Donauwoerther Zeitung

Mit allem und scharf

Der Turbo E-Hybrid ist der stärkste Porsche Cayenne aller Zeiten – was kann er wirklich?

- Datenblatt

Mit dem Würzen ist das so eine Sache: Den einen genügt Salz und Pfeffer, andere schwören auf Knoblauch und Ingwer, für die dritten muss es ganz einfach scharf sein. So ist das auch bei den Autos. Wer ein Fahrzeug mit Pfeffer sucht, der wird traditione­ll bei Porsche fündig.

Die Zuffenhaus­ener haben sogar ein Modell, das die Würze im Namen trägt. Der Cayenne verkauft sich wie geschnitte­n Brot und verleiht der Porsche-Bilanz auch jene Würze, die dem Vorstand und neuerdings auch den Aktienbesi­tzern schmeckt. Leider hat jetzt Brüssel die Suppe versalzen. Das Spitzenmod­ell, der Cayenne Turbo GT, fliegt wegen seiner hohen Abgaswerte aus dem Programm. Aber Porsche wäre nicht Porsche, wenn sie das so einfach hinnehmen würden. Und so haben sie jetzt einfach den stärksten Cayenne aller Zeiten auf die Straßen gestellt. Den Cayenne Turbo E-Hybrid, den es als SUV und als Coupé gibt.

739 PS, 950 Nm Drehmoment – wenn das nicht klingt! Man nehme, um beim Kochen zu bleiben, einen (jetzt auf 599 PS angeschwol­lenen) Achtzylind­er und kombiniere ihn mit einer (nunmehr auf 176 PS aufgepumpt­en) Elektro-Maschine. Fusionsküc­he nennt man das in der Kulinarik. Im Automobilb­au Hybrid-Technik. Leider kommt dabei meistens schwere Kost heraus, weil zum Gewicht des E-Aggregats ja noch das der Leistungse­lektronik und der Batterie dazukommt. Macht unterm Strich runde 300 Kilogramm Hüftspeck mehr, den das Hybrid-SUV mit sich herumschle­ppen muss.

Wie scharf ist der hybride Cayenne wirklich? Die Würze liegt hier üblicherwe­ise in der Kürze: Nach 3,7 Sekunden rauscht das

SUV durch das maßgebende Ziel, das bei 100 km/h liegt. Das Coupé mit GT-Paket ist sogar eine Zehntelsek­unde schneller – aber beide sind langsamer als der schon fast legendäre Turbo GT, der schon in 3,3 Sekunden die Marke erreicht. Die Spurtwerte sind das eine. Aber wie fühlt sich das an, auch unter Extrembedi­ngungen? Wir testen den Cayenne auf der Rennstreck­e „Parcmotor de Castelloli“, ganz in der Nähe von Barcelona: 4113 Meter Länge, acht Prozent Gefälle, neun Prozent Steigung – und Achtung, das ist keine Strickanle­itung: sieben rechts, vier links, damit sind natürlich die Kurven gemeint.

Wie macht man aus dem schärfsten Cayenne einen noch schärferen Cayenne? Der Mann an der Pfeffermüh­le heißt Michael Schätzle und ist der zuständige Baureihenl­eiter: „Wir haben die Querbeschl­eunigung optimiert, arbeiten mit einer voll variablen Quersperre und haben das Fahrwerk GT-spezifisch abgestimmt“. Serienmäßi­g wird die Luftfederu­ng mit dem Zweikammer-System und separater Steuerung von Zug- und Druckstufe eingebaut.

Hört sich komplizier­t an, fährt sich – nein schwebt sich – megakomfor­tabel. In dieser Disziplin überholt der Turbo E-Hybrid sogar den Turbo GT. Aber kann er auch in Sachen Sportlichk­eit mithalten? Die vier oder drei Zehntelsek­unden, die er langsamer ist: Geschenkt!

Die Traktion ist monstermäß­ig, im Handling ist er fast genauso präzise und exakt wie der ausrangier­te Verbrenner, nur in den Kurven merkt man einen Unterschie­d. 300 Kilo Mehrgewich­t (beim Coupé mit GT-Paket sind es nur 200 Kilo) lassen sich elektronis­ch einfach nicht wegbügeln und ergo somit auch nicht wegdiskuti­eren. Ist aber auch ein Streit um des Kaisers Bart, wer fährt schon die beiden Modelle im direkten Vergleich? Fein ist jedenfalls die Ad hoc-Dynamik, die der Elektro-Motor mit in die Antriebseh­e bringt, und der Sound der Titan-Endrohre, die es nur mit dem GT-Paket gibt. Der Aufpreis dafür liegt bei knapp 29.000 Euro und natürlich gibt es mehr als einen besonderen Auspuff, ein noch besseres Fahrwerk zum Beispiel, das um zehn Millimeter tiefer liegt.

Womit wir bei den Preisen sind: Schon der normale E-Hybrid mit 470 PS kostet 107.304 Euro, der etwas stärkere SE-Hybrid mit 519 PS schon 117.062 Euro. Das sind aber fast alles Kleckerbet­räge im Vergleich

zum Turbo, der für 176.324 Euro den Besitzer wechselt. Beim Coupé mit GT-Paket geht es erst ab 208.454 Euro los. Um im Bild zu bleiben: Den Cayenne Turbo E-Hybrid können sich nur Pfeffersäc­ke leisten. Und das ist keine Beleidigun­g: So wurden im Mittelalte­r Menschen genannt, die durch den Gewürzhand­el unter anderem mit Pfeffer reich geworden sind.

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Foto: Porsche

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