Vorwürfe gegen Nördlinger Klinik
Das Krankenhaus soll ein Sanitätshaus in der Region bevorzugen, berichtet der Landrat Stefan Rößle und gKU-Chef Jürgen Busse wehren sich.
Bayerische Rundfunk.
Es ist ein schwerwiegender Vorwurf, der im Raum steht: Das Nördlinger Krankenhaus soll Patientinnen und Patienten zu einem bestimmten Sanitätshaus im Landkreis geschickt haben – obwohl den Patienten die Wahl dafür freisteht. Darüber hat der Bayerische Rundfunk am Mittwochmorgen berichtet. Diesen Recherchen nach sollen zehn Fälle vorliegen, bei denen die Patienten kaum eine Möglichkeit gehabt hätten, sich an ein Sanitätshaus ihrer Wahl zu wenden. Im Gespräch mit unserer Redaktion bekräftigt das der Mitbewerber – ganz anders sieht das gemeinsame Kommunalunternehmen (gKU) den Fall, das für das Krankenhaus und die Seniorenheime zuständig ist.
Bei den Fällen, von denen der BR berichtet, soll es auch um ein Pflegebett gegangen sein, das eines der Sanitätshäuser erst nach dem Wochenende hätte liefern können, das andere noch am Freitagabend. Dennoch sei die Patientin erst zur anderen Firma geschickt worden. Der Betreiber eines anderen Sanitätshauses sieht sich im Nachteil und wünscht sich vom gKU eine Gleichbehandlung
aller Sanitätshäuser: „Wir wollen nur einen fairen Wettbewerb und das ist nicht der Fall. Wenn ein Kunde sagt, er will zu mir und sie schicken ihn trotzdem woanders hin, dann finde ich das nicht in Ordnung.“Ein solches Vorgehen habe er von mehreren Patienten erfahren.
Jürgen Busse, gKU-Vorstandsvorsitzender, kann die Vorwürfe nicht nachvollziehen: „Ich sehe keinen Grund dafür. Wir haben nichts davon.“Busse verweist darauf, dass die rechtlichen Hintergründe sehr komplex seien, es gebe Vorgaben von den Kostenträgern. Er wisse etwa, dass bei manchen Privatversicherten alles bei bestimmten Sanitätshäusern bestellt werden müsse. Oder dass manche Spezialfälle nicht von allen Firmen abgedeckt werden könnten. Aber das gKU arbeite hier neutral. In vielen Fällen, etwa bei ambulanten Sprechstunden von Ärzten, sei das gKU auch gar nicht involviert, wenn es beispielsweise um Orthesen gehe.
Der BR berichtet von einem Formular, das zur Weiterleitung von Rezepten verwendet worden ist. Dort gab es zwei Optionen zum Ankreuzen – entweder „wird vom Patienten abgeholt“oder jenes wird an das angeblich bevorteilte Sanitätshaus
weitergefaxt. Dass es ein solches Formular gab, bestätigt Busse, auch wenn es im Nördlinger Krankenhaus vor allem für interne Vermerke vorgesehen sei. Im Donauwörther Krankenhaus gebe es ein solches Formular beispielsweise gar nicht, da passiere das über die Patientenakte. Das seien Abläufe, die sich entwickelt hätten. Im August vergangenen Jahres habe man ein zweites Sanitätshaus ergänzt, im Dezember ein drittes aus der Region und die Option sonstige Sanitätshäuser. Die Änderungen hätten auch nichts mit der Recherche zu tun. Der Mitbewerber sagt, dass seines Wissens nach das erste Formular noch bis zum Dezember 2023 verwendet worden sei.
Dass der Bayerische Rundfunk berichtet habe, dass die Leitung des Krankenhauses nicht für ein Gespräch zur Verfügung stehe, dementiert Busse. Es habe mehrere Gesprächstermine gegeben, die aufgrund von Krankheit – auf beiden Seiten – verschoben worden wären. Zuletzt habe man Dienstagabend einen Termin angeboten. Im ursprünglichen Bericht ist auch von Weihnachtsgeschenken die Rede, die das vermeintlich bevorteilte Sanitätshaus an gKU-Mitarbeiter verteilt habe. Busse verweist darauf, dass es ganz klare Regeln für solche Fälle gebe, über die jeder Mitarbeiter beim Einstellungsgespräch aufgeklärt werde. Die Regeln seien typisch für den öffentlichen Dienst, alles über einer Wertgrenze von 15 Euro müsse genehmigt werden.
Aus Busses Sicht sei es positiv, dass es diverse Firmen für diese Dienstleistungen im Landkreis gibt, diese sollten alle ihr Geld verdienen: „Das ist toll für den Landkreis.“In einer Pressemitteilung bekräftigt Busse noch einmal, dass sämtliche Regeln eingehalten und Kollegen so in ein schlechtes Licht gerückt würden: „Wir werden alles tun, um unsere Mitarbeiter gegen diese haltlosen Vorwürfe zu schützen.“
Landrat Stefan Rößle betont gegenüber unserer Redaktion ebenfalls, dass es klare Regeln gebe. Aufgrund der Recherchen seien vom BR vier Namen genannt worden. Die Personalratsvorsitzende und das Qualitätsmanagement hätten das überprüft: „Bei diesen vier Fällen gab es keine Beanstandungen.“Es gebe klare Regeln, sich neutral zu verhalten. Nur hinsichtlich des Vordrucks habe man eines festgestellt: „Eine Zeit lang ist noch das alte Formblatt ausgeteilt worden, obwohl schon ein neues erstellt worden ist.“
Ein Sanitätshaus in Donauwörth betreibt die Familie Streb. Einer der Geschäftsführer, Elias Streb, berichtet, dass seine Firma zwar für die Notfallversorgung im dortigen Krankenhaus zuständig ist, aber Unregelmäßigkeiten mit der Klinik seien ihm nicht aufgefallen, er gehe davon aus, dass das gesetzeskonform ablaufe. Ebenfalls in Donauwörth sitzt das Sanitätshaus Spörer, Geschäftsleiter Florian Vierbaum sagt, Fälle wie im Artikel des BR seien ihm nicht bekannt. Seines Wissens nach sei in Donauwörth das Wahlrecht der Patienten gewährt.
Unter anderem eine Filiale in Bopfingen betreibt Junior-Chef Lukas Minder von der gleichnamigen Orthopädie-Schuhtechnik. „Wir arbeiten gut mit dem Nördlinger Krankenhaus zusammen“, sagt Minder, das funktioniere auch über die Landesgrenze hinweg. Die Anzahl der Patienten, die von dort zu ihnen kämen, könne er nicht einschätzen, seinem Eindruck nach sei alles normal.
Die Leitung des vermeintlich bevorteilten Sanitätshauses war bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.