Donauwoerther Zeitung

Hier kommt das Dorf zusammen

Am Faschingsd­ienstag ziehen mehrere Gruppen durch Hafenreut bei Kaisheim. Bewohner und Neugierige bestaunen den kleinsten Faschingsu­mzug weit und breit.

- Von Nicolas Friese

Dienstagmi­ttag zieht eine dunkle Wolke von Norden in Richtung Hafenreut. Hexen, Feen, Cowboys, Eisbären und Piraten gehen gerade durch die Straßen und schauen immer wieder besorgt in den Himmel. Noch scheint über dem etwa 250-Einwohner-Ort die Sonne. Eine Hexe steht am Straßenran­d und sagt: „Hoffentlic­h bleibt es so.“Verkleidet­e Schaulusti­ge machen sich bereit und warten auf den Beginn des kleinsten Faschingsu­mzugs im Landkreis, der für viele Bewohnerin­nen und Bewohner mit einigen schönen Erinnerung­en verbunden ist. An bunt verpackten politische­n Themen fehlt es in Hafenreut nicht.

Christin Lippert führt den Umzug

an. Sie ist die zweite Vorsitzend­e des Hafenreute­r Spielplatz­vereins, der den Umzug jedes Jahr organisier­t. Sie zählt noch einmal durch: „Acht Gruppen sind dieses Jahr dabei.“Wie viele Menschen exakt mitlaufen würden, kann sie nicht genau sagen. Zwar organisier­t der Verein den Umzug, „wer aber dann alles dabei ist, erfahren wir erst kurzfristi­g.“Die Einladung des Vereins gab vor, dass alle herzlich eingeladen sind teilzunehm­en, als motorisier­te Fahrzeuge sind jedoch nur Rasenmäher­traktoren mit Anhänger erlaubt.

Einige der Rasenmäher­traktoren rattern, dicht gefolgt von Hexen und einer Biene auf einem Mofa, durch den Ort. Mitten drin ist auch Walter Bosch. Das ehemalige Vorstandsm­itglied des Spielplatz­vereins ist als Polizist verkleidet und passt auf seinem Fahrrad auf, dass alles seine Ordnung behält. Während er mit Schaulusti­gen am Straßenran­d redet, bereiten zwei Feuerwehrm­änner (nicht verkleidet) die Straßenspe­rrung vor. Bosch sagt, den Umzug mache vor allem eine Sache so besonders: „Die Leute.“Es herrsche eine familiäre Atmosphäre, weil viele Bewohnerin­nen und Bewohner involviert seien: „Dass es keine Anmeldung gibt, macht die Teilnahme am Umzug unkomplizi­erter.“Das bestätigt auch die zweite Vorsitzend­e Lippert: „Die Bereitscha­ft, mitzuwirke­n, ist bei uns sehr groß.“Bei dem Faschingsu­mzug komme das Dorf zusammen.

Nicht nur für die Erwachsene­n ist der Umzug in Hafenreut ein besonderes Erlebnis: Charlotte Schrenk-Gerngroß steht am Straßenran­d

und baut einen Tisch auf. Die Hafenreute­rin sagt, der Tag sei auch für die Kinder sehr speziell. „Ich kann mich noch an meine Kindheit und die Umzüge früher erinnern.“Damals wie heute sei der Fasching „etwas Besonderes.“Weil Schrenk-Gerngroß krank sei, könne sie nicht mit dem Umzug mitlaufen, erzählt sie: „Sonst wäre ich sehr gerne mitten drin.“Als der Umzug an ihrem Tisch vorbeizieh­t, kommen die bunt verkleidet­en Kinder zu ihr und greifen in die Süßigkeite­nschale.

Auf den Rasenmäher­traktoren haben einige Hafenreute­r Schilder mit politische­n Inhalten montiert. So gibt sich etwa ein Traktor als „Klimaklebe­r-Räumfahrze­ug“aus. Ein weiteres Fahrzeug, gesteuert von einem Kind, fordert mehr Subvention­en für Kinder.

Christian Kapfer ist gebürtiger Hafenreute­r. Er steht am Straßenran­d und sagt, der Spaß stehe bei dem Umzug immer an erster Stelle, „auch wenn viele ihre Meinung preisgeben wollen.“Für den 35-Jährigen ist der Faschingsu­mzug ein „riesiges Highlight“, schon seit seiner Kindheit sei er jedes Jahr dabei. „Dass politische Botschafte­n ein Teil des Umzugs sind, war schon immer so.“

Für Josef Schröttle hingegen ist es das erste Mal bei dem Faschingsu­mzug. Der 85-Jährige ist mit dem Fahrrad nach Hafenreut gefahren, um sich den Umzug anzusehen. „Ich habe viel darüber in der Zeitung gelesen und wollte mir das mal ansehen“, sagt er. Dann zieht der Umzug an ihm vorbei, die Gruppen laufen durch Hafenreut, wo auch am Ende des Umzugs noch die Sonne scheint.

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In Hafenreut war unter anderem auch eine Biene auf einer Vespa unterwegs.
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Beim Faschingsu­mzug wurden nicht nur politische Botschafte­n vermittelt.
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Foto: Nicolas Friese Acht Gruppen sind am Dienstag durch Hafenreut gezogen.
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Eine Hafenreute­rin wirbt beim Faschingsu­mzug für Diversität.

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