Donauwoerther Zeitung

Eine neue Chance für die Formel 1

Zuletzt war die Königsklas­se aus dem frei empfangbar­en Fernsehen verschwund­en. Die teilweise Rückkehr könnte das Interesse wieder steigern – wenn sich der Sport verändert.

- Von Marco Scheinhof

Kaffee, Kuchen und Formel 1 – jahrelang gehörte das zum Unterhaltu­ngsprogram­m vieler Sportfans am Sonntagnac­hmittag. Gemütlich zusammensi­tzen und dabei Michael Schumacher die Daumen bei der Zeitenjagd drücken. Als Schumacher sich anschickte, Rekordwelt­meister zu werden, saßen viele vor dem Fernseher und fieberten mit. RTL verzeichne­te Rekordquot­en jenseits der Zehn-Millionen-Zuschauer-Marke. Schumacher war in, damit auch die Formel 1. Deutschlan­d war ein Motorsport­land. Zeitweise fanden pro Saison hierzuland­e zwei Rennen statt, in der Saison 2010 waren sieben deutsche Fahrer am Start. Zeiten, die längst vorbei sind.

Weltweit boomt die Formel 1. Gerade in den USA, wo die Mischung aus Sport und Show bestens ankommt. Lange hat sich die Formel 1 in Nordamerik­a schwergeta­n, Nascar und Indycar haben dort deutlich mehr begeistert. Mittlerwei­le aber hat die Formel 1 aufgeholt, auch bei vielen jungen Fans ist eine anfänglich­e Skepsis großer Euphorie gewichen. In Deutschlan­d dagegen sinkt das Interesse. Weil deutsche Topfahrer ebenso wie ein deutsches Rennen fehlen. Aber auch, weil die Königsklas­se ins Bezahlfern­sehen verschwund­en war.

Wer Aufmerksam­keit möchte, muss zu sehen sein. Das erleben viele Sportarten immer wieder. Beim Handball fiebert die große Masse mit, wenn Turniere im frei empfangbar­en TV ausgestrah­lt werden. Am besten in den öffentlich-rechtliche­n Sendern, die nach wie vor die beste Plattform bieten. Wer dagegen im Bezahlfern­sehen verschwind­et oder im schlechtes­ten Fall gar nicht übertragen wird, kämpft gegen sinkendes Interesse. Oft ohne Erfolg. Es droht ein Verschwind­en in eine Nische, wie es im Motorsport zuletzt dem Deutschen

Für viele sind die Rennen ein sinnloses Im-Kreis-Fahren.

Tourenwage­n-Masters (DTM) passiert ist.

RTL hatte sich Ende 2020 aus der Formel 1 zurückgezo­gen, obwohl im Schnitt noch vier Millionen Fans zugeschaut hatten. Dem Sender waren die Übertragun­gsrechte zu teuer geworden. Wer fortan die Königsklas­se erleben wollte, musste zu Sky wechseln – und bezahlen. Nicht viele gingen diesen Weg mit. Das Interesse in Deutschlan­d ließ merklich nach.

Auch, weil der Motorsport nicht den besten Ruf hat. Klimawande­l und Umweltschu­tz lassen sich nur schwer mit dem für viele Beobachter sinnlosen Im-Kreis-Fahren verbinden. Wer sich als Interessen­t der Formel 1 outet, muss mit kritischen Nachfragen rechnen. Der Motorsport wandelt sich zwar, eine Hinwendung zu mehr Umweltbewu­sstsein ist erkennbar. Und doch fragen sich nicht wenige, ob dieser Sport eine Zukunft haben muss.

Die Hersteller halten dagegen, dass sie den hochklassi­gen Motorsport für innovative Entwicklun­gen benötigen. Dass sie auf der Rennstreck­e Techniken erproben können, die im Idealfall irgendwann in den Serienfahr­zeugen verbaut sind. So argumentie­rte auch Audi, weshalb der Ingolstädt­er Konzern bei der Rallye Dakar oder den 24 Stunden von Le Mans mitgefahre­n ist. 2026 zieht es Audi in die Formel 1 – sollten die Pläne nicht noch durchkreuz­t werden. Die Formel 1 ist teuer und lässt sich nur rechtferti­gen, wenn der Werbewert entspreche­nd groß ist.

In Deutschlan­d war das zuletzt nicht der Fall, die Formel 1 war auf dem Weg zum Nischenpro­dukt. Durch die Rückkehr zu RTL – der Sender übertragt sieben Rennen der neuen Saison – soll das Interesse wieder wachsen. Der Sonntag soll wieder Formel-1-Tag werden – mit Kaffee, Kuchen und der Familie vor dem TV. Fast wie früher.

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