Als Harburg noch eine Geschäftsmeile hatte
Ein Vortrag führt zurück in das Jahr 1949. Zum damaligen Stadtjubiläum warben über 60 Betriebe. Viele davon waren in der Donauwörther Straße angesiedelt.
Harburg Welch blühende Geschäftsmeile vor 75 Jahren die Donauwörther Straße in Harburg war, davon konnten sich die Besucherinnen und Besucher einer Veranstaltung jetzt einen Eindruck verschaffen. Über 60 Einzelbetriebe der Stadt Harburg waren mit einem Inserat und einem Firmenporträt in einer Sonderbeilage der Donauwörther Zeitung vertreten, die am 5. August 1949 erschien. Den Anlass dafür bot die Hundertjahrfeier der Stadterhebung Harburgs von 1849.
Ein anschauliches Bild von dieser enormen Vielfalt des örtlichen Geschäfts- und Wirtschaftslebens vor einem Dreivierteljahrhundert entwarf der Vortrag von Elfi Hlawon-Schmid und Richard Hlawon für das Bildungswerk Harburg. Die Veranstaltung stellte bereits einen Teil des 175-jährigen Stadtjubiläums dar, welches heuer begangen wird. Die Idee zum Vortrag stammte vom 2022 gestorbenen Harburger Klaus Lembeck. Er hatte vor, auf der Grundlage der Werbeanzeigen von 1949 „Firmenschilder“zu gestalten und sie zum Stadtfest im Juni 2024 an den betreffenden Häusern anzubringen. So sollte das kleinteilige, lebendige und bunte Wirtschaftsleben von einst im heutigen Stadtbild wieder sichtbar werden.
Die Präsentation mit den damaligen Werbeanzeigen, Firmenbeschreibungen und Fotos startete in der Donauwörther Landstraße bei der Firma Märker, passierte die Donauwörther Straße, in der seinerzeit fast jedes Haus ein Geschäft, ein Lokal oder einen Handwerker beherbergte, machte dann einen Abstecher über die steinerne Brücke, kehrte zurück zum Marktplatz, zog hinauf in die Schloßstraße und in die Nördlinger Straße und endete in der Egelseestraße.
Der älteste heute noch bestehende Betrieb ist die Zimmerei Link. Sie wurde im Jahr 1850 gegründet, also nur ein Jahr nach der Stadterhebung Harburgs, und kann im Jahr 2025 ebenfalls ihr 175-jähriges Bestehen feiern. Das Firmenporträt der Zimmerei aus der Donauwörther Zeitung vom 5. August 1949 lautete so: „Dieses weit über Harburg hinaus bekannte und geschätzte Unternehmen wurde in rund 100 Jahren von seinen Besitzern aus kleinsten Anfängen und primitivsten Arbeitsmethoden zu seiner heutigen Bedeutung entwickelt. Und gerade jetzt wieder wurde eine neue Werkstätte mit 200 Quadratmetern Arbeitsraum und modernster, maschineller Einrichtung für Bauschreinerei erstellt. Ein reichhaltiges Lager aller Holzarten steht zur
Verfügung.“Weiter heißt es, die Firma empfehle sich besonders für künstlerische Ausführung von Hauseingangstüren und Treppenbau. Der neue Dachstuhl für das im Zweiten Weltkrieg durch einen Luftangriff der Alliierten schwer beschädigte Kloster St. Ursula in Donauwörth sei eine der letzten größeren Arbeiten von „Meister Link“gewesen.
Auch bei der Renovierung des Harburger Schlosses sei die Firma maßgeblich beteiligt gewesen: „Die eichene Aufgangstreppe zum
Rittersaal, der Kassettenfußboden im Rittersaal und die gesamte Regaleinrichtung der Schlossbibliothek zeugen von großem handwerklichen Können.“
Das Fazit eines der Besucher, bei denen viele Erinnerungen wachgerufen worden waren: „Man hat damals alles, was man für den Lebensbedarf brauchte, im Ort gekriegt. Heute musst du für jeden Nagel in den Baumarkt fahren.“
Sechs der damaligen Firmen wurden von Heimatvertriebenen geführt, die in ihrer neuen Heimat
bereits Fuß gefasst hatten. Was hat von der einstigen Vielfalt den wirtschaftlichen Wandel bis heute überstanden? Von den insgesamt 63 inserierenden Firmen existieren heute noch nur noch elf: ein großer Industriebetrieb, zwei Bankfilialen, zwei Gaststätten und sechs Handwerksbetriebe. Sämtliche 16 Einzelhandelsgeschäfte aber von damals sind verschwunden.
Bei dem Vortrag zu sehen gab es auch ein Schwarz-Weiß-Foto, das einige Harburger Handwerksmeister
im Jahr 1950 zeigt. Auf Schloss Harburg gab es eine Abschlussfeier nach den Renovierungsarbeiten, die für den Umzug der fürstlichen Bibliothek und der Kunstsammlungen von Maihingen auf die Harburg durchgeführt worden waren. Die Szene zeigt Eugen Fürst von Oettingen-Wallerstein, Rupprecht Kronprinz von Bayern, Bürgermeister Löw, Seilermeister Henninger, Glasermeister Wiedemann, Maurermeister Winter, Zimmermeister Link und Steinmetzmeister Fischer. (Hla)