnen Fleischstücke gut kennen.“Und sein Ausbilder fügt hinzu: „Da war ich wirklich positiv überrascht, als er zum ersten Mal dabei war und eine Rinderschulter ausgelöst hat. Das hat er wirklich super gemacht.“
Um dem Azubimangel entgegenzuwirken, wirbt die Stiftung Sankt Johannes aktiv nach Azubis, unter anderem auf dem Berufswegekompass in Harburg. Werbung macht auch der Landesinnungsverband für das bayerische Fleischerhandwerk. „Wir bieten unter anderem auch Aktionen an, bei denen Jugendliche mit der VR-Brille ihre eigene Wurst machen können. Wir wollen zeigen, dass der Beruf nicht so verstaubt ist, wie man oft meint“, erzählt Bubnick. Dazu komme die Bezahlung: Im ersten Lehrjahr verdienen die Auszubildenden 1100 Euro, in den beiden weiteren Jahren kommen je 100 Euro dazu. Viele Ausbildungsbetriebe böten zusätzliche Leistungen für die Azubis an, zahlten beispielsweise den Führerschein oder das Smartphone.
Und um eines muss man sich immerhin bislang noch keine Gedanken machen: Die Nachfrage nach Fleisch und Wurst sei im vergangenen Jahr nicht gesunken, wie Bubnick versichert. Im Gegenteil: Im Weihnachtsgeschäft habe sich der Absatz im Vergleich zu den Vorjahren sogar noch etwas erhöht.