Donauwoerther Zeitung

Kirche bietet Spontan-Hochzeit an

Die drei evangelisc­hen Donau-Ries-Dekanate bieten im April eine Art „Drive-in-Heirat“. Was dahinterst­eckt, wer kommen darf und wie das Ganze ablaufen soll.

- Von Thomas Hilgendorf

Hochzeit und Heiraten, das ist im besten Fall etwas fürs Leben. Ein unvergessl­icher Tag, der – wenn nur irgend möglich – perfekt sein sollte. Zugegeben: Es ist auch viel Aufwand. Blumenschm­uck, passende Lieder und Worte suchen und vielleicht auch der Gedanke, ja schon länger nicht in der Kirche gewesen zu sein. Das Letztere sowie vielleicht auch die Angst vor zu hohen Kosten schreckt einige Paare ab, sich in einem Gotteshaus das Jawort zu geben. Für sie gibt es an einem speziellen Tag im April im Landkreis Donau-Ries eine Lösung.

„Einfach heiraten“lautet das Projekt der evangelisc­hen Landeskirc­he, das heuer das erste Mal in der Region von sieben Pfarrerinn­en und Pfarrern aus den drei Dekanaten Donauwörth, Nördlingen und Oettingen umgesetzt wird. An einem Tag, an einem Ort. Doch der Reihe nach. Pfarrer Heiko Seeburg lebt so idyllisch, wie man es vielleicht aus dem Bilderbuch kennt. Das Pfarrhaus, das er gemeinsam mit seiner Frau Katharina und den drei Kindern bewohnt, liegt direkt an der Erlöserkir­che in Deiningen. Davor Blumenbeet­e, ein kleiner Platz, das kleine, aber feine, weiße Kirchlein mitten im Ries; alles wirkt irgendwie heimelig und familiär. Vielleicht fiel deshalb die Wahl auf Deiningen für das Projekt. Am 24.4.24 – man muss das Datum der Einfachhei­t halber so schreiben – trauen sieben evangelisc­he Geistliche hier so viele Paare wie nur möglich, den ganzen Tag über. Man kann sich anmelden, kann aber auch spontan vorbeikomm­en und dabei den Bund fürs Leben schließen. Hochzeit für Kurzentsch­lossene, Eilige oder ganz einfach: alle.

In mehrfacher Hinsicht soll das Ansinnen „niedrigsch­wellig“sein, wie Seeburg sagt. Das Grundlegen­de: Es kostet nichts. Alle Kosten übernimmt an diesem Tag die evangelisc­he Kirche. Dann: Alles ist vorhanden. Pfarrer, Traugesprä­ch kurz vor der Zeremonie, Blumenschm­uck, Musiker, sogar ein kleiner Sektempfan­g ist angedacht. Auch eine profession­elle Fotografin wird die Trauungen begleiten. Gratis für die Heiratswil­ligen.

Heiko Seeburg sieht in „einfach heiraten“keine Herabwürdi­gung einer herkömmlic­hen kirchliche­n Trauung oder gar eine Konkurrenz. Nein, es sei eine Ergänzung, mit der die Kirche all denen entgegenko­mmen wolle, die bislang Zweifel hatten, oder keine Zeit oder vielleicht auch kein Geld. Man wolle als Kirche auf die Menschen zugehen, möglichst allen die Hand reichen. Deswegen gebe es die evangelisc­he kirchliche Segnung für alle Paare: auch für jene anderer Konfession­en, für nicht konfession­ell Gebundene und auch für gleichgesc­hlechtlich­e Paare. Ein Segen sei indes „keine magische Handlung“, sondern, so Seeburg, „eine Zusage Gottes, dass er da ist, eine Erinnerung daran, dass Gott in jeder Lage helfen kann.“Man sei eben, wenn man glaubt, „nie auf sich allein gestellt“. Das „Ja“Gottes zu den Menschen, das wolle man mit der Segenshand­lung unterstrei­chen.

Auch Dekan Frank Wagner aus Donauwörth wird am 24. April mit dabei sein in Deiningen. Er sagt, der kirchliche Segen zeige das Verspreche­n Gottes, dass er mitgehen wolle, „dass Gott mitten unter uns ist“. Seeburg sagt, das Projekt drücke auch aus, dass man sich als Kirche mit Urteilen über die einzelnen Menschen zurückhalt­en wolle – dass man stattdesse­n das Leben Gott in die Hand geben wolle. Keine bohrenden Fragen, keine (Vor-)Urteile, Einfachhei­t

und Unkomplizi­ertheit, Vertrauen auf Gott. „Einfach heiraten“– der Name solle Programm sein. „Es ist alles bewusst offen geplant, Kirche soll einladend sein“, erklärt auch Dekan Wagner.

Und freilich, sagt Wagner, habe das Ganze auch einen missionari­schen Aspekt – im eigentlich­en Sinne des Wortes. Das Evangelium zu den Menschen bringen, ihnen Gottes Botschaft nahebringe­n, die manchmal gedanklich zu hoch gewordene Schwelle an der Kirchenpfo­rte Stück für Stück abbauen. So werde sich die evangelisc­he Kirche weiter ausrichten: niederschw­ellige Angebote, die Mitmensche­n ohne Urteil und erhobenen Finger annehmen, einfach da sein, Raum bieten.

Da sein sollten auch die interessie­rten Paare am 24. April – und zwar den ganzen Tag über von 11 bis 12 Uhr mit Anmeldung und von 15 bis 21 Uhr mit Anmeldung oder auch ganz spontan. Mitzubring­en sind die Personalau­sweise, und (aber nur falls vorhanden) die Bescheinig­ung der standesamt­lichen Trauung. Die Hochzeitsg­esellschaf­t findet in der Kirche Platz, alles in allem ist der Zeitaufwan­d überschaub­ar: ein paar Minuten Anmeldung, 20 Minuten Traugesprä­ch, 20 Minuten Pause, damit der Pfarrer oder die Pfarrerin sich vorbereite­n kann, 20 Minuten Trauzeremo­nie. Wer möchte, darf sich auch gerne anmelden, dann kann sich das Paar die Uhrzeit noch aussuchen (via E-Mail an pfarramt.deiningen@elkb.de oder ein Anruf unter 09081/4501).

Voriges Jahr war das Projekt in gut zehn bayerische­n Kirchengem­einden ein voller Erfolg: Über 300 Paare „trauten“sich, respektive wurden getraut.

Mitmensche­n ohne Urteil und erhobenen Zeigefinge­r annehmen.

 ?? Foto: Thomas Hilgendorf ?? Pfarrer Heiko Seeburg sorgt für offene Türen an der Deininger Erlöserkir­che. Alle interessie­rten Paare sind eingeladen zur Hochzeit für Spontane.
Foto: Thomas Hilgendorf Pfarrer Heiko Seeburg sorgt für offene Türen an der Deininger Erlöserkir­che. Alle interessie­rten Paare sind eingeladen zur Hochzeit für Spontane.

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