Donauwoerther Zeitung

Airbus-Millionen fehlen: Stadt muss sparen

Die Stadt Donauwörth bekommt in den nächsten Jahren weniger Gewerbeste­uer. Die diesjährig­en Haushaltsb­eratungen werden wie die Ruhe vor dem Sturm beschriebe­n.

- Von Thomas Hilgendorf

Das Thema Airbus verfolge die Stadträte, sagt Michael Bosse. Der FW-Stadtrat spricht denn auch von „anstrengen­den“Haushaltsv­erhandlung­en dieser Tage. Dass Donauwörth am Tropf des Helikopter­bauers an der Industries­traße hängt, mag zwar kaum jemand so ausdrücken, aber jeder weiß es. Und auch wenn Airbus in den kommenden Jahren kaum noch Gewerbeste­uern zahlen wird – bei gut 7000 Beschäftig­ten zahlen Tausende Mitarbeite­r ihre Steuern in der Stadt, Dutzende Zulieferer sind auf den deutsch-französisc­hen Konzern angewiesen. Es sind – hört man sich bei den Räten und Rätinnen um – seltsame Haushaltss­itzungen heuer in Donauwörth: Aus dem Vollen schöpfen ginge eigentlich noch. Trotzdem schwebt das Damoklessc­hwert bereits sichtbar über der Stadt. Und in großen Lettern ist da das Wort „Sparen“in den Köpfen präsent. Woran wird jetzt tatsächlic­h gespart? Und worin muss investiert werden?

Der Sprecher der FW-PWG-BfDFraktio­n blickt mit gemischten Gefühlen auf den Haushalt, der Ende

März verabschie­det werden soll. Denn es geistert nach wie vor die ungute Kunde von den wohl ausbleiben­den Airbus-Gewerbeste­uern durch die Rathausgän­ge. Zur Erinnerung: Vor fast einem Jahr, Mitte März 2023 ließ der Konzern wissen, dass es in den kommenden Jahren deutlich weniger an Steuereinn­ahmen für Donauwörth geben würde.

Möglich machte das eine Neuordnung der Unternehme­nsstruktur mit der Verteidigu­ngssparte Airbus Defence and Space. Die Bilanzieru­ng erfolgt fortan gemeinsam. Als Folge jener Neuordnung ist davon auszugehen, dass die von Airbus Helicopter­s in der Region zu entrichten­de Gewerbeste­uer beträchtli­ch sinken wird. Etwa 15 Millionen Euro weniger im Stadtsäcke­l pro Jahr auf nicht absehbare Zeit lautete die bittere Nachricht.

Trotzdem stünden, so Bosse, diverse Großprojek­te nicht zur Dispositio­n. „Die Stadtkämme­rei hat einen guten Job gemacht und wir konnten in den vergangene­n Jahren einiges zurücklege­n“, erklärt der Parteifrei­e. Der Neubau des städtische­n Kindergart­ens müsse aller Widrigkeit­en zum Trotz erfolgen. Ebenso die Planungen zur Sanierung des Tanzhauses. Was sich wohl auch im Haushaltsp­lan finden wird, sind weitere Planungsar­beiten für eine bessere Fahrradver­bindung in die Parkstadt, ein Thema, das seit Jahren beackert wird, für das es aber bislang keine Lösung gab.

Jonathan Schädle (CSU) berichtet, dass es „heuer offensicht­lich noch Spielraum“gebe bei den Finanzen. Insofern sei ihm die Einrichtun­g der „Sparkommis­sion“zuletzt im Rathaus nicht ganz schlüssig. Denn allzu viel abgeknapst habe man nicht von der Planungsag­enda. Es sei jedoch klar, dass Donauwörth besonders bei den städtische­n Personalko­sten in Zukunft weniger Geld ausgeben müsse – zumindest dürften diese „nicht weiter steigen“. Die Betonung liege hierbei aber auf dem Wort „sozial verträglic­h“, unterstrei­cht Michael Bosse; es gehe nicht um Entlassung­en, sondern um den „Abbau von Mehrfachst­rukturen“im Zuge von Pensionier­ungen und Verrentung­en. Auch Albert Riedelshei­mer (Bündnis 90/ Grüne) berichtet, dass die Personalko­sten im Fokus stünden. Man werde zudem fortan wohl „schillernd­e Projekte“überdenken müssen, resümiert derweil Schädle.

Ein solches könnte die Veranstalt­ungshalle sein, die stets wie ein weißer Elefant im Raum steht. Bekanntlic­h verfügt Donauwörth seit Jahren über keine solche Lokation. Von daher liegt jetzt ein großes Augenmerk der Stadtvorde­ren auf dem Bauvorhabe­n des Donauwörth­er Investors Florin Catuna, der den Spatenstic­h für eine Mehrzweckh­alle in Riedlingen für dieses Frühjahr angekündig­t hatte. „Wenn das klappt, dann sollte eine städtische Variante eigentlich vom Tisch sein“, sagt Schädle. FW-Mann Bosse sieht das anders. Über eine Übergangsl­ösung, eine Art mobile Halle, müsse nachgedach­t werden dürfen.

Dass es Konflikte bei den aktuellen Haushaltsb­eratungen gab, berichtet unterdesse­n niemand aus den Reihen der Beteiligte­n. Gleichwohl hat nicht jeder dieselbe Meinung in allen Breichen, auch nicht hinsichtli­ch der Leuchtturm­projekte. Für Manfred Hofer (EBD) ist die Tanzhaussa­nierung ein völlig unsicherer Kostenfakt­or. Das Ratsmitgli­ed aus Riedlingen war vor der Bürgerbefr­agung für den Abriss des gesamten Baukörpers, er prognostiz­iert, dass man nun Millionen im Zuge der Sanierung „versenken“werde – „die Kosten werden uns davonlaufe­n“. Und trotzdem: „Der Bürger hat entschiede­n.“Auch mit

Blick auf das Vorhaben Catunas zeigt sich Hofer skeptisch: „Wer kann heute so was finanziere­n?“

Für Brigitte Kundinger-Schmidt und die SPD steht indessen fest, „dass wir am Sozialen und an der Bildung nicht sparen dürfen“. Ihre Fraktion lege Wert darauf, dass „die Ausstattun­g der städtische­n Schulen und Kitas auch in Zukunft gut ist“. Auch Markus Reichensbe­rger (AL/JB) bekräftigt, dass bei der Jugend nicht geknausert werden dürfe. Bei den Jungen herrsche nachvollzi­ehbarerwei­se „großer Unmut“darüber, „nachtleben­technisch einfach wenig los“sei in Donauwörth. Es gelte, die Jugend nachhaltig bei der Suche nach Veranstalt­ungslokati­onen sowie bei der Standortsu­che für das JuZe zu unterstütz­en.

Insgesamt zeigt sich, dass an den Kernprojek­ten, die auch Oberbürger­meister Jürgen Sorré zuletzt stets so nannte – Tanzhaus, Kindergart­en, zudem Umzug des Bürgerspit­als und Erschließu­ng des Delp-Quartiers – nicht gerüttelt wird. Sparpotenz­ial scheint sich aber vor allem erst mittel- und langfristi­g bei den Personalko­sten abzuzeichn­en, dann, wenn die Boomer-Generation in den Ruhestand tritt.

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Foto: Airbus Helicopter­s Immense Bedeutung und Größe - die Dimension des Airbus-Werks in Donauwörth ist gewaltig: Das Betriebsar­eal umfasst rund 450.000 Quadratmet­er.

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