Hermann Färber: Viele ungelöste Probleme
In Möttingen machen sich Interessierte ein Bild vom Vorsitzenden des Agrarausschusses. Er spricht über die fehlende Perspektive für Bauern und die fehlende Praxis in Berlin.
Es gibt noch Unionspolitiker, die bei öffentlichen Veranstaltungen ohne Polemik und Ampel-Bashing auskommen und sich mit ihrer Sachlichkeit wohltuend von so manchem Protagonisten abheben. Einer davon ist der Vorsitzende des Agrarausschusses im Deutschen Bundestag, Hermann Färber. Der CDU-Mann aus Göppingen in Baden-Württemberg war auf Einladung des Bundestagsabgeordneten Ulrich Lange und der Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Landwirtschaft der Nordschwaben-CSU, Anke Drukewitz, ins Bürgerzentrum nach Möttingen gekommen, um über die aktuelle Landwirtschaftspolitik vor dem Hintergrund der bundesweiten Bauernproteste zu sprechen. Angesichts der Empörung der Bauern über Berlin und Brüssel war auch das Zuhörerinteresse für einen Donnerstagnachmittag recht groß. Rund 100 Besucher, darunter viele Landwirte, hatten sich
Zeit genommen. Sie nutzten auch reichlich die Gelegenheit, Fragen an den Agrarexperten zu richten.
Färber bat gleich zu Beginn seiner Ausführungen um Verständnis, dass er als Ausschussvorsitzender einer gewissen Neutralität verpflichtet sei und sich deshalb in seinen Bewertungen der aktuellen Politik etwas zurückhalten müsse. Dies bedeutete jedoch nicht, dass er nicht deutlich Position zum Treiben der Ampel und der EU übte. Die aktuellen Kürzungspläne der Regierung seien nur ein Auslöser für die massiven Proteste gewesen, die er grundsätzlich begrüßt habe und die dank guter Organisation durch den Bauernverband friedlich verlaufen seien, betonte Färber. In Wirklichkeit sei es um die vielen ungelösten Probleme der Branche insgesamt gegangen.
Am frustrierendsten werte er jedoch die Tatsache, dass die AmpelRegierung keine Perspektiven für die Bauern aufzeige und keinerlei Rahmenbedingungen setze, wohin die Reise gehen könnte. Als eines der Hauptproblematiken sehe er, dass in Berlin Politiker Landwirtschaftspolitik betreiben würden, die von der Praxis weit weg seien.
Zum vieldiskutierten Agrardiesel meinte Hermann Färber, es gebe zu diesem Kraftstoff derzeit noch keine Alternative. Die landwirtschaftlichen Maschinen könnten nicht so einfach auf andere Antriebsarten
umgestellt werden, wie sich dies manche vorstellten.
Ein Elektroschlepper eigne sich allenfalls in einer kleineren Ausführung für die Weinlese. Bei der Bewirtschaftung der großen Flächen sei dies nicht machbar. Perspektiven auf diesem Sektor: Fehlanzeige.
Der Schwabe forderte zudem, die landwirtschaftlichen Betriebe „endlich“von der Bürokratie und den unzähligen Stichtagen bei Antragstellungen zu entlasten. Auch hier seien keinerlei Verbesserungen in Sicht.
In der Diskussionsrunde mit den Besuchern kritisierte der Kreisobmann des Bauernverbandes, Karlheinz Götz, die von der EU geforderten Flächenstilllegungen, die zwar für dieses Jahr ausgesetzt seien, danach aber wieder gelten würden. Kritik übte Götz zudem an der Düngeverordnung und den Roten Gebieten, wofür man viel mehr Grundwassermessstellen benötige, um brauchbare Anhaltspunkte zu haben. Bei der Düngeverordnung gehe er davon aus, dass es in zwei Jahren wieder zu Lockerungen kommen werde, antwortete ihm Hermann Färber. Im Zusammenhang mit der geplanten Tierwohlabgabe müsse man sehen, wie diese ausgestaltet werde und ob sie überhaupt umsetzbar sei. Derzeit liefen darüber in Berlin entsprechende Gespräche.
Ulrich Lange hatte in seiner Einleitung den Landwirten gedankt, die sich für ihre Anliegen an den Protestaktionen beteiligt haben. Diese seien friedlich, sachlich und gut sichtbar gewesen.
Anke Drukewitz, die auf der schwäbischen CSU-Liste für das Europaparlament kandidiert, wies auf die teils gravierenden Veränderungen in der Landwirtschaft im Kreis Donau-Ries hin. Habe es 1998 dort noch 3426 Höfe gegeben, sei die Zahl aktuell auf 2200 zurückgegangen. „Bei den Zuchtsauenhaltern gab es Anfang 2000 noch 600, inzwischen liegen wird bei nur noch 141.“Diese Entwicklungen rührten mitunter an den Lebensgrundlagen der Familien, so die Wengenhausenerin.