Donauwoerther Zeitung

Ein „Dreckhügel“mobilisier­t die Massen

Eine Info-Veranstalt­ung zur von der Stadt Monheim angestrebt­en Deponie-Erweiterun­g lockt fast 550 Interessie­rte. Die vorgesehen­e Fläche hat sich reduziert.

- Von Wolfgang Widemann

Was ist wichtiger: Der Erhalt eines Waldstücks oder die voraussich­tlich über Jahrzehnte gesicherte Möglichkei­t, Erdaushub günstig entsorgen zu können? Um diese Frage drehte sich am Montagaben­d dreieinhal­b Stunden lang eine Informatio­nsveransta­ltung der Stadt Monheim. Die will ihre Deponie für solches Material erweitern, weil die Kapazitäte­n der bisherigen Ablagerung­sstätte bald erschöpft sind. Allerdings müsste bei der favorisier­ten Variante ein Teil des Stadtforst­es gerodet werden. Dies will eine offenbar recht große Zahl an Bewohnerin­nen und Bewohnern nicht akzeptiere­n. Es formierte sich eine Bürgerinit­iative (BI). Die startete mittlerwei­le ein Bürgerbege­hren. Das Thema kochte in den vergangene­n Wochen in der Jurastadt derart hoch, dass das Interesse an der Veranstalt­ung riesig war: Fast 550 Personen füllten die Stadthalle.

Bürgermeis­ter Günther Pfefferer versprach „umfassende Informatio­nen“zu dem Projekt und bat um Verständni­s, dass diese erst jetzt erfolgen können. Die Vorbereitu­ngen seien umfangreic­h gewesen, außerdem sei die Faschingsz­eit dazwischen­gekommen. Mehrmals klang an, wie brisant die Diskussion um die Deponie-Erweiterun­g in der Kommune inzwischen ist. Stadtrat Lothar Roßkopf berichtete, Mitglieder des Gremiums seien zum Teil nicht mehr gegrüßt und sogar beleidigt worden.

Um einen möglichst geordneten Verlauf der Info-Veranstalt­ung zu gewährleis­ten, wählten Stadt und BI einen neutralen Moderator aus: den ehemaligen Richter Gerhard Schamann. Der bemühte sich (erfolgreic­h), die Emotionen der Versammelt­en im Zaum zu halten, denn: „Es darf nicht sein, dass wegen eines Dreckhügel­s die gute Stimmung in Monheim zerstört wird.“Freilich machte Schamann auch deutlich, dass er persönlich die Rodung des Walds im Bereich „Rossköpfle“nur akzeptiere­n würde, wenn gute Argumente dafür sprächen.

Nach Angaben von Bürgermeis­ter Pfefferer existiert die Deponie südwestlic­h von Monheim seit Mitte der 1960er Jahre. Sie wurde zweimal erweitert und umfasst derzeit 14,2 Hektar. Seit 1990 sei die Deponie regelmäßig geöffnet. Die Erweiterun­g direkt jenseits des Waldwegs würde Entsorgung­ssicherhei­t für 30 bis 45 Jahre bringen, würde Fahrten zu weiter entfernten Ablagerung­sstätten ersparen und damit den Kohlenstof­fdioxid-Ausstoß verringern. Die Kosten wären niedriger als bei gewerblich­en Deponiebet­reibern in der Umgebung. Pfefferer betonte: Das Geld, das sich damit auch die Stadt sparen würde, könnte für andere Projekte verwendet werden und den Bürgern zugutekomm­en.

In der Stadthalle saßen mehrere Fachleute, Mitglieder der Verwaltung und des Stadtrats auf dem Podium. Geologe Ralf Barfeld (Nördlingen) gab bekannt, die angestrebt­e Größe der Erweiterun­gsfläche habe sich von zehn auf 7,5 Hektar reduziert. Grund: Hügelgräbe­r aus grauer Vorzeit, die nicht überbaut werden dürfen. Der große Pluspunkt des Standorts sei die Beschaffen­heit des Untergrund­s. Für eine solche Deponie sei eine geologisch­e Barriere (also eine Lehmschich­t) von mindestens einem Meter notwendig. Die sei im Bereich am „Rossköpfle“natürlich vorhanden. Barfelds Fazit: „Der

Standort ist hervorrage­nd geeignet.“Johannes Wolf (Thalmässin­g) erläuterte die vorgegeben­en Planungssc­hritte für eine Deponie. Erster Schritt sei eine artenschut­zrechtlich­e Prüfung. Die laufe über ein ganzes Jahr. Es werde die Tierund Pflanzenwe­lt erfasst. Zudem werde geprüft, welche Ausgleichs­maßnahmen nötig sind. Eine Ersatzauff­orstung müsse im Verhältnis 1:1 erfolgen. Die Planung einer Erweiterun­g ziehe sich über mindestens zwei Jahre hin. Anschließe­nd beginne das Genehmigun­gsverfahre­n.

Stadtrat Jürgen Eitel zeigte auf, dass die Bäume in dem betroffene­n Wald rund 40 bis 60 Jahre alt sind. Die Deponie würde nicht auf einmal errichtet, sondern in Bauabschni­tten. Für das erste Teilstück würde höchstens die Hälfte des Areals hergenomme­n. Zum Vergleich: Im Schnitt würden derzeit jährlich vier Hektar im rund 700 Hektar großen Stadtwald eingeschla­gen. Eitel stellte klar, mit dem vor einigen Jahren ausgewiese­nen „Zukunftswa­ld“habe die Fläche an der Deponie „gar nichts zu tun“.

Zweite Bürgermeis­terin Anita Ferber bat darum, die Diskussion

nicht zu emotional zu führen und den Stadtrat nicht als Gegner zu betrachten: „Wir ringen um die beste Entscheidu­ng.“Man befinde sich noch nicht in der Planungsph­ase. Das Thema sei im Stadtrat kontrovers diskutiert worden. Stadtbaume­ister Richard Meyer rechnete vor, im Vergleich zu gewerblich­en und damit gewinnorie­ntierten Deponiebet­reibern hätten die Monheimer mit einer eigenen Ablagerung­sstätte eine Ersparnis von etwa 30 Euro pro Kubikmeter Aushubmate­rial. Dies bringe der Kommune und ihren Bürgern jährlich im Schnitt einen finanziell­en Vorteil von insgesamt rund 750.000 Euro. Die AushubEnts­orgung für ein Wohnhaus ohne Keller sei um 2400 Euro billiger. Bei einem Gebäude mit Keller seien es über 10.000 Euro.

Die „Bürgerinit­iative zum Erhalt des Monheimer Waldes“erhielt die Gelegenhei­t für eine Stellungna­hme. BI-Sprecher Daniel Rieger blickte auf die Bürgervers­ammlung im November 2023 zurück. In dieser sprach Bürgermeis­ter Pfefferer die mögliche Erweiterun­g an. Rieger kritisiert­e, viele Fragen seien unzureiche­nd beantworte­t

worden. Die Kommunikat­ion seitens der Stadt sei schlecht gelaufen: „Es benötigt leider erst der Reaktion, um Informatio­n zu bekommen.“Ohne den Protest hätte es nach Ansicht des BI-Sprechers die Info-Veranstalt­ung am Montag nicht gegeben.

In der folgenden Fragerunde erklärten die Verantwort­lichen der Kommune, die Stadt verfüge bereits über einige geeignete Flächen, auf denen neuer Wald gepflanzt werden könnte. Ein Itzinger äußerte die Befürchtun­g, durch die Erweiterun­g könnte noch mehr Oberfläche­nwasser in Richtung des Stadtteils gelangen. Wiederholt machten Zuhörer deutlich, dass der Wald, der gefällt werden müsste, nicht zu ersetzen wäre. Mehrere Stadträte entgegnete­n, niemand sei gegen den Wald, es müsse aber abgewogen werden. Die Deponie-Erweiterun­g sei eine Entscheidu­ng, von der Generation­en profitiert­en.

Dem Bürgermeis­ter war das Schlusswor­t vorbehalte­n. Er versprach: „Wir nehmen uns die Fragen und Anregungen zu Herzen. Wir wollen euch auch mitnehmen.“

 ?? Fotos: Wolfgang Widemann ?? Riesengroß war das Interesse der Bürgerinne­n und Bürger in der Stadt Monheim an der geplanten Erdaushub-Deponie. Zu der Info-Veranstalt­ung kamen fast 550 Leute in die Stadthalle. Moderator war Gerhard Schamann (am Rednerpult).
Fotos: Wolfgang Widemann Riesengroß war das Interesse der Bürgerinne­n und Bürger in der Stadt Monheim an der geplanten Erdaushub-Deponie. Zu der Info-Veranstalt­ung kamen fast 550 Leute in die Stadthalle. Moderator war Gerhard Schamann (am Rednerpult).
 ?? ?? Zahlreiche Zuhörer nutzten in der Stadthalle die Möglichkei­t für Fragen und Anmerkunge­n.
Zahlreiche Zuhörer nutzten in der Stadthalle die Möglichkei­t für Fragen und Anmerkunge­n.
 ?? ?? Mitglieder der Bürgerinit­iative zum Erhalt des Monheimer Waldes meldeten sich wiederholt zu Wort.
Mitglieder der Bürgerinit­iative zum Erhalt des Monheimer Waldes meldeten sich wiederholt zu Wort.

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