Strafe wegen leer stehender Wohnungen?
Das Innenministerium weist die Kommunen indirekt darauf hin, gegen zweckentfremdete Wohnungen vorzugehen. Bürgermeister positionieren sich klar gegen dieses „scharfe Schwert“.
Der Druck auf den Wohnraum in der Region ist groß. Verstärkt wird die große Nachfrage in einigen Bereichen durch die Unterbringung von Flüchtlingen. Im Landkreis Donau-Ries lebten zum Jahreswechsel etwas weniger als 3000 Schutzsuchende. In manchen Kommunen wurden bereits mehrere Unterkünfte (Nördlingen, Oettingen, Rain) geschaffen. In anderen Orten wiederum gibt es keine, wie beispielsweise in Forheim, Holzheim und Auhausen. Das Innenministerium übt inzwischen verstärkten Druck auf die Kommunen aus und gibt ihnen dazu auch Werkzeug mit an die Hand. Mitte Dezember flatterte hierzu ein Schreiben in die Rathäuser, in dem die Kommunen darauf aufmerksam gemacht wurden, vom „Instrument gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum“Gebrauch zu machen und Bußgelder zu verhängen. Doch bedeutet das wirklich, dass Eigentümer nun damit rechnen müssen, Strafen zu zahlen, wenn sie leer stehende Wohnungen nicht vermieten?
Ein Auszug aus dem Schreiben wurde am 19. Dezember vom Landratsamt an die Kommunen weitergeleitet und liegt unserer Redaktion vor. Das Innenministerium teilt auf Nachfrage mit, was es mit dem Hinweis auf das Gesetz bezwecken wollte. Das Schreiben war an die Bezirksregierungen, Landratsämter und kreisfreien Städte adressiert. Die Landratsämter wiederum waren aufgefordert, die landkreiseigenen Gemeinden hiervon zu unterrichten.
Das Innenministerium richtete den dringenden Appell an die Kommunen, auch den „Erlass von Zweckentfremdungssatzungen als Baustein zur Bewältigung der aktuellen Migrationslage zu nutzen“. Das ist allerdings nur dann möglich, wenn etwa eine Wohnungsnot vorliegt. In größeren Städten sei das bayerische Zweckentfremdungsgesetz auch als „Airbnb-Gesetz“bekannt, sagt LandratsamtSprecher Simon Kapfer auf eine
Nachfrage. Erlässt eine Stadt also eine „Zweckentfremdungssatzung“wegen Wohnungsnot – München, Hamburg und Stuttgart haben dies bereits umgesetzt –, so können Bußgelder verhängt werden, wenn Wohnungen eben nicht zum Wohnen, sondern anderweitig verwendet werden. Kapfer sagt im Gespräch, dass es für kleinere Kommunen „atypisch“wäre, wenn solche Bußgelder angedroht würden. Es sei jedoch den Gemeinden überlassen. Bei der Flüchtlingsunterbringung handelt es sich nicht um eine freiwillige Leistung, die Kommunen haben laut Gesetz eine sogenannte Mitwirkungspflicht.
Das Landratsamt hatte den Kommunen folgende Informationen aus dem Innenministerium weitergeleitet: „Ist den Kommunen z. B. die zweckwidrige Nutzung von Wohnraum bekannt, worunter auch fällt, wenn Wohnraum länger als drei Monate leer steht, so sind sie (...) dringend gehalten, dagegen vorzugehen.“
Öffentlich über die Möglichkeit einer Zweckentfremdungssatzung gesprochen hat bislang Auhausens Bürgermeister Martin Weiß in einer zurückliegenden Gemeinderatssitzung. Er hält Bußgelder in den kleinen Gemeinden für schwierig, kann sich nicht vorstellen, dass die Bürgerinnen und Bürger die Vorgehensweise verstehen würden. In Auhausen gibt es derzeit keine Unterkunft für Geflüchtete.
2020 brannte es in der Asylunterkunft, Auslöser war wohl ein Ofen. Seither konnte dort niemand mehr untergebracht werden.
Auch Nördlingens Oberbürgermeister David Wittner zieht andere Möglichkeiten eher in Betracht. In Nördlingen gebe es mehr als 50 leer stehende Wohnungen, mehr als 100 ungenutzte Grundstücke, zählt er auf. „Ich werde nicht müde zu wiederholen, dass Leerstände belebt werden sollen.“Zum Airbnb-Gesetz meint er allerdings, es könne nur die letzte Möglichkeit sein, „dieses scharfe Schwert zu ziehen“.
In Nördlingen wird derzeit weiterhin auf andere Weise versucht, die Unterbringung von Flüchtlingen zu stemmen. Auf Nachfrage bestätigt das Landratsamt, dass Räume im Hotel an der Bürgermeister-Reiger-Straße, gegenüber vom Bahnhof, zu diesem Zweck angemietet werden sollen. Es würden Gespräche geführt, unterschrieben sei noch nichts. Auch Rains Bürgermeister Karl Rehm sagt auf Nachfrage, er halte Bußgelder nicht für das Gebot der Stunde. Die persönliche Kontaktaufnahme sei in solchen Fällen immer wichtiger. Er sagt: „In einer Kleinstadt kennt man seine Leute.“Was die Unterbringung von Flüchtlingen angeht, habe Rain allerdings eh kein Problem. Die Stadt erfülle bezüglich der Unterbringung die Vorgaben mehr als der Durchschnitt der Kommunen, meint er.
„In einer Kleinstadt kennt man seine Leute.“
Rains Bürgermeister Karl Rehm