Wurde „Schwarzangler“selbst betrogen?
Ein Mann steht vor Gericht, weil er im Landkreis zu Unrecht fischte. Aber der Mann wurde wohl selbst Opfer eines größeren Betrugs. Wohin eine Spur führt.
Natürlich benötigt ein Angler die richtige Ausrüstung: Ohne Angelrute, Köder und Kescher bekommt man normalerweise keinen Fisch aus Wörnitz und Donau. Doch damit der Fischfang auch rechtmäßig abläuft, müssen Anglerinnen und Angler hierzulande einen Fischereischein vorweisen können. Das tat ein Mann im Landkreis auch, als ihn die Polizei im vergangenen Jahr erwischte – doch sein Dokument war gefälscht. Vor Gericht stellt sich der Fall aber womöglich anders dar, als zunächst angenommen.
Denn Staatsanwältin Anna-Lena Pilsel geht vor dem Nördlinger Amtsgericht zunächst von Folgendem aus: Der 53-Jährige beschaffte sich laut Anklage einen falschen Prüfungsnachweis von einem Fischereiverein. Demnach habe er im Jahr 2021 eine Prüfung absolviert.
Damit ließ er sich eine Jahreskarte zum Fischen in der Region ausstellen und zeigte seinen Schein auch bei einer Kontrolle durch die Polizei vor. Urkundenfälschung, lautet der Vorwurf. Doch der 53-Jährige präsentiert vor Gericht eine andere Version.
Der Mann selbst ist kein deutscher Staatsbürger, spricht teilweise Deutsch, kommuniziert vor Gericht aber auch mithilfe einer Dolmetscherin. Das ist für diesen Fall wichtig, denn in der Sprachbarriere liegt der Ursprung dieses Prozesses. Der Mann versteht Russisch, und im Jahr 2019, so schildert er, habe er entsprechend eine Prüfung auf Russisch in einem Fischereiverein absolviert. Das Ganze war im saarländischen Dillingen, fünf Stunden sei der Angeklagte unterwegs gewesen. Bei der Prüfung seien 15 Personen und zwei Prüfer gewesen, einer habe Russisch gesprochen. „Ich bin da extra hingegangen, damit ich es
auf Russisch machen kann. Eine Woche, höchstens zehn Tage später, habe ich den Schein per Post zugeschickt bekommen.“
Zwar war ihm laut eigener Aussage aufgefallen, dass der Schein nicht unterschrieben war, dennoch holte er sich beim Angelverein eine Jahreskarte. Im vergangenen Jahr kontrollierte ihn schließlich die Polizei, die ihm den Angelschein nahm – zum Unverständnis des Mannes: „Ich war ganz verwundert, habe gefragt, warum, was ist los mit mir?“Mehrmals habe er im Nachhinein bei der Polizei versucht, weitere Antworten zu bekommen, erfolglos.
Richterin Sandra Fischer ist etwas skeptisch, etwa hinsichtlich der fehlenden Unterschrift und unstimmiger Daten: „Das ist doch unlogisch.“Nicht auf alle Fragen hat der Angeklagte Antworten, weiß etwa nicht mehr die Namen der Prüfer, doch immerhin noch die Adresse. „Die Prüfung ist im Angelverein gewesen.“Die Richterin fragt: „Sie wollen damit sagen, dass Sie auch auf Betrüger reingefallen sind?“
Vor Gericht sagt auch ein Polizist aus dem Landkreis aus, der den Fall bearbeitet hat. Der 29-Jährige fragte im Zuge der Ermittlungen im Saarland an: „Ich habe das an die Fischereibehörde Saar gegeben. Die haben die Auskunft gegeben, dass er nie rechtmäßig den Fischereischein erworben hat.“Er wisse, dass es russischsprachige Kurse im Saarland gibt, das sei ihm so bestätigt worden. Die Richterin schildert dem Beamten die Aussage des Angeklagten: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass hier jemand Kasse macht“, so Fischer. Auch für den 29-Jährigen scheint eine größere Betrugsmasche, bei der sich Betrüger vermeintliche Fischereiprüfungen bezahlen lassen, im Bereich des Möglichen: „Das klingt glaubhaft.“
Der Polizist sagt, dem Angeklagten hätte manches auffallen können, etwa, dass Prüfungen in dem Bundesland absolviert werden müssten, in dem diejenige Person wohnt. Es sei aber sicher auch schwierig, wenn es nicht jemandes Muttersprache sei. Er hofft, dass ihm der 53-Jährige im Nachhinein noch weitere Hinweise geben kann. Richterin Fischer stellt das Verfahren schließlich ein.