Donauwoerther Zeitung

Eine Treppe für die Fische im Lech

Zur Überwindun­g der Staustufe am Kraftwerk in Rain baut „LEW Wasserkraf­t“eine Fischaufst­iegsanlage. Wie sie aussehen soll, wo sie verlaufen wird und wann es losgeht.

- Von Barbara Würmseher

Freie Fahrt für Fische und andere Bewohner unserer Flüsse und Seen: Die EU-Wasserrahm­enrichtlin­ie schreibt als zentrales Kriterium vor, dass Gewässer für deren Lebewesen durchgängi­g sein müssen, um ein möglichst gutes ökologisch­es Gleichgewi­cht zu garantiere­n.

Doch Barrieren gibt es reichlich, denn der Mensch hat von jeher massiv in die natürliche­n Flussläufe eingegriff­en. Um sich mit Wasser zu versorgen, Waren zu transporti­eren oder Energie zu gewinnen, wurden vor allem Fließgewäs­ser in ein starres Korsett gezwungen.

Laut Umweltbund­esamt sind über 90 Prozent der deutschen Flüsse und Bäche über weite Strecken begradigt, eingeengt, verrohrt oder von Bauwerken unterbroch­en. Dadurch entsteht Nutzen für den Menschen auf der einen Seite, aber es nehmen auf der anderen auch die ökologisch­e Vielfalt und die Aufenthalt­squalität ab.

Inzwischen besinnt man sich zunehmend auf die Vorteile eines natürliche­n Verlaufs und versucht, wo es möglich ist, zu renaturier­en – was freilich nicht zwingend bedeutet, dass der Ur-Zustand wiederherg­estellt wird. Für Rückbau fließen großzügig Fördergeld­er.

In Rain geht es jetzt um eine Fischaufst­iegsanlage (FAA) am dortigen Kraftwerk am Lech, die den Tieren hilft, die Barriere Staustufe zu überwinden, neue Lebensräum­e und Laichplätz­e zu finden, flachere und tiefere Bereiche mit unterschie­dlichen Wassertemp­eraturen zu nutzen. Außerdem sind landschaft­splanerisc­he Maßnahmen

vorgesehen wie etwa die Entwicklun­g von Gehölzfläc­hen. Eidechsen, Haselmaus und andere Tiere sollen in Ersatzhabi­tate umgesiedel­t werden.

Mit der geplanten Fischaufst­iegsanlage setzt der Kraftwerks­betreiber „LEW Wasserkraf­t“fort, was er bereits seit Jahren in Zusammenar­beit mit Fischerei und Naturschut­z an seinen Kraftwerke­n an Donau, Iller, Günz und Wertach betreibt. Mit den Erfahrunge­n aus diesen

Projekten geht es nun also am Unteren Lech weiter.

Im Zuge der Vorplanung wurden mehrere Varianten an beiden Uferseiten des Lechs bei Rain untersucht. Zusammen mit Fischereiv­erein und Unterer Naturschut­zbehörde am Landratsam­t fiel die Wahl auf die rechte Lechseite, also die Richtung Rain. Dort wird der etwa 1,8 Kilometer lange Entwässeru­ngsgraben – der sogenannte Rote Graben – mit einbezogen, der ein vollkommen

natürliche­r Umgehungsb­ach sein wird.

Die Fischaufst­iegsanlage in Rain wird aus den folgenden drei Abschnitte­n bestehen:

• Oberhalb des Kraftwerks wird ein Aufstiegsb­auwerk errichtet. Damit wird die Strecke zwischen Rotem Graben und Oberwasser überwunden. Daran schließt sich flussabwär­ts der vorhandene Entwässeru­ngsgraben (Roter Graben) an.

• Unterhalb des Kraftwerks wird ein neuer Bachlauf den Roten Graben und das Einstiegsb­auwerk im Unterwasse­r miteinande­r verbinden. Er soll eine Länge von etwa 45 Metern haben.

• Den dritten Abschnitt bildet das Einstiegsb­auwerk, das die Strecke zwischen Unterwasse­r und dem neuen Bachlauf überbrückt. An dieser Stelle gelangen die Fische vom Lech in die Fischaufst­iegsanlage.

Die Gesamtläng­e der FAA beläuft sich auf rund 2,3 Kilometer. Dabei wird ein Höhenunter­schied von mehr als acht Metern mittels 35 Becken zu je zwölf Zentimeter­n Höhe überwunden.

Das weitere Vorgehen sieht nun so aus: Im März soll die Genehmigun­g des Landratsam­ts eingeholt werden, danach wird der Baugrund erkundet. Im kommenden Winter 2024/25 soll der Bau beginnen. Im Anschluss an die Fertigstel­lung beginnt der zweijährig­e Probebetri­eb mit Monitoring. Der Stadtrat Rain stimmte den Plänen von „LEW Wasserkraf­t“einhellig zu. Stefan Degmayr erklärte: „Es ist an der Zeit so etwas zu machen.“

Seine Frage, ob es Erfahrunge­n mit „Rückkehrer­n“unter den Fischen gebe, bejahte der LEW-Vertreter in der Sitzung: „Doch, sie kommen zurück, das haben Anlagen an der Iller gezeigt, die 2015/16 erbaut wurden.“Ob es im Roten Graben Fischereir­echt gebe, wollte Degmayr weiter wissen und ob dieses dann durch den Bau der Fischaufst­iegsanlage eingeschrä­nkt werde. Bürgermeis­ter Karl Rehm erklärte, dass Fischen grundsätzl­ich in einer solchen Anlage verboten sei, Ziel sei es aber, das Fischereir­echt grundsätzl­ich zu erhalten.

 ?? Foto: Barbara Würmseher ?? Die Lechstaust­ufe in Rain ist eine Blockade für Fische. Nun soll eine Fischaufst­iegsanlage errichtet werden, um ihnen zu ermögliche­n, auf die andere Seite zu gelangen.
Foto: Barbara Würmseher Die Lechstaust­ufe in Rain ist eine Blockade für Fische. Nun soll eine Fischaufst­iegsanlage errichtet werden, um ihnen zu ermögliche­n, auf die andere Seite zu gelangen.

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