Wie geht es den Gastronomen?
Seit sechs Wochen gilt wieder eine Mehrwertsteuer von 19 Prozent in der Gastronomie. Haben sich die Befürchtungen der Wirte bestätigt?
Sechs Wochen ist das Jahr 2024 inzwischen alt. Ebenso lange gilt für die deutsche Gastronomie wieder eine Mehrwertsteuer von 19 Prozent statt der zuvor seit der Coronapandemie geltenden sieben Prozent. Zu Beginn des Jahres haben wir mit verschiedenen Gastronomen im Landkreis Donau-Ries gesprochen. Viele befürchteten, dass die Gäste aufgrund der erhöhten Preise ausbleiben würden, dass manche am Ende gar gezwungen sein würden, ihren Betrieb zu schließen. Wie ist die erste Bilanz nach sechs Wochen?
„Ein richtiges Feedback gibt es eigentlich noch nicht“, sagt Josef Meyer, Kreisvorsitzender der Dehoga Bayern und Inhaber des Restaurants Meerfräulein in Wemding. Insgesamt könne man sagen, dass das allgemeine Verhalten der Leute so gewesen sei, wie man es in dieser Jahreszeit auch aus den vergangenen Jahren gewohnt sei. „Es ist eher eine ruhigere Phase, es gibt noch keine Außengastronomie, Radfahrer und Ausflügler sind noch nicht unterwegs, jetzt steht auch die Fastenzeit wieder an.“Letztere sei in den vergangenen Jahren wieder spürbar moderner geworden. „Man bemerkt auf jeden Fall immer eine gewisse Zurückhaltung im Konsum.“
Trotzdem kommt der Landkreis bisher insgesamt gut weg: „Überregional gibt es in Bayern schon Stimmen, die bestätigen, was zuvor alle befürchtet haben“, sagt Meyer. „Im Landkreis DonauRies habe ich da von den Kollegen bis jetzt nicht viel gehört.“Auch bei den Gästen herrsche allgemein Verständnis. „Nach allem, was man so hört, ist die Faschingszeit auch wie gewohnt verlaufen. Die Leute wollen sich nach wie vor etwas gönnen.“
Diese Erfahrung hat auch Raffaele Stabile gemacht. Er betreibt zusammen mit seiner Frau Teresa Maria vier Lokale im Landkreis, davon auch zwei in Donauwörth. Im Gegensatz zu den meisten hat er die Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht auf die Preise umgelegt. „Wir haben schon vor zwei Jahren die Preise erhöht, deswegen haben wir darauf verzichtet“, erzählt er. Die Gäste kämen weiterhin – „zum Glück!“–, doch die Probleme würden immer schlimmer. „Energie, Personal, alles ist so teuer geworden“, sagt Stabile. Momentan
könne er noch durchhalten – wie lange, das weiß er nicht.
Auch Melanie Chilla vom Gasthaus zum Bären in Donauwörth ist die prekäre Lage deutlich anzumerken. „Wenn ich meine Umsätze aus den Jahren 2018, 2019 und 2023 mit dem Jahr 2024 vergleiche, treibt es mir die Tränen in die Augen“, sagt die Gastronomin. „Ich spreche hier von einem Umsatzrückgang von rund 30 bis 45 Prozent.“Ihre Preise habe sie erhöhen müssen, da das Gasthaus betriebswirtschaftlich gesehen sonst keinen Sinn mehr mache. „Ich habe die Erhöhungen aber auf maximal acht Prozent beschränkt.“
Sparen muss sie trotzdem: „Momentan ist es finanziell nicht mehr möglich, das Wirtshaus unter der Woche länger als bis 22 Uhr geöffnet zu lassen.“Früher sei es selbstverständlich gewesen, dass gewisse Stammgäste nicht selten bis 23.30 da gewesen seien. Nun könne sie es sich nicht mehr leisten, Servicepersonal zu bezahlen, das mehrere Stunden warte, bis der letzte Gast sein Getränk gemütlich ausgetrunken habe. „Ich persönlich finde das sehr schade. Wir leben doch eh schon in einer sehr schnelllebigen Gesellschaft, da soll doch der Besuch im Wirtshaus finanziell möglich sein, der Zusammenhalt bewahrt bleiben, und die Gemütlichkeit darf nicht verloren gehen.“
Auch Franz Nosalski von der Alten Brauerei in Mertingen befürchtet, dass sich das gesellschaftliche Leben verändern werde, sollte es bei den 19 Prozent bleiben. „Ich denke, dann wird es sich ein gewisser Teil der Gesellschaft
einfach nicht mehr leisten können, in die Wirtschaft zu gehen.“Schon jetzt kämen einige Stammgäste nicht mehr jeden Sonntag, sondern nur noch jeden zweiten, doch von einer richtigen Flaute könne er nicht sprechen. „Viele schauen mehr aufs Geld, auch Veranstaltungen wie Hochzeiten werden tendenziell kleiner“, sagt Nosalski. Das schiebt er jedoch nicht nur auf die Mehrwertsteuer: „Alles ist ja teurer geworden.“
Besser sei die Lage zwar nicht geworden, aber auch nicht besonders schlecht. „Wir haben unsere
Preise auf den Cent genau um zwölf Prozent erhöht, um deutlich zu machen, dass wir uns an die Mehrwertsteuer halten.“Nun könne er wieder leicht nach unten korrigieren. Dem Jahr blickt er eher positiv gestimmt entgegen. „Wir müssen einfach abwarten, vor allem den Sommer – Jammern bringt ja nichts.“Trotzdem: „Die letzten vier Jahre waren einfach zu schnell zu viel für uns: erst die Corona-Lockdowns, dann die Erhöhung der Mindestlöhne, dann die Energiepreise und jetzt die Mehrwertsteuer.“Wäre all das zeitlich entzerrt gewesen, wäre allen geholfen gewesen, meint er – „oder wenn die Mehrwertsteuererhöhung eben nicht gekommen wäre“.
Melanie Chilla formuliert es noch etwas drastischer: „Die Mehrwertsteuer muss wieder reduziert werden. Sonst wird es uns, die Wirte mit Herz, bald alle nicht mehr geben. Und ich bin mir nicht sicher, ob eine Familien-, Vereins- oder Firmenfeier in einer Fast-Food-Kette so schön zelebriert werden kann wie in einem Wirtshaus, in welchem noch frisch, nach alten Rezepten und vor allem mit viel Liebe gekocht wird.“
„Alles ist ja teurer geworden.“
Franz Nosalski, Alten Brauerei