Kirche bietet Spontan-Hochzeit an
Die drei evangelischen Donau-Ries-Dekanate bieten im April eine Art „Drive-in-Heirat“. Was dahintersteckt, wer kommen darf und wie das Ganze ablaufen soll.
Hochzeit und Heiraten, das ist im besten Fall etwas fürs Leben. Ein unvergesslicher Tag, der – wenn nur irgend möglich – perfekt sein sollte. Zugegeben: Es ist auch viel Aufwand. Blumenschmuck, passende Lieder und Worte suchen und vielleicht auch der Gedanke, ja schon länger nicht in der Kirche gewesen zu sein. Das Letztere sowie vielleicht auch die Angst vor zu hohen Kosten schreckt einige Paare ab, sich in einem Gotteshaus das Jawort zu geben. Für sie gibt es an einem speziellen Tag im April im Landkreis Donau-Ries eine Lösung.
„Einfach heiraten“lautet das Projekt der evangelischen Landeskirche, das heuer das erste Mal in der Region von sieben Pfarrerinnen und Pfarrern aus den drei Dekanaten Donauwörth, Nördlingen und Oettingen umgesetzt wird. An einem Tag, an einem Ort. Doch der Reihe nach. Pfarrer Heiko Seeburg lebt so idyllisch, wie man es vielleicht aus dem Bilderbuch kennt. Das Pfarrhaus, das er gemeinsam mit seiner Frau Katharina und den drei Kindern bewohnt, liegt direkt an der Erlöserkirche in Deiningen. Davor Blumenbeete, ein kleiner Platz, das kleine, aber feine, weiße Kirchlein mitten im Ries; alles wirkt irgendwie heimelig und familiär. Vielleicht fiel deshalb die Wahl auf Deiningen für das Projekt. Am 24.4.24 – man muss das Datum der Einfachheit halber so schreiben – trauen sieben evangelische Geistliche hier so viele Paare wie nur möglich, den ganzen Tag über. Man kann sich anmelden, kann aber auch spontan vorbeikommen und dabei den Bund fürs Leben schließen. Hochzeit für Kurzentschlossene, Eilige oder ganz einfach: alle.
In mehrfacher Hinsicht soll das Ansinnen „niedrigschwellig“sein, wie Seeburg sagt. Das Grundlegende: Es kostet nichts. Alle Kosten übernimmt an diesem Tag die evangelische Kirche. Dann: Alles ist vorhanden. Pfarrer, Traugespräch kurz vor der Zeremonie, Blumenschmuck, Musiker, sogar ein kleiner Sektempfang ist angedacht. Auch eine professionelle Fotografin wird die Trauungen begleiten. Gratis für die Heiratswilligen.
Heiko Seeburg sieht in „einfach heiraten“keine Herabwürdigung einer herkömmlichen kirchlichen Trauung oder gar eine Konkurrenz. Nein, es sei eine Ergänzung, mit der die Kirche all denen entgegenkommen wolle, die bislang Zweifel hatten, oder keine Zeit oder vielleicht auch kein Geld. Man wolle als Kirche auf die Menschen zugehen, möglichst allen die Hand reichen. Deswegen gebe es die evangelische kirchliche Segnung für alle Paare: auch für jene anderer Konfessionen, für nicht konfessionell Gebundene und auch für gleichgeschlechtliche Paare. Ein Segen sei indes „keine magische Handlung“, sondern, so Seeburg, „eine Zusage Gottes, dass er da ist, eine Erinnerung daran, dass Gott in jeder Lage helfen kann.“Man sei eben, wenn man glaubt, „nie auf sich allein gestellt“. Das „Ja“Gottes zu den Menschen, das wolle man mit der Segenshandlung unterstreichen.
Auch Dekan Frank Wagner aus Donauwörth wird am 24. April mit dabei sein in Deiningen. Er sagt, der kirchliche Segen zeige das Versprechen Gottes, dass er mitgehen wolle, „dass Gott mitten unter uns ist“. Seeburg sagt, das Projekt drücke auch aus, dass man sich als Kirche mit Urteilen über die einzelnen Menschen zurückhalten wolle – dass man stattdessen das Leben Gott in die Hand geben wolle. Keine bohrenden Fragen, keine (Vor-)Urteile, Einfachheit
und Unkompliziertheit, Vertrauen auf Gott. „Einfach heiraten“– der Name solle Programm sein. „Es ist alles bewusst offen geplant, Kirche soll einladend sein“, erklärt auch Dekan Wagner.
Und freilich, sagt Wagner, habe das Ganze auch einen missionarischen Aspekt – im eigentlichen Sinne des Wortes. Das Evangelium zu den Menschen bringen, ihnen Gottes Botschaft nahebringen, die manchmal gedanklich zu hoch gewordene Schwelle an der Kirchenpforte Stück für Stück abbauen. So werde sich die evangelische Kirche weiter ausrichten: niederschwellige Angebote, die Mitmenschen ohne Urteil und erhobenen Finger annehmen, einfach da sein, Raum bieten.
Da sein sollten auch die interessierten Paare am 24. April – und zwar den ganzen Tag über von 11 bis 12 Uhr mit Anmeldung und von 15 bis 21 Uhr mit Anmeldung oder auch ganz spontan. Mitzubringen sind die Personalausweise, und (aber nur falls vorhanden) die Bescheinigung der standesamtlichen Trauung. Die Hochzeitsgesellschaft findet in der Kirche Platz, alles in allem ist der Zeitaufwand überschaubar: ein paar Minuten Anmeldung, 20 Minuten Traugespräch, 20 Minuten Pause, damit der Pfarrer oder die Pfarrerin sich vorbereiten kann, 20 Minuten Trauzeremonie. Wer möchte, darf sich auch gerne anmelden, dann kann sich das Paar die Uhrzeit noch aussuchen (via E-Mail an pfarramt.deiningen@elkb.de oder ein Anruf unter 09081/4501).
Voriges Jahr war das Projekt in gut zehn bayerischen Kirchengemeinden ein voller Erfolg: Über 300 Paare „trauten“sich, respektive wurden getraut.
Mitmenschen ohne Urteil und erhobenen Zeigefinger annehmen.