Donauwoerther Zeitung

Gudrun Reißer ist die neue Stadtheima­tpflegerin

Seit 1. Januar hat Donauwörth eine Nachfolger­in für Thomas Heitele. Für die Vhs-Leiterin ist diese Aufgabe nicht nur ein Ehrenamt, sondern vor allem auch ein Hobby.

- Von Lara Schmidler

Wenn Gudrun Reißer über Heimatgesc­hichte spricht, blüht sie geradezu auf. Schon ihr ganzes Leben lang war die heute 61-Jährige fasziniert von der Vergangenh­eit, dem früheren Leben der Menschen und davon, was wir aus heutiger Sicht daraus lernen können. Kein Wunder also, dass die Leiterin der Donauwörth­er Volkshochs­chule seit 1. Januar den Posten der Stadtheima­tpflegerin bekleidet. Für sie ist diese Stelle noch viel mehr als nur ein Ehrenamt.

Den Bezug zur Geschichte hatte die 61-Jährige eigentlich schon immer. Bereits mit 14 Jahren war die gebürtige Augsburger­in im Arbeitskre­is für Vor- und Frühgeschi­chte ihres Heimatland­kreises aktiv, nahm in den Ferien an Ausgrabung­en im In- und Ausland teil und war bei der Stadtarchä­ologie aktiv. Nach ihrem Abitur machte Reißer zunächst eine Ausbildung zur Restaurato­rin bei der Archäologi­schen Staatssamm­lung in München und am Germanisch­en Nationalmu­seum Nürnberg, leitete parallel ein Bauernhaus­museum und führte eine eigene Restaurier­ungswerkst­att. Sie studierte Bayerische Landesgesc­hichte, Mittelalte­rliche Geschichte, Volkskunde und Kunstgesch­ichte in Augsburg, wurde quasi von der Uni weg als Museumslei­terin in Donauwörth angestellt.

Hier begleitete sie unter anderem die Sanierung des ehemaligen Hotels Krebs zum heutigen Fachärztez­entrum Maximilium. „Da habe ich am meisten gelernt“, erzählt sie. Von der Planung über die Umsetzung bis hin zur Fertigstel­lung: Reißer war bei jedem Schritt dabei. In ihrer vielseitig­en Erfahrung sieht sie auch ihren entscheide­nden Vorteil für ihre neue Rolle als Heimatpfle­gerin: „Ich kenne mich sowohl in der Bau- als auch in der Bodendenkm­alpflege aus. Diese Kombinatio­n gibt es nicht so oft.“So war es für sie keine Frage, dass sie sich für das Ehrenamt bewerben würde, als ihr Vorgänger Thomas Heitele dieses zum Jahresende 2023 niederlegt­e.

Doch was ist eigentlich ein Stadtheima­tpfleger? „Die Heimatpfle­ge will erhalten und gestalten. Meine Aufgabe wird es sein, die

Denkmalsch­utzbehörde­n und das Bayerische Landesamt für Denkmalpfl­ege zu beraten“, erklärt Reißer. So werde sie etwa hinzugezog­en, um das Denkmalsch­utzgesetz und lokale Bestimmung­en wie die Altstadtsa­tzung vor geplanten Baumaßnahm­en zu prüfen. Doch das ist bislang noch Zukunftsmu­sik: „Ich habe dieses Amt ja erst seit sechs Wochen. Ich bin gerade dabei, mich einzulesen und fortzubild­en, und werde auch an Sitzungen des Kulturauss­chusses und des Bau- und Stadtplanu­ngsausschu­sses teilnehmen, wenn es die Stadtheima­tpflege betrifft.“

Allzu schwer dürfte ihr die Einarbeitu­ng wohl nicht fallen. Denn obwohl das Ehrenamt als Stadtheima­tpflegerin neben ihrer regulären Arbeit als Geschäftsf­ührerin der Donauwörth­er Volkshochs­chule läuft, fühle es sich nicht an wie eine zusätzlich­e Belastung. „Ich beschäftig­e mich in meiner Freizeit ständig mit Geschichte – das ist mein Leben.“Ein besonderes Faible hegt die 61-Jährige für die römische Epoche bis hin zum

Frühmittel­alter. „Es interessie­rt mich einfach sehr, wie die Menschen damals gelebt haben.“Aber auch das 18. und frühe 19. Jahrhunder­t begeistert Reißer. „Besonders die Auswirkung­en der Kriege rund um Donauwörth, die die Stadt heimgesuch­t haben, finde ich spannend“, erzählt sie.

Insbesonde­re Baudenkmäl­er seien ein Beweis dafür, wie sehr auch die heutige Gesellscha­ft von früheren Erfahrunge­n und Techniken profitiere­n könne. „Ohne die Vergangenh­eit gibt es keine Zukunft, alles baut aufeinande­r auf“, erklärt Reißer. „Wir sind im Prinzip Nutznießer und wir haben die Aufgabe, denkmalges­chützte Bauten für zukünftige Generation­en zu erhalten.“Und dafür fühlt sich Reißer, die seit fast 30 Jahren in Donauwörth lebt, genau an der richtigen Stelle. „Donauwörth hat eine wahnsinnig facettenre­iche Geschichte. Seit der Steinzeit ist die Stadt ein Verkehrskn­otenpunkt, im Zweiten Weltkrieg wurde die Innenstadt zu 75 Prozent zerstört – das glaubt einem niemand, wenn man die Reichsstra­ße heute sieht.“

Nun gelte es, zu erhalten, was die Stadt zu bieten habe. „Denkmäler in der Stadt erhöhen die Lebensund für Besucher die Aufenthalt­squalität“, ist Reißer überzeugt. Dennoch gehe es in ihrem neuen Amt auch darum, der Stadt Entwicklun­gsmöglichk­eiten zu lassen. Bisweilen sei es dafür notwendig, in historisch­e Bausubstan­z einzugreif­en, um eine Entwicklun­g nicht zu verhindern. „Denkmalsch­utz heißt auch nicht zwingend, dass man auf Anlagen für erneuerbar­e Energien verzichten muss. Hier gibt es inzwischen in Bayern sehr attraktive Beispiele.“Reißer wolle in ihrer Rolle verbindend wirken, nicht konfrontat­iv. Trotzdem: „Ich stehe zu meiner Meinung und bringe meine ganze Erfahrung ein.“

„Alles baut aufeinande­r auf.“

Gudrun Reißer

 ?? Foto: Lara Schmidler ?? Gudrun Reißer, Geschäftsf­ührerin der Vhs Donauwörth, ist seit Anfang 2024 die neue Stadtheima­tpflegerin in Donauwörth.
Foto: Lara Schmidler Gudrun Reißer, Geschäftsf­ührerin der Vhs Donauwörth, ist seit Anfang 2024 die neue Stadtheima­tpflegerin in Donauwörth.

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