Neue Ärztehäuser für Nördlingen
Der Stadtrat stimmt dem Bau von zwei Ärztehäusern und Apotheken außerhalb der Stadtmauern zu. OB Wittner spricht von einem „großen Tag für die medizinische Versorgung“.
Vor den Toren Nördlingens sollen in absehbarer Zeit zwei weitere Ärztehäuser entstehen. Darin wollen sich auch etablierte Apotheken aus der Kernstadt mit Filialen niederlassen. Entsprechende Anfragen liegen den Investoren vor.
Zum einen handelt es sich um ein Projekt in der Augsburger Straße, wo das Bauunternehmen Arlt unmittelbar neben seinem bereits gebauten und vor der offiziellen Eröffnung stehenden Ärztehaus ein zusätzliches dreigeschossiges Gebäude mit Platz für drei bis fünf Praxen errichten will. Beim zweiten Vorhaben geht es um ein neues Ärztehaus auf dem freien Gelände an der Würzburger Straße zwischen der Firma Autotechnik Heinzmann und der Bahnlinie. Federführend ist hier die Allgemeinarztpraxis Völkl. Auf vier Geschossen sollen dort Räumlichkeiten für zwei bis drei Praxen und eine Apotheke geschaffen werden. Zudem denken die Initiatoren an eine Kindertagespflegeeinrichtung.
Um mit den konkreten Planungen beginnen zu können, muss erst der bestehende Bebauungsplan geändert und angepasst werden, wie Stadtplaner Philipp Wettemann am Donnerstagabend im Stadtrat erläutere. Der momentan geltende weise gewisse „Missstände“auf, die in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Donau-Ries zu beseitigen seien. Danach könne ein neues Verfahren mit all den erforderlichen Schritten in die Wege geleitet werden.
Mit seiner einhelligen Zustimmung zu beiden Projekten hat der Stadtrat einen bereits mit der Erlaubnis für eine Filialapotheke im EGM-Center eingeläuteten Paradigmenwechsel untermauert und die jahrelange restriktive Haltung gegenüber Apothekenansiedlungen außerhalb der Stadtmauer aufgegeben. Für dieses Umdenken gibt es nach Ansicht von Dr. Gerhard Heider vom Augsburger Büro für Standortberatung nachvollziehbare Gründe. Heider zeigte in der Sitzung die neuesten Entwicklungen auf dem Apothekensektor auf. Demnach wachse der Versandhandel zu einer immer stärkeren Konkurrenz für die „stationären Apotheken“
heran. Bestärkt werde dieser Trend durch die Einführung des E-Rezeptes zum 1. Januar dieses Jahres. Es entstehe die Gefahr, so Heider, dass es dadurch im Laufe der Zeit zu deutlichen Umsatzverlusten in den etablierten und bisher gewohnten Apothekenstandorten komme. Somit wäre ein zweites Standbein in Form von Filialen mit zusätzlichen Umsätzen nicht schlecht. Der Experte wies auf einen zusätzlichen Aspekt hin: Mit zunehmender Digitalisierung werde die enge Kooperation der stationären Apotheken mit den rezeptausstellenden Medizinern immer wichtiger, verbunden mit einer engen Kundenbindung und möglichst guter Erreichbarkeit.
Den Stadtratsmitgliedern zeigte Heider zwei Alternativen auf. Möglichkeit eins: Die Stadt bleibt grundsätzlich bei ihrer Haltung, Apotheken nur in der Altstadt zu konzentrieren. Die mögliche Folge: Sie verlieren die direkte räumliche Zuordnung zu den Arztpraxen, wenn diese zunehmend außerhalb der Stadtmauer liegen. Dies könnte die wirtschaftliche Basis schwächen
oder im schlimmsten Fall gar deren Bestandsfähigkeit gefährden.
Möglichkeit zwei: Die AltstadtApotheken folgen den Praxen nach draußen und richten in den Ärztehäusern Filialen ein, ohne ihre bisherigen Standorte aufzugeben. Dies würde die betriebliche Basis nicht gefährden, sondern eher stärken. Ein zusätzlicher Vorteil wäre eine gute und barrierefreie Erreichbarkeit sowie ein in der Regel ausreichendes Parkplatzangebot. Die Darstellungen Heiders haben die Stadtratsfraktionen ganz offenbar überzeugt. Ihre Vertreter äußerten sich dazu allesamt positiv und gaben damit quasi bereits jetzt „grünes Licht“für die entsprechenden Genehmigungen der beiden neuen Ärztehäuser.
Für die CSU erklärte Jörg Schwarzer, dass seine Fraktion Apothekenansiedlungen außerhalb der Stadt mittrage, jedoch Zweifel an dem Konzept von Filialen hege. Thomas Mittring (Stadtteilliste) sprach von einer Dynamik, die sich inzwischen zeige. „Die Apotheken wandern mit den Ärzten“. Einen großen Vorteil sehe er darin, dass
Kunden, die bisher Apotheken in den Nachbargemeinden aufgesucht hätten, eher wieder in Nördlingen ihre Medikamente besorgten.
Nicht aufhalten lasse sich die Tendenz der Abwanderung von Arztpraxen aus den Innenstadtlagen, meinte für die SPD-Fraktion deren Vorsitzende Gabriele Fograscher. Dabei spiele die Barrierefreiheit und genügend Parkplätze eine wichtige Rolle. Alexander Deffner (PWG) machte es kurz und schloss sich dieser Haltung uneingeschränkt an. Katharina Baumgärtner (Fraktion Grüne/Frauen) verwies ebenfalls auf die bessere Erreichbarkeit für Patienten und Kunden, wenn sich Praxen vor den Stadttoren niederließen. Heinrich Richter (CSU) äußerte Bedenken, ob es den Apothekenbetreibern auch gelinge, genug Personal für ihre künftigen Filialen zu finden.
Sichtlich zufrieden zeigte sich Oberbürgermeister David Wittner mit dem jetzt eingeschlagenen Weg und bemühte dafür einen Superlativ: „Heute ist ein großer Tag für die medizinische Versorgung in Nördlingen.“