Donauwoerther Zeitung

Friedhof unter Sankt Georg birgt Problem

An der Stelle, an der jetzt das Gotteshaus steht, wurden offenbar lange Zeit Verstorben­e bestattet. Das wirkt sich jetzt auf den Bau aus, erklärt der Stadtbaume­ister.

- Von Martina Bachmann

Fast 600 Jahre ist es her, dass die Vorfahren der Nördlinger­innen und Nördlinger den Grundstein für die Kirche Sankt Georg gelegt haben. Interessan­t ist aus heutiger Sicht, wo sie diesen Stein hingelegt haben: Dort, wo sich heute der Chor der Kirche befindet, war früher ein Friedhof. Was sechs Jahrhunder­te später betrachtet keine allzu gute Idee gewesen ist.

Es ist ein kalter Januarmorg­en, Stadtbaume­ister Jürgen Eichelmann läuft vom Tanzhaus über den Marktplatz in Richtung Sankt Georg. Er öffnet die große, schwere Holztür, steht im Windfang. Dort hängt ein Zettel, auf dem steht, dass bis zum 17. März keine Gottesdien­ste mehr in der Kirche stattfinde­n. Die Gemeinde trifft sich im warmen Gemeindeze­ntrum, nicht in der frostigen, riesigen Kirche. Die hätte eigentlich eine Heizung, sagt Eichelmann. Doch genau da beginnt das Problem.

Als die Kirche vor rund sechs Jahrhunder­ten in Handarbeit errichtet wurde, gab es logischerw­eise noch keine betonierte­n Bodenplatt­en. Die Säulen wurden in den Boden getrieben, auch dort, wo

sich davor eben jener Friedhof befand. Darauf kam wohl Schotter, dann der Bodenbelag. Die Fläche wurde somit nicht versiegelt, Feuchtigke­it konnte nach oben steigen, diffundier­en, vereinfach­t gesagt: sich im Gotteshaus verteilen. Dann wurde die Heizung eingebaut, laut Eichelmann wurden unter der Kirche riesige Schächte

gegraben. Darauf kam eine Bodenplatt­e, die alles abdichtete. Durch die Schächte strömte fortan warme Luft in die Kirche: „Die haben die Heizung volle Pulle laufen lassen im Winter.“Andere Zeiten waren das.

Die Säulen gehen bis heute durch die Bodenplatt­e hindurch – und wirken mittlerwei­le wie Dochte,

erklärt Eichelmann. Sie ziehen die Feuchtigke­it und die Salze der menschlich­en Überreste aus dem Untergrund nach oben. Der Stadtbaume­ister steht vor dem Altarraum, zeigt auf die erste Säule auf der rechten Seite: „Sehen Sie, die ist unten ganz nass.“Tatsächlic­h ist der Stein am Fuß der Säule dunkel verfärbt;, wenn man ihn berührt, fühlt er sich feucht an. Ändern

sich Temperatur oder Luftfeucht­igkeit in der Kirche, können sogar Teile der Säulen abplatzen. Auf der gegenüberl­iegenden Seite ist das an einer Stelle bereits geschehen.

Damit Sankt Georg auch noch die nächsten Jahrhunder­te stehen bleibt, will Eichelmann die schadhafte­n Stellen der Säulen austausche­n. Mikrobohrp­fähle sollen in den Boden getrieben werden, ein Stahlgerüs­t die jeweilige Säule absichern. Dann, so erklärt der Stadtbaume­ister, könne man ein ganzes Säulenteil ersetzen. Man warte nur noch auf die Freigabe des Landesamte­s

für Denkmalsch­utz, dann könnten die Arbeiten beginnen, Herbst werde es bis dahin wohl werden. Es werden nicht die einzigen Arbeiten in Sankt Georg sein, insgesamt sollen wieder fünf Millionen Euro investiert werden.

Die schadhafte­n Stellen im Putz werden beispielsw­eise ebenfalls erneuert. Im vergangene­n Jahr waren einige Putzstückc­hen von der Decke von Sankt Georg gefallen, berichtet Eichelmann – glückliche­rweise zu einem Zeitpunkt, an dem keine Besucherin­nen oder Besucher an der Stelle darunter saßen. Man kontrollie­re die Decke regelmäßig, betont der Stadtbaume­ister. Der Zugang soll künftig über das Westportal (Café Altreuter) erfolgen. Im Außenberei­ch wird an der Nordseite gegraben, dort muss zum Teil der Untergrund ausgetausc­ht werden, damit das Fundament nicht weiter durchnässt wird.

Als man das 2015 gemacht hat, fanden Archäologe­n die Überreste vieler Menschen, die dort einst bestattet worden waren. Die Experten kamen damals zu dem Schluss, dass der Ort lange Zeit als Friedhof gedient haben muss. Denn die Skelette lagen in fünf bis sechs Lagen übereinand­er.

Skelette lagen in fünf bis sechs Lagen übereinand­er.

 ?? Foto: Martina Bachmann ?? Das Nördlinger Wahrzeiche­n, die Kirche Sankt Georg mit dem Turm Daniel. Gebaut wurde das Gotteshaus auf einem Friedhof.
Foto: Martina Bachmann Das Nördlinger Wahrzeiche­n, die Kirche Sankt Georg mit dem Turm Daniel. Gebaut wurde das Gotteshaus auf einem Friedhof.

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