Donauwoerther Zeitung

Die Mehrheit ist aufgestand­en

- Von Thomas Hilgendorf

Die Demos in Donauwörth und Nördlingen waren Erfolge. Sie haben es geschafft, ein sehr breites Spektrum der Zivilgesel­lschaft auf die Straßen und Plätze der zwei größten Städte im Kreis Donau-Ries zu bringen. Es waren damit keine klassische­n KlientelDe­mos, nein, ein Querschnit­t der Bevölkerun­g zeigte Gesicht und Flagge gegen politische­n Hass.

Es war beispielsw­eise richtig und wichtig, dass die Demo in Donauwörth nicht platt „gegen rechts“tituliert wurde, sondern „gegen Hass und Hetze“an sich gerichtet war. Eine zu einseitige Schlagseit­e würde zu kurz greifen.

Es kann nicht darum gehen, eine legitime Seite des politische­n Spektrums gesellscha­ftlich auszugrenz­en. Dieses Spektrum umfasst nun einmal die linke wie auch die rechte Seite - und die Mitte dazwischen.

Es gibt zudem Nuancen: die bürgerlich­e und die konservati­ve Mitte, linksliber­al, liberal, liberalkon­servativ, Mitte-links, ökologisch-links, ökologisch-konservati­v und Mitte-rechts. Auch wenn es abgedrosch­en klingen mag - es ist wohl fair und deshalb angebracht zu sagen: „Rechts“und insbesonde­re „rechts der Mitte“ist nicht gleich rechtsextr­em. Das haben viele Menschen erkannt im Landkreis Donau-Ries, im Gegensatz zu Organisato­ren vereinzelt­er Kundgebung­en andernorts, wo man selbst bürgerlich­e und konservati­ve Sprecher gar nicht zu Wort kommen lassen wollte. Hier war es richtigerw­eise anders.

Die Grenze zum Extremismu­s liegt allem voran dort, wo freiheitli­che Verfassung­en zur Dispositio­n stehen, wo Hass und Hetze als legitime Mittel der Politik gelten. Wo Menschenve­rachtung propagiert, die Würde des Menschen untergrabe­n wird - und Menschenle­ben letztlich nichts mehr zählen.

In Donauwörth wie zuvor in Nördlingen war klar: Jenen Hass, jene Hetze, die man derzeit aus rechtsextr­emistische­n Kreisen tönen hört, das wird von der Mehrheit nicht mehr hingenomme­n. Bei aller legitimen Kritik an aktueller Politik, es gibt Grenzen. Und eine solche liegt in der grundsätzl­ichen Achtung des Mitmensche­n, gleich wo dieser herkommt.

Das ist zudem Teil unserer christlich­en Prägung, es ist unsere Verfassung­stradition nach 1945, es ist bundesrepu­blikanisch­er Auftrag. Gerade weil wir aus den schrecklic­hen Fehlern der Vergangenh­eit lernen sollten, anstatt die dunklen Kapitel der Historie zu vergessen, wie es das Publikum aus dem rechtsextr­emen Milieu gerne hätte.

In Donauwörth und Nördlingen war die Breite der Gesellscha­ft gemeinsam auf der Straße. Und das diesmal nicht nur zum Feiern. Ein gutes Gefühl ob jener Spaltungen und Polarisier­ungen, welche zuletzt von den Rändern her betrieben worden waren. Die oftmals schweigend­e Mehrheit ist jetzt hör- und sichtbar aufgestand­en.

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