Ein „Dreckhügel“mobilisiert die Massen
Eine Info-Veranstaltung zur von der Stadt Monheim angestrebten Deponie-Erweiterung lockt fast 550 Interessierte. Die vorgesehene Fläche hat sich reduziert.
Was ist wichtiger: Der Erhalt eines Waldstücks oder die voraussichtlich über Jahrzehnte gesicherte Möglichkeit, Erdaushub günstig entsorgen zu können? Um diese Frage drehte sich am Montagabend dreieinhalb Stunden lang eine Informationsveranstaltung der Stadt Monheim. Die will ihre Deponie für solches Material erweitern, weil die Kapazitäten der bisherigen Ablagerungsstätte bald erschöpft sind. Allerdings müsste bei der favorisierten Variante ein Teil des Stadtforstes gerodet werden. Dies will eine offenbar recht große Zahl an Bewohnerinnen und Bewohnern nicht akzeptieren. Es formierte sich eine Bürgerinitiative (BI). Die startete mittlerweile ein Bürgerbegehren. Das Thema kochte in den vergangenen Wochen in der Jurastadt derart hoch, dass das Interesse an der Veranstaltung riesig war: Fast 550 Personen füllten die Stadthalle.
Bürgermeister Günther Pfefferer versprach „umfassende Informationen“zu dem Projekt und bat um Verständnis, dass diese erst jetzt erfolgen können. Die Vorbereitungen seien umfangreich gewesen, außerdem sei die Faschingszeit dazwischengekommen. Mehrmals klang an, wie brisant die Diskussion um die Deponie-Erweiterung in der Kommune inzwischen ist. Stadtrat Lothar Roßkopf berichtete, Mitglieder des Gremiums seien zum Teil nicht mehr gegrüßt und sogar beleidigt worden.
Um einen möglichst geordneten Verlauf der Info-Veranstaltung zu gewährleisten, wählten Stadt und BI einen neutralen Moderator aus: den ehemaligen Richter Gerhard Schamann. Der bemühte sich (erfolgreich), die Emotionen der Versammelten im Zaum zu halten, denn: „Es darf nicht sein, dass wegen eines Dreckhügels die gute Stimmung in Monheim zerstört wird.“Freilich machte Schamann auch deutlich, dass er persönlich die Rodung des Walds im Bereich „Rossköpfle“nur akzeptieren würde, wenn gute Argumente dafür sprächen.
Nach Angaben von Bürgermeister Pfefferer existiert die Deponie südwestlich von Monheim seit Mitte der 1960er Jahre. Sie wurde zweimal erweitert und umfasst derzeit 14,2 Hektar. Seit 1990 sei die Deponie regelmäßig geöffnet. Die Erweiterung direkt jenseits des Waldwegs würde Entsorgungssicherheit für 30 bis 45 Jahre bringen, würde Fahrten zu weiter entfernten Ablagerungsstätten ersparen und damit den Kohlenstoffdioxid-Ausstoß verringern. Die Kosten wären niedriger als bei gewerblichen Deponiebetreibern in der Umgebung. Pfefferer betonte: Das Geld, das sich damit auch die Stadt sparen würde, könnte für andere Projekte verwendet werden und den Bürgern zugutekommen.
In der Stadthalle saßen mehrere Fachleute, Mitglieder der Verwaltung und des Stadtrats auf dem Podium. Geologe Ralf Barfeld (Nördlingen) gab bekannt, die angestrebte Größe der Erweiterungsfläche habe sich von zehn auf 7,5 Hektar reduziert. Grund: Hügelgräber aus grauer Vorzeit, die nicht überbaut werden dürfen. Der große Pluspunkt des Standorts sei die Beschaffenheit des Untergrunds. Für eine solche Deponie sei eine geologische Barriere (also eine Lehmschicht) von mindestens einem Meter notwendig. Die sei im Bereich am „Rossköpfle“natürlich vorhanden. Barfelds Fazit: „Der
Standort ist hervorragend geeignet.“Johannes Wolf (Thalmässing) erläuterte die vorgegebenen Planungsschritte für eine Deponie. Erster Schritt sei eine artenschutzrechtliche Prüfung. Die laufe über ein ganzes Jahr. Es werde die Tierund Pflanzenwelt erfasst. Zudem werde geprüft, welche Ausgleichsmaßnahmen nötig sind. Eine Ersatzaufforstung müsse im Verhältnis 1:1 erfolgen. Die Planung einer Erweiterung ziehe sich über mindestens zwei Jahre hin. Anschließend beginne das Genehmigungsverfahren.
Stadtrat Jürgen Eitel zeigte auf, dass die Bäume in dem betroffenen Wald rund 40 bis 60 Jahre alt sind. Die Deponie würde nicht auf einmal errichtet, sondern in Bauabschnitten. Für das erste Teilstück würde höchstens die Hälfte des Areals hergenommen. Zum Vergleich: Im Schnitt würden derzeit jährlich vier Hektar im rund 700 Hektar großen Stadtwald eingeschlagen. Eitel stellte klar, mit dem vor einigen Jahren ausgewiesenen „Zukunftswald“habe die Fläche an der Deponie „gar nichts zu tun“.
Zweite Bürgermeisterin Anita Ferber bat darum, die Diskussion
nicht zu emotional zu führen und den Stadtrat nicht als Gegner zu betrachten: „Wir ringen um die beste Entscheidung.“Man befinde sich noch nicht in der Planungsphase. Das Thema sei im Stadtrat kontrovers diskutiert worden. Stadtbaumeister Richard Meyer rechnete vor, im Vergleich zu gewerblichen und damit gewinnorientierten Deponiebetreibern hätten die Monheimer mit einer eigenen Ablagerungsstätte eine Ersparnis von etwa 30 Euro pro Kubikmeter Aushubmaterial. Dies bringe der Kommune und ihren Bürgern jährlich im Schnitt einen finanziellen Vorteil von insgesamt rund 750.000 Euro. Die AushubEntsorgung für ein Wohnhaus ohne Keller sei um 2400 Euro billiger. Bei einem Gebäude mit Keller seien es über 10.000 Euro.
Die „Bürgerinitiative zum Erhalt des Monheimer Waldes“erhielt die Gelegenheit für eine Stellungnahme. BI-Sprecher Daniel Rieger blickte auf die Bürgerversammlung im November 2023 zurück. In dieser sprach Bürgermeister Pfefferer die mögliche Erweiterung an. Rieger kritisierte, viele Fragen seien unzureichend beantwortet
worden. Die Kommunikation seitens der Stadt sei schlecht gelaufen: „Es benötigt leider erst der Reaktion, um Information zu bekommen.“Ohne den Protest hätte es nach Ansicht des BI-Sprechers die Info-Veranstaltung am Montag nicht gegeben.
In der folgenden Fragerunde erklärten die Verantwortlichen der Kommune, die Stadt verfüge bereits über einige geeignete Flächen, auf denen neuer Wald gepflanzt werden könnte. Ein Itzinger äußerte die Befürchtung, durch die Erweiterung könnte noch mehr Oberflächenwasser in Richtung des Stadtteils gelangen. Wiederholt machten Zuhörer deutlich, dass der Wald, der gefällt werden müsste, nicht zu ersetzen wäre. Mehrere Stadträte entgegneten, niemand sei gegen den Wald, es müsse aber abgewogen werden. Die Deponie-Erweiterung sei eine Entscheidung, von der Generationen profitierten.
Dem Bürgermeister war das Schlusswort vorbehalten. Er versprach: „Wir nehmen uns die Fragen und Anregungen zu Herzen. Wir wollen euch auch mitnehmen.“