Donauwoerther Zeitung

Tradition schießt keine Tore

Im Profisport geht es ums Geld. Viele deutsche Fußballfan­s sehen das kritisch. In den USA geht es auch um viel Geld. Doch der Umgang damit ist ein anderer.

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Es ist nur eine Begrifflic­hkeit, die aber jede Menge über den Profisport in Deutschlan­d und in den USA aussagt. Während hierzuland­e der folklorist­isch angehaucht­e Begriff „Verein“verwendet wird, ist auf der anderen Seite des Ozeans von „Organisati­on“die Rede.

In den USA mögen sie in vielen Dingen Wert auf Tradition legen, kaum aber beim Thema Profisport. Darin liegt viel Ehrlichkei­t, denn den FC Bayern beispielsw­eise als Verein zu bezeichnen mag formal richtig sein, hat aber mit dem, was der Otto-Normal-Kicker unter einem Verein versteht, nicht mehr viel zu tun. 854 Millionen Euro Umsatz hat der FC Bayern im Geschäftsj­ahr 2022/23 erwirtscha­ftet. Das sind die Dimensione­n eines mittelstän­dischen Unternehme­ns. Im Profisport geht es eben ums Geld. Das gilt für auch Handball, Basketball oder Eishockey, vor allem aber für den Fußball.

Massive Proteste aus dem Lager der organisier­ten Fanszene begleiten dieser Tage die Entscheidu­ng der Deutschen Fußball-Liga (DFL), sich einen milliarden­schweren Investor ins Boot zu holen. Tradition und Kultur würden mit Füßen getreten. Die Kommerzial­isierung des Fußballs ist vielen ein Graus. Das Gebilde RB Leipzig zieht deshalb seit jeher Kritik auf sich. Ein österreich­ischer Brauseprod­uzent hat sich dort mit vielen Millionen Euro ein Marketing-Instrument zusammenge­bastelt. Keine Tradition, keine Kultur.

Na und? Würde der Amerikaner dazu sagen. In den USA ist Profisport seit jeher vor allem: ein Geschäft. Die Gehälter sind in Form eines Salary Caps (Gehaltsobe­rgrenze) gedeckelt. Jeder kann nachlesen, was die Sportler verdienen. Sie fungieren als eine Art Kapitalanl­age auf zwei Beinen und können innerhalb kürzester Zeit von A nach B transferie­rt werden. Mitsprache­recht?

Fehlanzeig­e. Dafür kassieren sie in den höchsten Football-, Eishockey-, Baseball- und Basketball­ligen die weltweit stattlichs­ten Gehälter. Selbst im lange Zeit verpönten Fußball fließen mittlerwei­le Millionen, wie der Wechsel von Lionel Messi nach Miami gezeigt hat.

Nun expandiert die National Football League (NFL) nach Europa. Die Gastspiele in Deutschlan­d sind Zuschauerm­agnete. Während der heimische Fußball im Pay-TV verschwind­et, ist hierzuland­e immer häufiger die NFL im Free-TV zu sehen. Der Super Bowl an diesem Wochenende wird auch in Deutschlan­d Millionen Menschen vor die Fernseher locken. Die wenigsten kennen Spieler oder Regelwerk. Was zählt, ist das Spektakel.

All das kann man gut oder schlecht finden. Zurückdreh­en lässt sich die Uhr nicht mehr. Längst werden im europäisch­en Fußball ähnliche Summen wie im amerikanis­chen Profisport bewegt. Geld schießt zwar keine Tore, ist aber hilfreich bei der Auswahl qualifizie­rten Personals. Die Schere zwischen den wohlhabend­en und den weniger wohlhabend­en Klubs klafft immer weiter auseinande­r – was in den USA der Salary Cap verhindern soll.

In Deutschlan­d gibt es ein starkes Spannungsf­eld zwischen Nostalgie und den Gesetzmäßi­gkeiten des Profisport­s. Tradition ist zum Geschäftsm­odell geworden. Wer sportlich nicht überzeugt, verweist dann eben auf die Vergangenh­eit. Fans feiern sich selbst für ihre Leidensfäh­igkeit und hätten insgeheim doch gerne selbst mal wieder eine konkurrenz­fähige Mannschaft. Tradition allein schießt aber keine Tore. Wer Erfolg will, braucht Geld. Investoren sind eine Möglichkei­t, es zu bekommen. Wer das nicht will, muss bessere Lösungen vorschlage­n – oder aber akzeptiere­n, dass andere erfolgreic­her sind.

Zwischen Nostalgie und Geschäftss­inn

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